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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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weit es bis zum Missionsdorf Karra Karra ist?«
    »Zehn Meilen. Aber die Straße steigt auf der ganzen Strecke. Außerdem sieht es nach Regen aus. Sie sollten besser auf die Schwarze hören und mit mir fahren.«
    »Ich habe nicht die Absicht, das zu tun. Außerdem können Sie sicher sein, daß ich mich bei Ihrer Gesellschaft beschweren werde.«
    »Wie Sie wünschen«, erwiderte er und nahm die Zügel auf.
    Als die Kutsche sich langsam in Bewegung setzte und zwischen den hohen Kiefern verschwand, spürte Joanna die ersten Regentropfen. Im Westen mochte zwar eine schreckliche Trockenheit herrschen, aber hier in den grünen Bergen an der Grenze von Neusüdwales fiel leichter Regen. »Also, Sarah«, sie griff nach ihrem Koffer, »ich glaube, wir gehen am besten sofort los.«
    Die frische Bergluft belebte sie beim Gehen. Der Geruch nach Kiefern und Waldboden wirkte beinahe berauschend. Sie liefen auf der Straße durch den Wald, und Joanna fühlte, wie ihre Erregung wuchs. Würde sie nach all den Jahren wirklich bald in Karra Karra sein? Gab es in der Nähe einen Wasserlauf, der Bowman’s Creek hieß und einen Ort mit dem Namen Durrebar? Gingen sie und Sarah womöglich bereits durch das Land, das in der Urkunde ausgewiesen war und rechtmäßig ihr gehörte?
    Joanna hatte William Robertson, dem Leiter der Mission, noch einmal geschrieben und ihn gefragt, ob er etwas über ihre Großeltern wisse. Er hatte jedoch nur kurz im Stil eines Mannes geantwortet, der viel zu tun hat: »Ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll, Mrs. Westbrook. Aber wenn Sie kommen und uns besuchen, werden wir Ihnen unsere bescheidene Gastfreundschaft anbieten.«
    Regenschauer zwangen Joanna und Sarah immer wieder anzuhalten und unter dichten Bäumen Schutz zu suchen. Die Wollmäntel saugten sich mit Feuchtigkeit voll und wurden immer schwerer. Ihre Stiefel waren bald völlig verdreckt. Aber ihre Stimmung war bestens. Seit Joanna das Faltblatt gesehen hatte, fieberte sie diesem Besuch entgegen. Und jetzt waren sie hoch in den Bergen und würden möglicherweise den Ort kennenlernen, an dem ihre Mutter geboren worden war.
    Sie liefen unverdrossen die Straße entlang, die durch den stillen Wald führte. Hin und wieder sahen sie zwischen den Bäumen kurz das blaurote Gefieder eines vorüberfliegenden Papageis. Aus dem dichten Unterholz drangen Tierlaute, und am Straßenrand wuchsen Blumen, die sie nicht kannten. Sie wurden bald müde, denn sie waren die Höhe nicht gewöhnt, und der ständige Anstieg erschöpfte sie. Sie blieben immer öfter stehen, wechselten den Koffer von der einen in die andere Hand und mußten eine Pause einlegen.
    Es regnete immer heftiger. Sie suchten sich eine geschützte Stelle und blickten beunruhigt auf den Regen. Bald goß es in Strömen. Als der Regen nach längerer Zeit nachließ, und Joanna und Sarah weitergehen konnten, stellten sie fest, daß die Straße immer schlammiger wurde.
    Joanna begann, sich Sorgen zu machen. Wieviel von der Strecke hatten sie bereits hinter sich gebracht? Wie weit war es noch bis zum Missionsdorf? Wegen der Wolken konnten sie nicht einmal schätzen, wie lange es noch hell sein würde. Die Straße machte eine Kurve, und ihnen bot sich ein erstaunlicher Anblick.
    Weiter vorne versperrte ein Ochsengespann den Weg. Zwölf massige Ochsenpaare zogen einen riesigen, mit Baumstämmen beladenen Wagen. Auf dem Wagen stand ein Mann. Er trieb laut fluchend die Ochsen an und ließ dabei ständig eine lange Peitsche über den Rücken der Tiere knallen. Hugh hatte Balladen über die malerischen Gespanne und ihre verwegenen Treiber geschrieben – meist handelte es sich um Sträflinge. In seiner Jugend, als das Land erschlossen wurde, waren die Gespanne ein selbstverständlicher Anblick gewesen. Aber jetzt wurden sie immer seltener, denn sie waren sehr langsam. Pferdegespanne und die neue Eisenbahn verdrängten die Ochsen. Zur Erinnerung an sie hatte Hugh die beliebte Ballade ›Die Ochsengespanne‹ geschrieben.
    Aber Joanna und Sarah staunten nicht über das Ochsengespann, sondern über die Überlandkutsche dahinter. Die Reisenden lehnten sich aus der Kutsche und beschwerten sich lautstark. Der Kutscher schrie auf den Ochsentreiber ein, der ihn überhaupt nicht beachtete.
    Joanna und Sarah überholten schließlich die Kutsche, und neben dem riesigen Wagen, der wie eine Schnecke den Berg hinaufkroch, und der Ladung kamen sie sich wie Zwerge vor. Als der Ochsentreiber die beiden Frauen sah, lachte er und

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