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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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harmonisch inmitten von Eukalyptusbäumen, einheimischen Sträuchern und Gräsern stand.
    Nur Philip konnte dieses Haus bauen, dachte Sarah.
    Plötzlich blickte er auf. Ein heißer Wind blies über die Ebene, und die Blätter seines Skizzenblocks flatterten. Er saß etwa dreißig Meter von Sarah entfernt, und doch spürte sie, wie etwas von ihm zu ihr herüberkam. Es flog auf dem Atem der heißen Luftströmung, wirbelte um sie herum und hüllte sie ein wie eine Umarmung: Es war Philips Verlangen nach ihr. Und während sie ihm zuwinkte, überlegte sie, ob er das gleiche spürte, das von ihr ausging und nach ihm griff.
    Er kam auf sie zu – langsam, wie sie dachte, als sei er unsicher und wolle sich Zeit nehmen, um über die richtigen Worte nachzudenken. Ganz plötzlich erkannte Sarah, was sie beide sagen wollten und doch wußten, daß sie es nicht sagen konnten.
    »Hallo, Sarah. Ich habe eine Skizze von dem großen Haus in Tillarrara gemacht«, er hielt ihr den Block entgegen. »Es ist ein ideales Beispiel australischer Architektur. Siehst du das konkave Blechdach, die untermauerten Stützen und die bossierten Steine? Man hat blauen Basalt verwendet und das Haus mit Holz verschalt. Es zeigt georgianische Einflüsse und hat Stirnbretter. Deshalb würde ich sagen, es ist um 1840 gebaut worden.«
    » 1841 «, Sarah gab ihm den Skizzenblock zurück.
    »Ich hatte nicht erwartet, dich hier zu treffen.«
    »Ich bin in die Stadt gefahren«, sagte sie, »um die Post zu holen.«
    Sarah fiel ein, daß sie am Morgen beinahe darauf bestanden hatte, daß Joanna zu Hause blieb und sich um Daniel kümmerte, der schwer erkältet war. Sarah hatte erklärt, es mache ihr nichts aus, wegen der Post in die Stadt zu fahren. Gleichzeitig nahm sie sich vor, diesen Weg zu meiden und auf der Hauptstraße zu bleiben, da sie wußte, daß Philip angekündigt hatte, er werde sich Tillarrara ansehen. Dann dachte sie daran, daß sie sich nach dem Verlassen von Cameron Town vor der Kreuzung eingeredet hatte, dieser Weg sei besser, weil er kürzer war, und sie werde mit größter Wahrscheinlichkeit Philip ohnehin nicht begegnen. Nun erkannte sie die Zielstrebigkeit ihres Handelns und wußte plötzlich, daß sie diese Begegnung sehr wohl beabsichtigt hatte.
    »Ich bin froh, daß du da bist«, sagte er. »Ich habe gehofft, daß wir eine Gelegenheit finden, um vor meiner Abreise miteinander zu sprechen.«
    Sarah dachte an die vergangenen Monate, und ihr wurde klar, daß Philip sie ebenso gemieden haben mußte wie sie ihn.
    Er half ihr beim Absteigen, und sie gingen eine Weile zu Fuß weiter.
    Sie schwiegen und spürten, wie ihre Liebe und ihr Verlangen eine unsichtbare Hülle um sie webten, die sie von der übrigen Welt trennte.
    Philip staunte, wie ruhig er sich in Sarahs Anwesenheit immer fühlte. Sein ruheloser Geist schien friedlich zu werden, wenn sie bei ihm war. Er dachte an das Haus, dessen Bau er gerade beendet hatte und das er als Krönung seiner Architektenlaufbahn betrachtete. Er vermutete, daß er dabei von seinen Gefühlen für Sarah inspiriert worden war.
    Das Haus der Westbrooks am Fluß und umgeben von dem alten Wald sah genauso aus, wie er es geplant hatte – als sei es ganz natürlich zwischen dem Eukalyptus und dem Känguruhgras gewachsen. Die kühle Schlichtheit des Walmdachs und der breiten Veranda sprachen von einem vollendeten Stilgefühl. Philip dachte daran, welche Freude es ihm bereitet hatte, ein Haus zu entwerfen, das sich harmonisch in seine Umgebung einfügte. Es war eine einmalige Erfahrung gewesen, mit einheimischem Holz und einheimischem Stein zu arbeiten, Linien und Konturen zu schaffen, die die Natur ergänzten, anstatt sie zu vergewaltigen, in der Gestaltung des Hauses dem Geist des Landes Ausdruck zu geben, dessen Teil es war. Philip erkannte, es war beinahe so, als habe er das Haus gebaut wie die Ureinwohner, wenn sie Häuser gebaut hätten: als eine Erweiterung der Welt um sie herum und nicht losgelöst von ihr. Philip hatte sich in vielen Städten, die er besuchte und in denen er Häuser baute, eingeengt gefühlt. Seine kreativen Instinkte waren immer unterdrückt worden. Er vermutete, daß er unter anderem deshalb ständig unterwegs, ständig auf der Suche war. Und er überlegte, ob er alles, was er suchte, schließlich doch noch gefunden hatte, hier, in diesem fernen Winkel der Welt, im Haus der Westbrooks, in der Inspiration, die ihm diese junge schweigende Frau neben ihm schenkte. Noch nie hatte ihn eine

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