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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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schwachsinnig. Nur langsam sickerten die Worte durch meinen Verstand, trafen dann aber vehement und mit voller Wucht auf. »Spinnst du?« Gott, sie würden sie nie wieder in die normale Gesellschaft zurücklassen!
    »Ich wollte schon immer Teil von etwas Großem sein – und dunkle Geheimnisse lüften.«
    »Spinnst du?« Dieses Mal schrie ich fast. »Welcher Teil von »etwas Großem«?«
    »Der Wichtige!« Sie lachte leise. Ein beschwichtigender Laut, denn er erinnerte mich daran, wie sehr ich sie vermisst hatte. Ich schnaubte trotzdem abfällig. Auf dem Weg zu mir? Das war fast einen ganzen Bundesstaat weit entfernt. Wie wollte sie das unauffällig schaffen? Ich schloss die Augen. Doch tief in mir fühlte ich keine Zweifel, keinen einzigen. Nicht einmal Sorge. Wenn nicht Daria, wer sollte es sonst schaffen?
    »Hei, mach dir keine Gedanken. Jeder braucht schließlich ein Hobby …« Wieder lachte Daria, und ich wäre am liebsten durch das Telefon gesprungen, um sie von dem abzuhalten, was ich mir doch selbst am meisten wünschte.
    »Oder eine Lebensaufgabe …«, hörte ich mich selbst deswegen humorlos murmeln. Trotz meines tiefsitzenden Schocks konnte ich Darias Strahlen schon vor ihren Worten förmlich durch das Telefon spüren. »Tue nichts, was ich nicht auch tun würde und küss keine Prinzen, bevor ich da bin.«
    »Ha!«, machte ich. Leider nur noch zu mir selber, da die Leitung tot war. Wütend und verärgert fummelte ich an dem Handy herum, bis es aufgab und sich dazu herabließ, einen roten Telefonhörer im Display anzuzeigen. Diese Art des Auflegens war nicht halb so befriedigend, wie einen echten Hörer auf die Gabel zu knallen.
    Verflixt. Daria kam, weil sie hoffnungslos romantisch war – auf eine völlig durchgeknallte Art und Weise. Eigentlich hätte ich es kommen sehen müssen.
    Ich drehte mich zu den Farbeimern, dem Blumentopf und dem Bilderrahmen um und verharrte mitten in der Bewegung. Wem machte ich eigentlich etwas vor? Ich hatte es kommen gesehen! Wie so vieles andere auch. Mein Blick glitt von den Bilderrahmen zum Spiegel. War es jetzt soweit? Log ich mich schon selbst an, um mit meinem Gewissen fertig zu werden? Das durfte nicht sein, ich war doch diejenige, die dabei war, die Welt zu retten!
    Seufzend öffnete ich die Tür und horchte. Ja, der Fernseher im Wohnzimmer lief immer noch. Leise zwar, aber die Dialoge von »Constantine« würde ich sogar noch im Wachkoma erkennen. Ups. Ganz blöder Gedanke.
    Obwohl die wechselnde Beleuchtung des Fernsehers für ebenso wechselnde Lichtverhältnisse im Flur und auf die Treppe sorgte, verzichtete ich darauf, die Lampe anzuschalten. Mit einem wachen Klaus im Wohnzimmer fühlte ich mich sicher genug, die Stufen und die Dunkelheit zu meistern. Außerdem war ich inzwischen wütend genug, um eine schnelle Konfrontation mit meinem Stiefonkel herbeizuwünschen. Deswegen prallte ich auch äußerst schwungvoll gegen ein Hindernis, das sich unerwarteterweise direkt hinter dem Durchgang zum Wohnzimmer positioniert hatte. Ein Gegenstand, er verursachte beim Aufprall ein metallenes Geräusch, fiel, und während ich noch, wie in Zeitlupe, dabei war, das Hindernis als Tante Meg zu identifizieren, war Klaus nicht nur aufgewacht, sondern auch von der Couch geglitten und hatte in atemberaubender Geschwindigkeit den Tisch zwischen sich und uns gebracht und eine kampfbereite Haltung eingenommen. Dann schnappte die Zeit zurück auf »normal« und Meg war aus dem Raum, bevor ich registrieren konnte, was geschehen war. Lautlos wie ein Geist. Nur ihr Parfüm hing noch in der Luft und bewies, dass ich nicht geträumt hatte.
    Auch Klaus – in einer ganz normalen Haltung – starrte einen Moment lang auf die nun leere Stelle. So als hätten wir denselben unheimlichen Traum gehabt. Dann wandte er sich mir zu und starrte mich an. Das Braun seiner Iriden schien noch dunkler zu werden, sein Blick hypnotisch. Schuldgefühle, Erklärungen, Beichten, Anklagen … alles lag mir auf der Zunge, konnte nur wegen meiner akuten Komplett-Lähmung nicht ausgesprochen werden.
    »Du solltest jetzt schlafen gehen.« Klaus` Stimme klang sehr sanft, sehr beherrscht. So hatte ich ihn noch nie gehört. Es klang ausgesprochen gefährlich. Wie die Ruhe vor dem Sturm.
    Obwohl er mich immer noch nicht aus seiner intensiven Aufmerksamkeit entlassen hatte und mich immer noch fixierte, gelang mir ein Nicken. Ich schaffte es sogar, mich umzudrehen, und ihm den Rücken zuzuwenden. Nach zwei Schritten fiel

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