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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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sekundenweise portioniert. Trotzdem konnte ich nur mühsam ein Gähnen unterdrücken und Gedanken an Wasser, Schwimmen und seltsame, rettende Küsse verdrängen. Keine Tagträume in Simons` Unterricht.
    Ein lautes Klopfen weckte mich, und für einen Moment dachte ich, dass Tick-Tack meiner Uhr wäre lauter geworden. Erst dann begriff ich, dass jemand an der Tür zu unserem Raum klopfte.
    »Ja, bitte.« Simons hatte offenbar keinerlei Probleme damit Geräusche und Illusion, Träume und Realität zu unterscheiden. Doch als die Tür von Sheriff Donovan geöffnet wurde, entglitten ihm kurz die Gesichtszüge. Sofort erhob sich leises, unruhiges Gemurmel unter den Schülern. In einer kleinen Stadt wie unserer kannte jeder den Sheriff. Ob mit oder ohne Uniform spielte keine Rolle.
    »Entschuldigung, Rektor. Kann ich Sie kurz sprechen?«
    Simons hatte den Raum verlassen, noch bevor Donovans Stimme ganz verklungen war. Zeitgleich zuckte Rebecka zusammen und erschreckte mich zu Tode.
    Ihr Griff zu ihrem Handy klärte mich darüber auf, was zu unserer Schreckens-Kettenreaktion geführt hatte. Nichtsdestotrotz raste mein Herz und das flaue Gefühl in meinem Inneren breitete sich aus. Gefüllt nur von dem Tick-Tack in meiner Tasche.
    »Ach du Scheiße!« Rebecka starrte auf ihr Handy. Dabei war sie sich anscheinend nicht der vollen Aufmerksamkeit der Klasse bewusst. Dann sah sie mich an. »Jessica ist nicht krank … sie ist heute Morgen nicht aufgewacht.«
    Ich starrte sie genauso an, wie die anderen. Aber vermutlich war ich die einzige, die sich fragte, wer ihr diese Nachricht just in dem Moment, in dem Donovan auftauchte, übermittelt hatte.
    »Woher weißt du das?«
    »Jonah.«
    Natürlich. Von wem auch sonst? Das Wasser schlug über mir zusammen und seine Kälte verbreitete sich in meinen Adern, lähmte mein Innerstes.
    Ich musste Rebecka länger angestarrt haben, als mir bewusst war, denn als nächstes war Simons wieder vorne im Zimmer, und mein Verstand blendete sich ein, als der Geräuschpegel der Schüler so hoch wurde, dass ich den Rektor nicht mehr verstehen konnte.
    Ich blinzelte und benötigte einige Sekunden, um wieder ganz zurück in die Realität zu finden. »Es besteht kein Grund für Sorge oder Beunruhigung. Zumindest, wenn Sie ruhig und entspannt bleiben.«
    Trotz des allgemeinen Gemurmels standen alle beim Klingeln zufrieden und genauso hektisch wie immer auf.
    »Was habe ich verpasst?« Die Frage war an Rebecka gerichtet gewesen, doch mir musste schon wieder einen Zeitsprung entgangen sein, denn es war Simons der antwortete. Simons im inzwischen leeren Klassenraum.
    »Tagtraum?«
    Ich widerstand dem Drang abermals zu blinzeln, konnte aber nicht verhindern, dass sich meine Finger wie von selbst in meine Haare flochten. »Entschuldigung.« Ich ließ die Hände wieder sinken. »Es war so laut.«
    Simons sah mich prüfend an, entschied sich aber dafür, meiner Erklärung Glauben zu schenken.
    »Hysterische Selbsthypnose. Nicht wirklich gefährlich, aber leider gerade unter jungen Mädchen verbreitet – und ansteckend.«
    Ich starrte ihn an und versuchte zu ergründen, ob ich immer noch einen Tagtraum hatte. Da konnte man sich ja gar nicht entscheiden, welche Aussage blöder war. Die angebliche Selbsthypnose, die am Tag zuvor noch mit meinem Großvater in Zusammenhang gebracht worden war – eigentlich kein Wunder, dass ich plötzlich auf arme, harmlose und halbblinde alte Männer schlecht zu sprechen war –, oder die Tatsache, dass man sich mit ihr anstecken konnte.
    Man stelle sich mal folgenden Dialog vor:
    »Wie geht es dir?« – »Och … nicht so gut, ich habe heute hysterische Selbsthypnose.«
    »So schreiend komisch ist das gar nicht, Miss de Temples«, Rektor Simons Gesichtsausdruck klärte mich darüber auf, dass ich meinen inneren Dialog leider nicht innen behalten hatte, »dieses Phänomen tritt alle paar Jahre mal irgendwo auf und wenn man Pech hat, verbreitet es sich schneller als die Grippe.«
    »Ernsthaft?«
    »Nein, ich lüge.«
    Wir starrten uns an und ich verkniff mir die Frage, wer die Diagnose gestellt hatte. Und da soll mal einer sagen, ich wüsste nicht, wann ich den Mund halten sollte. Tatsache war aber, dass ich beim besten Willen keinen einzigen Ton mehr herausgebracht hätte. Während Simons von Hirnstromauswertungen erzählte, stellten sich die Härchen in meinem Nacken auf, die Kälte kroch tiefer in mein Innerstes und das Atmen wurde schwerer. Mir wurde schlecht … so richtig

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