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Traumschlange (German Edition)

Traumschlange (German Edition)

Titel: Traumschlange (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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Schwarzer mit kahlem Kopf und langen Armen, die er nun erhob, als wolle er die Anwesenden segnen. Sein weites Gewand bauschte sich in einer unsichtbaren Brise. Ein raschelndes Geräusch, fast wie ein heimliches Flüstern erklang, als er seine Hände in die weiten Ärmel seines Gewandes steckte.
    Die mambo bedeutete den gebannten Zuschauern sich zu erheben und führte die kleine Gruppe gegen den Uhrzeigersinn um den poteau mitan , den Mittelpfeiler herum. Schließlich mussten alle Versammelten vor dem houngan auf die Knie fallen. Abby war längst von dem Geschehen fasziniert und wunderte sich überhaupt nicht, als sie vor einem vollkommen Fremden im Staub saß.
    Der Priester hob eine Rassel und begann zu beten. Uralte Worte einer rituellen Sprache flogen durch den offenen Raum und verloren sich im Nichts.
    Plötzlich und unerwartet setzten Trommeln ein. Abby konnte die Trommler nirgends entdecken, das durchdringende Stakkato der cata , einer kleinen Trommel, die mit zwei dünnen Schlegeln geschlagen wurde, versetzte sie in Aufruhr. Ihr Herz pochte in ihrer Brust und das Blut rauschte durch ihre Adern. Der Schlag der cata wurde vom donnernden Rollen einer größeren Trommel abgelöst. Kurz darauf setzten die maman ein. Es war, als wolle die Erde bersten. Schließlich wurden alle drei Trommeln gleichzeitig geschlagen. Jede in ihrem eigenen Rhythmus und trotzdem war das Zusammenspiel der Klänge überwältigend.
    Die Stimme der mambo durchschnitt die Nacht. Ihr Anruf an die Götter folgte dem Klang der Trommeln, steigerte sich mit jedem Schlag der unsichtbaren Musiker.
    Tempeldienerinnen erschienen im Ring des Peristyls, tanzten in wilden Bewegungen, so als seien sie alle von einer fernen Macht gesteuert. Ihre Schultern, Arme und Beine zuckten im Rhythmus der Trommeln. Der Tanz schien eine Ewigkeit zu dauern, aber plötzlich setzte die maman , die große Trommel aus dem Stakkato aus, schwieg und hinterließ eine qualvolle Leere. Eines der Mädchen erstarrte. Dann setzte die Trommel wieder ein und ihr Dröhnen schien das Mädchen zu peitschen. Bei jedem Schlag krümmte sie sich zusammen. Sie stolperte über den Lehmboden, scheinbar von Krämpfen getrieben, fiel hin, rappelte sich wieder auf, nur um erneut vom Schlag der Trommel zu Boden gestreckt zu werden.
    „Der Geist trifft ein“, hauchte Patrick Abby zu.
    Das Mädchen hob ihr Gesicht zum Himmel. Entzücken stand in ihren Augen.
    „Der göttliche Reiter hat sie aufs Pferd gezogen. Der loa ist angekommen“, flüsterte Patrick weiter.
    Abby war fasziniert von dem Spektakel. Ihr Geist schwamm träge auf einer Flut von neuen Eindrücken und sie hörte Patricks Worte kaum, ahnte aber ihre Bedeutung.
    Inzwischen hatte die mambo der Tempeldienerin eine lebende Taube gebracht. Die junge Frau vollführte mit dem Vogel in der Hand mehrere Drehungen um die eigene Achse. Dann blieb sie stehen, brach dem Vogel beide Flügel und biss den Kopf vom Rumpf. Blut spritzte aus dem kleinen Körper. Aus den Mundwinkeln der Dienerin lief Blut ihren Hals hinab und befleckte das weiße Kleid. Sie schien es nicht zu merken, sondern begann wieder, zum Schlag der Trommeln zu tanzen.
    Abby war über das Geschehen weder erstaunt, noch fühlte sie sich abgestoßen. Ihr Geist war träge. Zu keinem klaren Gedanken fähig. Eine Art Rausch hatte sich ihrer bemächtigt. Die Gesichter der anderen Anwesenden verschwammen zu diffusen Farbklecksen, dafür wurde der Geruch brennender Blütenblätter immer intensiver. Nur das Schlagen der Trommeln zählte noch. Der wilde, ungezügelte Pulsschlag der Erde, der ihren Körper vibrieren ließ, als sei ihre Haut über die Trommel gespannt.
    Die Priesterin stimmte einen leisen Singsang an, dem sich die Musiker mit ihren Trommeln unterwarfen. Sie änderten ihren Rhythmus nicht, aber ihr Klang wurde subtiler, trat in den Hintergrund, wurde mehr fühlbar, als dass man ihn hörte.
    Das tanzende Mädchen verschwand aus Abbys Blickfeld, dafür schälte sich Patricks Gestalt aus der Dunkelheit. Unerwartet stand er plötzlich vor ihr. Nackt. Abby, die noch immer auf dem Boden kniete, sah langsam an ihm hoch. Sie sah seine harten Oberschenkel, die Bauchmuskeln, die sich unter der Haut abzeichneten und sie sah sein erigiertes Geschlecht, dass diese Harmonie unterbrach und sich pulsierend ihr entgegenstreckte.
    Abby hatte nicht bemerkt, dass Patrick aufgestanden war. Sie hatte nicht gesehen, wie er sich entkleidet hatte und trotzdem wunderte sie sich keinen Augenblick.

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