Traumschiff vor Stockholm: Mittsommerherzen (German Edition)
zu Boden gefallenen Serviette, unter dem Tisch verschwand.
Sie konnte die Situation längst nicht so gelassen sehen wie ihr Begleiter. Ihm konnte es im Grunde egal sein, ob man sie zusammen sah, aber für sie hing ihr Job davon ab, ob sie es schaffte, sich aus dieser Zwangslage zu befreien. Ihr Job, und mehr als das …
Filippa mochte gar nicht daran denken, wie ihr Vater reagieren würde, wenn er von diesem Zwischenfall erfuhr. Sie glaubte beinahe, seine volltönende Stimme zu hören: „Ich habe es dir doch immer gesagt,
min älskling.
Frauen sind nicht dazu geschaffen, Führungspositionen zu besetzen. Sie besitzen einfach nicht die notwendige Disziplin und Ernsthaftigkeit.“
Eines stand fest: Wenn sie jetzt aufflog und in Schimpf und Schande aus dem Dienst an Bord der
Midsommarsolen
entlassen wurde, dann würde sie Gunnar Vinterdahl-Norrholm kaum mehr widersprechen können. Was war nur in sie gefahren, auf Eriks Einladung einzugehen? Sie hatte sich verhalten wie eine blutige Anfängerin. Vermutlich hatte sie die Strafe, die ihr nun blühte, auch verdient – dennoch hoffte und betete sie, dass sie durch einen glücklichen Zufall unentdeckt bleiben würde. Aber wie sollte das funktionieren? Sie konnte schlecht den ganzen Abend unter dem Tisch verbringen!
„Ich muss Sie kurz allein lassen“, raunte Erik ihr zu. „Aber keine Sorge, ich bin in weniger als einer Minute wieder zurück. Vertrauen Sie mir.“
„Wo wollen Sie hin?“ Flippa war der Panik nahe – und dass sie direkt in ihrer Nähe lautes Stuhlrücken hörte, stimmte sie nicht gerade ruhiger. Eklund und die anderen setzten sich doch hoffentlich nicht ausgerechnet an den Tisch nebenan!
„Ich sehe zu, dass ich uns irgendwie hier herausschaffe“, erwiderte er und verschwand, ehe sie protestieren konnte.
Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis er wieder zurückkehrte, doch Filippa erschien es wie eine kleine Ewigkeit.
„Und? Was machen wir jetzt?“
„Warten Sie es ab. Es dauert nicht mehr lang.“
Und tatsächlich – schon kurze Zeit später sah Filippa von ihrem Versteck aus, wie zahlreiche Personen an ihrem Tisch vorübergingen. Einige davon trugen die weißen Arbeitshosen des Küchenpersonals.
„Was …?“
Ehe sie dazu kam, ihre Frage zu formulieren, stimmte ein vielstimmiger Chor plötzlich ein Geburtstagsständchen an. Filippa blinzelte verblüfft. Was hatte das nun wieder zu bedeuten?
„Los!“, raunte Erik ihr zu, und als sie nicht reagierte: „Nun machen Sie schon! Der Wirt lenkt Ihre Kollegen und Ihren Vorgesetzten ab, sodass Sie unbemerkt in den Gang zu den Toiletten gelangen können. Da hinten gibt es eine Tür zum Garten hinaus. Warten Sie dort auf mich, ich komme gleich nach.“
Filippa zögerte noch kurz, dann nahm sie all ihren Mut zusammen.
Tatsächlich erreichte sie den Korridor unbehelligt – ehe sie jedoch durch die Gartentür trat, siegte ihre Neugier, und sie schaute noch einmal zurück. Was sie sah, entlockte ihr ein Lächeln. Um den Tisch, an dem Eklund und einige andere Kollegen saßen, hatte sich das Personal des
Salt och Peppar
versammelt und bildete – Seite an Seite stehend – eine lebendige Sichtschutzwand.
Wie hatte Erik das bloß angestellt?
Als der Gesang verklungen war, trat sie rasch in den Garten hinaus. Es war ein herrlich warmer Tag gewesen, doch die kühle Abendluft ließ Filippa frösteln. Unwillkürlich erinnerte sie sich daran, dass ihre Wildlederjacke noch am Kleiderhaken im Restaurant hing. Doch Erik hatte auch daran gedacht. Als er ihr Minuten später in den Garten folgte, trug er ihre Garderobe über dem Arm.
„Was haben Sie dem Wirt bloß erzählt, dass er bei Ihrem kleinen Spielchen mitgemacht hat?“, fragte sie, während sie sich von ihm in die Jacke helfen ließ. „Das mit dem Ständchen war doch Ihre Idee, oder?“
Er lächelte – und sofort fing ihr Herz wieder an zu flattern. „Allerdings“, erwiderte er. „So konnten Sie unbemerkt verschwinden, und der Wirt hat die ganze Angelegenheit hinterher als Verwechslung abgetan. Die Sache hat nur einen Haken: Der Garten liegt in einem geschlossenen Innenhof, und der einzige Zugang führt durch das Restaurant. Ich fürchte, wir werden hier abwarten müssen, bis Ihre Kollegen gegangen ist.“
Mit einem verträumten Seufzen blickte Filippa sich um. Der Garten war klein, aber zauberhaft. Im unwirklichen Licht der nordischen Sommerabende, in dem sich der silberne Schein des Mondes mit Sternenglanz mischte, eröffnete sich ihr
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