Traumzeit
Arbeit so tief befriedigt. Und er hatte noch nie einen solchen Frieden empfunden.
Plötzlich riß ein Windstoß Sarah die Haube vom Kopf. Philip griff danach, aber der Wind trug sie davon.
»Macht nichts, ich hole sie zurück!« rief er.
Sarah beteiligte sich an der Jagd. Sie liefen durch das trockene Gras und versuchten, die Haube zu fassen, als sie sich in einem Busch verfing, aber der Wind trug sie weiter. Bald war die Haube nicht mehr die Hauptsache, und sie überließen sich der Freiheit und der Freude an Wind, Sonne und weitem Land.
Die Haube landete im Gestrüpp, und Philip blieb unvermittelt stehen. Sarah rannte gegen ihn. Sie stolperten, hielten sich lachend aneinander fest und standen dann still. Philip drückte Sarah an sich. Die Haube war vergessen.
Seine Arme schlossen sich fester um sie.
Sie vergrub ihr Gesicht an seinem Hals. Sie spürten die warme Sonne auf ihren Rücken. Er küßte Sarahs Haare und dann ihre Wange. Er preßte sie so fest an sich, daß sie kaum atmen konnte. Und dann fand sein Mund ihren Mund.
Sarah hielt Philip einen Augenblick fest, ehe sie sich ihm entzog. Philip war schön, und er war der Mann, den sie wollte. Aber Sarah wußte auch, Philip mußte weiterreisen, er war verheiratet.
»Sarah«, begann er, »ich muß mit dir reden, dir alles erklären. Es gibt so vieles, was ich dir sagen möchte.«
»Bitte nicht«, in ihren Augen schimmerten Tränen. »Es ist Alice gegenüber nicht fair.«
»Wir können nichts dagegen tun. Leugnest du es? Leugnest du, daß wir uns lieben?«
»Nein«, sagte Sarah. »Ich leugne es nicht. Aber wir haben kein Recht dazu.«
»Gibt unsere Liebe uns kein Recht?«
»Aber es geht nicht nur um uns, Philip. Es geht auch um andere. Deine Frau …«
»Ich möchte nicht über Alice sprechen. Das hat nichts mit ihr zu tun. Es ist nicht ihre Schuld. Ich liebte sie, als ich sie geheiratet habe, und ich liebe sie immer noch, aber auf andere Weise als dich. Mich hat ihr ruhiges Wesen angezogen, die Art, in der sie in ihrem Zuhause, in ihrer Familie verwurzelt war. Ich dachte, sie werde mir helfen, mich irgendwo niederzulassen und meiner Ruhelosigkeit und meinem Umherziehen ein Ende machen. Statt dessen ist sie ein Opfer meines unsteten Wesens geworden. Du hast recht. Ich habe Häuser für andere gebaut, aber kein Heim für mich. Das ist ihr und Daniel gegenüber nicht fair. Deshalb bringe ich sie dorthin zurück, wo sie hingehört und wo sie glücklich sein wird. Laß uns noch ein Stück zusammen gehen, Sarah. Ich möchte nicht, daß wir uns so trennen. Ich möchte dir von mir erzählen, und ich möchte alles über dich wissen, was es zu wissen gibt. In dir ist etwas so wunderbar Geheimnisvolles, das ich erforschen möchte. Wenn ich abreise, wirst du mit mir gehen, hier drinnen« – er berührte seine Brust. »Laß uns einfach reden, Sarah, nur eine Weile. Danach tut jeder von uns, was er tun muß.«
»Wirst du zurückkommen, Philip?« fragte sie. »Werde ich dich wiedersehen?«
Er wollte sie noch einmal in die Arme nehmen. Aber er ließ den Abstand zwischen ihnen bestehen. »Zu einer anderen Frau würde ich sagen: Wenn es in den Sternen steht, komme ich zurück. Aber zu dir, Sarah, sage ich: Wenn mein Traumpfad mich wieder hierher führt, dann werden wir uns wiedersehen.«
3
Joanna öffnete hastig den Brief vom Karra Karra-Missionsdorf. Er enthielt einen kleineren Umschlag mit britischen Briefmarken und ein paar Zeilen von Robertson. Er erklärte, sein Freund in London, der Fachmann für Tiro-Kurzschrift, habe ihm geschrieben. ›Ich lege hiermit den Schlüssel bei, den ich erhalten habe. Er schreibt, für den Fall, daß Sie Schwierigkeiten bei der Übertragung der Notizen Ihres Großvaters haben sollten, werde er die Aufgabe mit Freuden für Sie übernehmen.‹
Joanna öffnete den Umschlag und nahm den Inhalt heraus – ein Brief von Giles Stafford, in dem er die Kurzschrift erklärte, und ein kleines Notizbuch mit Kürzeln und ihrer alphabetischen, phonetischen und wörtlichen Bedeutung.
Es kam ihr wie ein Wunder vor. Ja, es war ein Wunder. Endlich hatte sie den Schlüssel. Nun konnte sie herausfinden, ob die Aufzeichnungen ihres Großvaters tatsächlich die Antworten enthielten, die sie gesucht hatte.
Aber obwohl Joanna am liebsten auf der Stelle mit der Übertragung begonnen hätte, öffnete sie den anderen Brief. Er kam von einer Mrs. Elsie Dobson; die Absenderadresse auf dem Umschlag verriet, daß sie im selben Dorf wie Tante Millicent
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