Traumschlange (German Edition)
Schulden und eine heruntergewirtschaftete Plantage hinterlassen, deren Felder ausgelaugt und unproduktiv geworden waren. Die Arbeiter waren faul und hatten ständig höhere Löhne verlangt. In ihrer Verzweiflung hatte Patricks Mutter den Vorarbeiter in ihr Haus und ihr Bett eingeladen und Castor hatte in kürzester Zeit die Farm auf Vordermann gebracht. Er kürzte die Löhne um die Hälfte und prügelte die Arbeiter mit brutaler Härte auf die Felder, wo sie bis zum Umfallen schuften mussten. Jeder, der sich weigerte, sein Soll zu erfüllen, bekam die Peitsche zu spüren. Nach drei Monaten war die Hälfte der Arbeiter geflohen, aber Castor hatte für Nachschub gesorgt, für Menschen, die weder Lohn verlangten, noch jemals aufbegehrten.
Patrick fragte sich manchmal, warum es Castor nicht zu Lebzeiten seines Vaters gelungen war, die Plantage in Ordnung zu halten. Er hatte den Verdacht, dass Castor von Anfang an geplant hatte, eines Tages den Platz am Kopfende des Tisches einzunehmen. Castor war gerissen, sehr gerissen und tief in seinem Inneren fürchtete sich Patrick vor ihm.
„Sie hat die Urne abgeholt. Claude vom Gesundheitsministerium hat vorhin angerufen.“ Castor sprach, ohne von seinen Unterlagen aufzusehen. „Ich habe mit dem Flughafen telefoniert. Abby Summers hat ihren Rückflug für morgen bestätigt. Wir sind sie also bald los.“
Patrick schwieg.
„Das hast du nicht schlecht gemacht, Sohn“, gab Castor zu.
Patrick hasste es, wenn ihn der Alte mit ‚Sohn’ ansprach. Julius Castor hatte keine eigenen Kinder, aber deswegen betrachtete er Patrick noch längst nicht als Sohn. Wenn er ihn so ansprach, schwang immer ein unausgesprochener Vorwurf darin, der ihn an seine Unfähigkeit und Schwäche erinnern sollte.
„Alles geht seinen gewohnten Gang“, murmelte Castor.
Patrick hatte ihm nichts von dem Vorfall im Voodootempel erzählt. Sollte der Alte ruhig glauben, er habe Abby Summers soweit beeinflusst, dass sie bereit war abzureisen.
„Was ist mit meinem Geld?“, fragte er.
Castor öffnete eine Schreibtischschublade und zog mehrere Bündel grüner Scheine daraus hervor, die von einfachen Gummiringen zusammengehalten wurden. Mit verächtlichem Grinsen warf er das Geld vor Patrick auf den Schreibtisch.
„Fast dreitausend Dollar. Dein Anteil für diesen Monat.“
„Mehr nicht?“, fragte Patrick, der das Gefühl hatte, der Alte betrüge ihn um seinen rechtmäßigen Anteil.
„Nein, mehr ist es diesmal nicht. Die Erträge der Farm sind gesunken. Mehrere Arbeiter sind verstorben und ich habe noch keinen Ersatz für sie geliefert bekommen.“
„Aber das deckt kaum meine Unkosten.“
„Dann solltest du dich ein bisschen mehr ums Geschäft kümmern.“
„Ich tue mein Bestes“, widersprach Patrick heftig.
„Dein Bestes?“, ächzte Castor sarkastisch. „Ich arbeite Tag und Nacht, damit die Plantage überhaupt noch etwas abwirft und du spielst den reichen, naiven Sohn aus gutem Hause und vögelst irgendwelche Ausländerinnen.“
„Ein Umstand, der uns schon mehrfach zugute kam“, erinnerte ihn Ferre.
Castor wedelte mit der Hand, als versuche er, eine lästige Fliege zu verscheuchen. „Ja, ja. Aber vielleicht hörst du mal auf, so mit Geld um dich zu werfen. Es erregt Verdacht und weckt Neid.“
„Aber genau das ist es doch. Wir sind so mächtig, weil wir reich wirken. Die Menschen fürchten unseren Einfluss. Wenn ich plötzlich anfange, knauserig zu werden, könnten die Leute auf dumme Gedanken kommen. Sie könnten sich fragen, ob wir Schwierigkeiten haben. Es wäre der Anfang vom Ende. Wir bestimmen die Zuckerrohrpreise auf der ganzen Insel, damit wäre es vorbei, wenn die anderen Anbieter keine Angst mehr vor uns hätten.“
Julius Castor widerstrebte es, aber Patrick hatte Recht. Er war ein Schwächling und Weiberheld, aber er war nicht dumm. Nur die Furcht hielt die anderen Farmer bei der Stange.
„Wann siehst du die Engländerin wieder?“
„Heute Abend. Morgen früh begleite ich sie zum Flughafen, um mich zu vergewissern, dass sie auch wirklich abreist“, log Patrick. Er war sich sicher, Abby Summers würde ihn nach den Ereignissen im Voodootempel nicht mehr sehen wollen. Ihre überstürzte Flucht aus dem Tempel und die Tatsache, dass sie seinen Brief nicht beantwortet hatte, sprachen eine deutliche Sprache. Castor durfte diesen Umstand aber keinesfalls erfahren. Der Alte war zu allem fähig. Patrick hatte ihn oft genug dabei beobachtet, mit welcher Grausamkeit er
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