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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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Simons, der absolut damit überfordert schien, dass sich ausgerechnet sein bester Freund gegen ihn auflehnte. Beides ließ einen unheimlichen Schauer über meinen Rücken laufen. Was würden sie als nächstes tun? Oder besser: Wen würden sie als nächstes verbrennen?

Kapitel 20
    »Noch einen Tee?« Simons riss mich aus meinen Gedanken und hatte mir einen neuen Becher in die Hand gedrückt, bevor ich antworten konnte.
    »Ihr habt Jonah verbrannt!«, behauptete ich. Es stimmte zwar nicht, aber die Absicht blieb dieselbe.
    »Du weißt nicht, wovon du redest, Kind. Wir sind die Guten!« Simons Gesicht glühte beinahe vor Selbstsicherheit und sein Tonfall war so inbrünstig, dass
    ich es beinahe glauben konnte. Zumindest wenn ich leichtgläubiger gewesen wäre.
    »Ach, und die Guten verbrennen neuerdings Leute. Was kommt als nächstes? Euer privates Guantanamo?«
    »Die Mädchen …«
    »Falsch ist falsch!«, unterbrach ich Simons und war erstaunt über das Ausmaß meiner eigenen Wut. Nicht einmal Klaus traute sich für gewöhnlich seinen Freund zu unterbrechen, wenn der sich in solch einer Selbstsicherheits-Fakten-Diskussion echauffierte. Aber der Zweck heiligte eben nicht die Mittel. Das tat er nur für Fanatiker und für Leute, die nicht gewillt waren, einen Schritt weiter zu denken. Simons gehörte dazu.
    Er sah mich an, als wäre ich ein kleines Kind, das einfach das Offensichtliche nicht begriff. Dann lächelte er nachsichtig und meinte sanft: »Sie werden jetzt wieder aufwachen.«
    »Jetzt, wo Jonah tot ist?« Kurz wunderte ich mich darüber, wie traurig ich klang, obwohl meinem Lieblingsfeind gar nichts passiert war. Dann richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf mein Gegenüber. Er wirkte kein bisschen schuldbewusst, sondern bestätigte: »Jetzt, wo Jonah tot ist.«
    Aber Jonah war nicht tot, und wenn es nach mir ginge, würde das auch noch lange Zeit so bleiben. Wo kamen wir denn da hin, wenn Leute einfach andere Leute auf einen vagen Verdacht hin verbrannten? Oh ja, hoppla. Alles schon dagewesen. Immerhin hatten sie sich die Inquisition gespart. Ich biss die Zähne zusammen, um eine böse Bemerkung zurückzuhalten.
    Solange Simons und Klaus nicht wusste, dass Jonah noch lebte, konnte ich ihn warnen. Und zumindest die Inquisition würde ich ihm nicht ersparen. Falls er tatsächlich irgendetwas mit den schlafenden Mädchen zu tun hatte, würde ich es herausfinden – und sie retten, ohne sie ihn halbwache Zombies zu verwandeln. Wie von selbst schlich sich ein böses Lächeln auf mein Gesicht. Simons deutete es falsch.
    »Glaub mir, alles wird Gut werden.« Der Asiate zwinkerte mir zu und verwandelte sich vor meinen Augen von einem bösartigen Brandstifter zurück in den gutgelaunten Schuldirektor. Dann wandte er sich zum Gehen.
    »Warum?«
    Simons blieb stehen und drehte sich um. Seine Silhouette gegen das Feuer wirkte gespenstisch. »Warum was?«
    »Warum seid ihr die Guten und warum ist Jonah der Böse?«, präzisierte ich. Ihm musste doch der Widersinn zwischen Aussage und Tat auffallen. Tat er nicht.
    »Ergibt sich das nicht von selbst?« Simons schüttelte den Kopf, als sei es wirklich ein seltsamer Gedanke, der mir gerade gekommen war. Fand ich in allerdings auch, denn die Fakten sprachen doch genau für die umgekehrte Definition. Simons und Klaus = Böse und Jonah … naja, zumindest hatte er es nicht verdient, verbrannt zu werden.
    Ich nahm einen Schluck von dem inzwischen lauwarmen Tee und sah Simons nach, bis er bei Klaus und Meg angekommen war. Dann ging ich um das Haus herum. Auch auf dieser Seite waren Feuerwehrleute damit beschäftigt, den Brand zu löschen und zu verhindern, dass die Feuerzungen auf den Wald übergriffen. Als ich ganz sicher war, dass mich niemand beobachtete, kramte ich die Taschenuhr aus meiner Hose. Dass Jonah es tatsächlich geschafft hatte, sie nach der Durchsuchung von Klaus irgendwie zurück in meine Tasche zu schmuggeln, rechnete ich ihm hoch an. Noch höher wog der Fakt, dass er sie überhaupt zurückgegeben hatte.
    »Fahr zur Hölle«, murmelte ich in das Tick-Tack hinein und warf das Schmuckstück im hohen Bogen direkt durch das Arbeitszimmerfenster und in die Flammen. Nichts geschah. Keine atemberaubende Explosion, keine Sternschnuppen oder magischen Sphärengesänge. Das Feuer wütete einfach ungerührt weiter. Erleichtert fühlte ich mich auch kein bisschen.
    Trotzdem nutzte ich mein Handy und rief im Krankenhaus an. Inzwischen musste die Uhr ja zu einem Haufen

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