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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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lange, dass ich begann mir Gedanken zu machen. Aber Herrgott, er war der einzige Mensch, mit dem ich reden konnte. Daria war nicht mehr da – und würde es erst demnächst wieder sein, für wenige Minuten. Außerdem wurde er doch genau für so etwas bezahlt und »Lassen Sie es sich nicht wegnehmen.« Ich brauchte eine Sekunde, um mich zu vergewissern, dass ich seine Stimme wirklich gehört hatte.
    »Aber wie?«
    »Reden Sie mit Ihren Stiefeltern über Ihre Gefühle.«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Darüber möchte ich nicht reden.« Das fehlte mir noch! Die zwei waren die letzten Menschen auf der Welt, mit denen ich über meine Gefühle reden wollte. Niemals würde ich ausgerechnet den beiden irgendetwas in die Hand geben, mit denen sie mich unter Druck setzen oder emotional verletzten könnten.
    Slater nickte verständnisvoll. Wahrscheinlich war ich nicht der einzige Teenager, der nicht mit seinen Verwandten reden wollte. »David ist immer nur so stark, wie Sie ihn sein lassen … Gehen Sie trotzdem in den Pool. Zeigen Sie ihm, dass es Ihnen nichts ausmacht den Pool mit ihm zu teilen und er Sie damit nicht verletzten kann.«
    »Das kann er aber.«
    »Zeigen Sie es ihm nicht, dann wird er bald die Lust daran verlieren, so früh aufzustehen.«
    Slater schrieb etwas in seine – meine – Mappe, als es an der Tür klopfte. Ein Zeichen, dass meine Sitzung vorüber war. Ich stand auf und ging zur Tür.
    »Denken Sie an das Traumtagebuch, Liz.«
    Ich drehte mich um und begegnete seinem ernsten Blick. »Auch die kleinen Träume sind manchmal wichtig. Die, die auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen, Tagträume … Wunschträume …«
    Wunschträume hatte ich eine ganze Menge … Ich nickte und fühlte mich durch Slaters Worte und die Aussicht alles aufs Papier zu bannen auf einmal viel besser. Wer hätte das gedacht?

    Ich starrte auf den Stift, der wie von selbst über das Papier flog. Worte reihten sich aneinander, Sätze bildeten Zusammenhänge und hatten nichts, aber auch rein gar nichts mit dem Unterricht zu tun.
    Gab es etwas Schlimmeres, als ein Schuldirektor, der meinte noch lehren zu müssen? Definitiv! Nämlich einen Schuldirektor, der meinte noch lehren zu müssen und den man als Lehrer bekam.
    Ich sah auf und spähte über Rebeckas Kopf hinweg zu dem kleinen Asiaten, der vor der riesigen Tafel wie ein Zwerg aussah. Mit beachtlichem Ehrgeiz hatte er chemische Formeln mit Kreide auf das Grün gezaubert und wartete darauf, dass wir sie lösten. Leider war ich in Saint Blocks schon fünf Kapitel weiter gewesen, so dass ich beim besten Willen nicht den Elan dazu aufbringen konnte. Außerdem war ich gerade so schön im Schreibfluss.
    Ich starrte aus dem Fenster und ignorierte meinen letzten Gedanken und den Schreibfluss. Das Wetter war wirklich herrlich. Die Sonne schien und während wir in den vier Wänden versauerten, mussten draußen gut und gerne 30 Grad herrschen. Perfekt, um schwimmen zu gehen. Mit Mühe gelang es mir, meine Augen offen zu halten, und mich auch so an einen anderen Ort zu träumen. Einem meiner Lieblingsorte. Der Wind zauberte kleine Wellen auf die Oberfläche des Teiches und die Sonne ließ jede einzelne schimmern. Die glitzernde Wasserwelt war in steter Bewegung, funkelte und lud mich förmlich dazu ein, in sie hineinzugleiten und los zu schwimmen, mich vollständig in ihr und der Ruhe zu verlieren.
    »Miss de Temples?«
    Ich blinzelte, das Funkeln zerfaserte vor meinen inneren Augen und machte einer nicht halb so angenehmen Realität Platz. Einige Schüler hatten sich zu mir umgewandt, und offenbar wartete Simons auf eine Antwort.
    »Miss de Temples, lassen Sie uns an Ihren Gedanken teilhaben, auch wenn es nichts mit der Aufgabe zu tun hat?«
    »Ich dachte gerade daran, dass das Wetter wirklich schön ist und dass die Wärme draußen den gezeichneten Versuch beeinflussen würde.«
    Die Schüler drehten sich wieder nach vorne und warteten auf eine Reaktion des Rektors.
    »Ja, sehr gut! Aber wir sind drinnen und hier sind ungefähr 20 Grad. Ja, Fräulein Montag.«
    Rebecka überraschte mich mit der richtigen Antwort und damit, dass sie mir irgendwie auch aus der Klemme geholfen hatte. Zumindest dachte ich das, bis die Klingel die Schulstunde beendete.
    »Miss de Temples?« Simons Stimme ließ mich zwischen den davonströmenden Schülern verharren. »Generell bin ich ein Befürworter von Tagträumen – aber nicht in meinen Stunden.«
    »Entschuldigung.«
    »Sie kannten die

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