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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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»Mr. McNeal, würden Sie bitte vom Schlafhaus ein paar Decken holen? Außerdem brauchen wir aus dem Kochhaus große Wasserkessel.«
    Es hämmerte plötzlich an die Tür. Sie flog auf, und Banjo, ein Farmarbeiter, stand in Regen und Wind. Er hatte den linken Arm in ein blutiges Tuch gehüllt.
    Joanna und Philipp halfen ihm auf einen Stuhl, während Sarah mit Adam ins Nebenzimmer ging.
    »Mein Gott!« stöhnte Banjo und trank dankbar ein Glas Whisky, »es sieht schlimm aus dort unten … am Fluß! Viele sind verletzt, und niemand ist da, der sich um sie kümmert.«
    Joanna säuberte die Wunde und verband den Arm. Dann nahm sie Arzttasche, Binden und Whisky und ging zur Tür, wo ein Regenmantel am Haken hing. Sie zog ihn an und sagte: »Mr. McNeal, würden Sie bitte bei Sarah und Adam bleiben?«
    »Sie werden doch bei diesem Wetter nicht hinausgehen, Mrs. Westbrook!« erwiderte er bestürzt. »Denken Sie doch an das Kind, und überhaupt …«
    »Mir wird schon nichts geschehen, Mr. McNeal. Ich werde Matthew mitnehmen.«
    Joanna öffnete die Tür, Philip wollte sie zurückrufen, aber sie war bereits auf der Veranda und verschwand in der Nacht.
    Im Stall saß Matthew mit angstgeweiteten Augen im Stroh. Er spannte das Pferd vor den Wagen und hatte Mühe, das nervöse Tier zu beruhigen. Joanna legte Decken in den Wagen, eine Laterne, Streichhölzer, die Arzttasche und zog zum Schutz über alles eine Plane. Schließlich stieg sie auf den Kutschbock und nahm die Zügel in die Hand. Matthew setzte sich neben sie.
    Joanna wußte sehr gut, wo sie die Männer finden würde. Hugh hatte ihr die siebzehntausend Morgen Land von Merinda ausführlich gezeigt, mit allen Wegen, Gattern, Brunnen und den Unterkünften, wo die Schafhirten und die Männer übernachteten, die die Grenzen abritten. Aber es war etwas anderes, mit den Bergen als klare und eindeutige Orientierung gemächlich über die sonnigen Weiden zu reiten, als in die stürmische Nacht zu fahren und darauf zu vertrauen, daß sie mit Glück und Instinkt dort ankommen werde, wo man ihre Hilfe brauchte.
    Joanna hielt die Zügel fest in der Hand. Es regnete so heftig, daß sie und Matthew bald völlig durchnäßt waren. Das Pferd scheute und wieherte, wenn Blitze in der Nähe zuckten. Zweimal glaubte Joanna, der Wagen werde umstürzen.
    Sie fuhren an einer Schafherde vorbei. Es waren Hammel und nicht trächtige Schafe. Es mußten über tausend sein. Sie standen unruhig und dicht gedrängt in einem großen Kreis und wurden von berittenen Männern und flinken Hütehunden zusammengehalten. Als Joanna vorüberfuhr, erhellte ein Blitz das Land, und sie erkannte einen der Männer. Er sah sie erstaunt an und rief etwas hinter ihr her.
    Joanna und Matthew erreichten schließlich die Anhöhe, die, wie sie wußte, die Grenze zwischen den Weiden im Südwesten und den Herden der trächtigen Schafe bildete. Sie trieb das Pferd den schlammigen Hang hinauf. Als sie oben angelangt waren, bot sich ihnen ein schauriger Anblick.
    Vor ihnen lag ein flaches Tal, das in der schwarzen Nacht vom Regen gepeitscht wurde. Nicht weit dahinter erhoben sich die Berge. Sie wirkten drohend und unheimlich. Die ständig zuckenden Blitze erweckten die Illusion, als wälzten sich ihr die felsigen Gipfel wie ein tobendes und aufgewühltes Felsenmeer entgegen. Zur Linken entdeckte Joanna den normalerweise friedlichen Fluß. Aber jetzt stürzte er sich als kochende Flut von den Berghängen und riß alles mit, was sich ihm in den Weg stellte. Die Eukalyptusbäume am Ufer krümmten sich im Sturm, während die Schafe sich zu Hunderten in das brodelnde Wasser stürzten.
    Joanna blickte wie erstarrt auf dieses Bild des Grauens.
    Überall rannten Schafe. Reiter und Hunde versuchten vergeblich, sie unter Kontrolle zu bringen. Die Herde donnerte wie eine Sturmwelle in eine Richtung und wechselte dann wie ein gigantischer Fischschwarm plötzlich die Richtung oder stob auseinander. Die Männer auf den Pferden brüllten und pfiffen. Die Schafe drängten sich verstört wieder zusammen, und beim nächsten Blitz stoben sie wieder davon. Es war erschreckend und gespenstisch.
    Und am Fluß …
    Es war den Männern gelungen, den größten Teil der in Panik geratenen Herde abzudrängen. Sie bildeten mit den Pferden eine Mauer und verhinderten, daß die Schafe an den Fluß kamen. Trotzdem waren viele bis zum schlammigen Ufer vorgedrungen, wo sie unaufhaltsam und hilflos in die kochende Strömung gerissen wurden. Männer fällten

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