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Traumschlange

Titel: Traumschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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auch die anderen in der Runde ihre Aufmerksamkeit auf den Ankömmling richteten. Das Flötenspiel trillerte empor, sank mit hohlem Klang herab und verstummte ebenfalls. Die Aufmerksamkeit aller im Raum Anwesenden richtete sich auf Arevin.
    »Ich grüße euch«, sagte er höflich. »Ich hätte gern, wenn es möglich ist, mit dem Wirt gesprochen.«
    Zuerst rührte sich niemand. Dann erhob sich mit einem Ruck der Kontraalt, eine Frau, und warf dabei den Stuhl um.
    »Ich..., ich sehe nach, ob ich die Wirtin finde.«
    Sie verschwand hinter einem Vorhang, der einen Gang verbarg. Niemand sprach ein Wort, nicht einmal der Zapfer. Angesichts dieser Tatsache wußte auch Arevin nicht, was er sagen sollte. Er nahm nicht an, daß er so staubig und dreckig war, daß es jemandem die Sprache verschlagen mußte, und in einem Ort, durch den so viele Reisende und Händler kamen, sollte man eigentlich an Leute in andersartigen Bekleidungen gewöhnt sein. Ihm blieb keine Wahl, als ihren Blicken standzuhalten und zu warten. Vielleicht sangen sie dann weiter, tranken wieder ihr Bier, oder es fragte ihn endlich jemand, ob er Durst habe.
    Aber nichts dergleichen geschah. Arevin wartete. Er empfand die Lage als etwas lächerlich. Er trat um einen Schritt vor, um die Spannung möglicherweise dadurch zu brechen, indem er sich verhielt, als sei hier alles ganz normal. Aber sobald er sich regte, schienen alle in der Stube den Atem anzuhalten und vor ihm zurückzuschrecken. Diese Spannung ergab sich nicht aus der abwartenden Haltung, mit der Leute einen Fremden begutachten, sondern aus der Feindseligkeit, die man einem Widersacher entgegenbringt. Jemand flüsterte; Arevin konnte die Worte nicht verstehen, aber der Tonfall klang nach unheilvollen Dingen. Der Vorhang teilte sich, und eine hochgewachsene Gestalt verharrte im Schatten. Die Wirtin trat ins Licht und musterte Arevin mit ruhigem, furchtlosen Blick.
    »Du möchtest mich sprechen? «
    Sie war so groß wie Arevin, vornehm und ernst. Sie lächelte nicht. Die Bergbewohner waren gewöhnlich schnell mit ihren Gefühlsäußerungen, und Arevin fragte sich, ob er womöglich versehentlich in ein Privathaus hineingeplatzt sei oder gegen irgendeine Sitte verstoßen habe, die er nicht kannte.
    »Ja«, antwortete er. »Ich suche die Heilerin Schlange. Ich hoffe, daß ich sie hier in eurem Ort finde.«
    »Wieso hoffst du, daß du sie hier findest?«
    Falls man in Berghausen mit allen Durchreisenden so barsch redete, vermochte Arevin nicht zu begreifen, wie der Ort so gedeihen konnte.
    »Wenn sie nicht hier ist, kann sie die Berge noch nicht erreicht haben... dann muß sie noch in der Westwüste sein. Die Stürme stehen bevor.«
    »Warum suchst du sie?«
    Arevin erlaubte sich ein leichtes Stirnrunzeln, denn mit dieser Frage empfand er die Grenzen der bloßen Barschheit als überschritten.
    »Ich wüßte nicht, warum dich das etwas angehen sollte«, sagte er. »Wenn die allgemein verbreitete Höflichkeit in deinem Haus nicht üblich ist, erkundige ich mich woanders.«
    Er drehte sich um und prallte fast mit einem Paar zusammen, das an den Kragen Abzeichen und in den Händen Ketten trug.
    »Bitte, komm mit uns.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Verdacht auf Raubüberfall«, sagte der Mann.
    »Raubüberfall?« Arevin sah ihn in vollkommenem Staunen an. »Ich bin ja erst seit einigen Minuten hier.«
    »Das werden wir feststellen«, entgegnete die Frau.
    Sie griff nach seinem Handgelenk, um ihn in die Schellen zu schließen. Bestürzt wich er zurück, aber sie behielt ihn im Griff. Er begann Widerstand zu leisten, und daraufhin packten sie ihn beide. Im nächsten Moment droschen sie auf einander ein, und die anwesenden Gäste feuerten das Paar mit lautem Geschrei an. Arevin traf seine beiden Gegner mit sicheren Hieben und hätte sich beinahe entziehen können. Doch da krachte irgend etwas an seine Schläfe. Er fühlte seine Knie nachgeben und brach zusammen.
     
    Arevin erwachte in einem kleinen Raum mit steinernen Wänden und einem einzigen, hoch angebrachten Fenster. Sein Kopf schmerzte heftig. Er verstand nicht, was geschehen war, denn die Händler, mit denen sein Klan in Verbindung stand, beschrieben Berghausen immer als eine Ortschaft anständiger Leute. Vielleicht machten sich diese Gebirgsräuber nur über einzelne Reisende her und ließen die wehrhaften Karawanen ungeschoren. Sein Gürtel war fort, und damit war er ohne Geld und Messer. Warum er nicht tot in irgendeiner Gasse lag, wußte er nicht. Aber

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