Traumschiff vor Stockholm: Mittsommerherzen (German Edition)
Restaurant, von dem Erik Andersson gesprochen hatte. Bei dem Gebäude handelte es sich um ein altes Fachwerkhaus. Über der leuchtend blau getünchten Eingangstür flatterten Wimpel mit der schwedischen Nationalflagge im Wind.
Das
Salt och Peppar
wirkte sehr einladend – durch die angelehnte Tür drang fröhliche Musik hinaus auf die Straße, und hinter den hübschen Butzenfenstern flackerte warmes Kerzenlicht. Trotzdem zögerte Filippa. Noch war es nicht zu spät. Erik Andersson war nirgends zu sehen. Noch konnte sie umkehren und so tun, als sei sie nie hier gewesen. Noch …
„
God afton
, Filippa. Ich war nicht sicher, ob Sie kommen würden – umso mehr freue ich mich, Sie zu sehen.“
Eriks Stimme verursachte ihr eine wohlige Gänsehaut. Langsam drehte sie sich um, und als sie ihn erblickte, stockte ihr für einen Augenblick der Atem.
Wie gut er aussah. Zu einer anthrazitfarbenen Flanellhose trug er einen schwarzen Rollkragenpullover und darüber die obligatorische Lederjacke. Die Kombination ließ ihn auf eine sehr lässige Art elegant wirken. Sein welliges Haar hatte er mit Pomade zurückgekämmt, wodurch es noch dunkler aussah. Dieser Kontrast ließ seine hellgrauen Augen nur noch heller strahlen.
Als ihr bewusst wurde, dass sie ihn anstarrte, wandte sie rasch den Blick ab. „Ich …“ Sie räusperte sich. „Nun, ich war mir bis gerade eben auch noch nicht sicher, ob ich wirklich kommen soll. Offen gestanden: Ich bin immer noch davon überzeugt, dass es keine besonders gute Idee ist.“
„Und doch sind Sie meiner Einladung gefolgt – warum?“
„Das weiß ich selbst nicht so genau“, erwiderte sie wahrheitsgemäß. „Sollen wir vielleicht hineingehen, ehe ich es mir am Ende doch noch anders überlege?“
Er lachte leise. „Aber unbedingt!“
Das Restaurant war innen tatsächlich so gemütlich, wie es von außen wirkte. Die Wände waren in warmen Farben gehalten, und die niedrigen Decken mit dunklem Eichenholz vertäfelt. Auf den Tischen lagen rot-weiß karierte Decken, dazu farblich passende Blumenarrangements.
Obwohl Filippa noch immer nervös war, fühlte sie sich im
Salt och Peppar
vom ersten Augenblick an wohl. Der Kellner, der Erik mit Namen begrüßte, führte sie zu einem Tisch im hinteren Bereich des Restaurants. Durch ein großes Fenster hatte man einen herrlichen Blick in den Garten, in dem es in geradezu verschwenderischer Pracht grünte und blühte.
Erik half ihr aus dem Mantel. Ihre Wangen glühten, als sie seinen bewundernden Blick auf sich spürte. Offenbar hatte Majken bei ihrer Stilberatung genau ins Schwarze getroffen.
Rasch setzte sie sich und nahm die Speisekarte zur Hand, um ihre Nervosität zu verbergen. Doch es half nichts, die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen.
„Sie sehen einfach bezaubernd aus“, sagte Erik leise.
Filippa spürte, wie auch der klägliche Rest ihrer Selbstbeherrschung zu schwinden begann.
Reiß dich zusammen! Er ist ein Passagier, und du bist ein Crewmitglied!
Doch die mahnende Stimme der Vernunft wurde übertönt vom heftigen Klopfen ihres Herzens, als sie Erik anschaute. Seine Augen schienen jetzt wieder ein wenig dunkler – sie erinnerten Filippa an das Grau der Ostsee, tief, kühl und geheimnisvoll. Sie konnte den Blick nicht von ihm wenden. Das Herz pochte in ihrer Brust wie ein aufgeregter Vogel, und das Atmen fiel ihr zunehmend schwer.
So etwas hatte sie noch nie erlebt. Was stellte dieser Mann bloß mit ihr an? Sie kannte ihn doch kaum, und trotzdem löste sein bloßer Anblick ein solches Gefühlschaos in ihr aus, dass sie nicht mehr klar denken konnte.
Erst als ein kühler Luftzug ihre Schulter streifte, schaffte sie es, den Zauber zu durchbrechen, den er über sie gelegt hatte. Sie blickte zur Tür – und erstarrte.
Nej, nej, nej, nej, NEJ!
„Was ist los?“, fragte Erik – offenbar stand ihr der Schreck ins Gesicht geschrieben. „Stimmt etwas nicht?“
Filippa konnte es nicht fassen. Warum hatte ausgerechnet sie so ein Pech?
„Sehen Sie die Männer, die gerade hereingekommen sind?“, fragte sie, wobei sie sich so gut es ging hinter ihrer Speisekarte verkroch.
Er blickte sich um und runzelte die Stirn. „Kollegen von Ihnen?“
„Schlimmer. Einer von Ihnen ist mein Vorgesetzter, Jörgen Eklund. Wenn er mich hier mit Ihnen sieht, bin ich die längste Zeit Crewmitglied auf der
Midsommarsolen
gewesen …!“
4. KAPITEL
„I mmer mit der Ruhe“, sagte Erik, während Filippa, vorgeblich auf der Suche nach einer
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