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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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alte Ezekial war draußen bei den Herden zu ihm gekommen und so lange in seiner Nähe geblieben, bis Hugh ihn schließlich fragte, ob er ihm etwas zu sagen habe. Ezekial hatte ihn daraufhin gewarnt. Er hatte gesagt, mit Joanna verbinde sich Unglück. Der alte Mann konnte oder wollte aber nicht erklären, warum.
    Hugh dachte an ihren weichen Körper, den er bei dem unvermuteten Zusammenstoß gespürt hatte. »Einer meiner Leute wird morgen mit Ihnen nach Cameron fahren. Sie können dort für Adam Sachen zum Anziehen kaufen und alles, was Sie vielleicht brauchen. Ich habe in mehreren Läden dort ein Konto. Ich werde Ihnen auch ein Empfehlungsschreiben für einen Anwalt geben. Er ist ein Freund von mir. Er kann sich die Urkunde ansehen und Ihnen vielleicht einen Rat geben, der Ihnen weiterhilft.« Er sah wieder Joanna an, sah, wie ihr die langen braunen Haare über den Rücken fielen und spürte tief im Innern ein seltsames Sehnen. Er hatte das Gefühl, sein Gleichgewicht verloren zu haben. Er wollte sie verlassen, aber er wollte auch bleiben. »Ich würde Sie gerne selbst in die Stadt begleiten, aber ich kann die Farm nicht allein lassen.«
    »Das verstehe ich«, sagte Joanna. »Vielen Dank.«
    »Können Sie und Adam da drin wohnen? Ich weiß, es ist alles sehr einfach …«
    »Wir kommen gut zurecht, vielen Dank.«
    »Einer der Männer bringt morgen das zweite Bett. Und ich werde Ihnen dann die Farm zeigen. Wir haben ein paar neugeborene Lämmer, die Adam bestimmt sehen möchte.«
    Er schwieg. Als er ihr in die Augen blickte, mußte er wieder gegen das neu entdeckte Verlangen ankämpfen. Verwirrt leugnete er es und unterdrückte es entschieden. Er dachte an Pauline, die bald seine Frau werden sollte, und auch daran, wie leidenschaftlich sie ihre Liebe für ihn bekundet hatte. Er sagte: »Gute Nacht« und zwang sich, in die Dunkelheit und den Regen hinauszugehen.
    Joanna sah ihm nach. Dann schloß sie leise die Tür.
    Sie warf zuerst einen Blick auf Adam, dann kehrte sie zum Tisch zurück und drehte die Lampe heller.
    Vor siebenunddreißig Jahren hatte man Emily ihren Eltern weggenommen und zu einer Tante in England geschickt. Das Kind hatte nur eine Fellpuppe bei sich und eine Ledertasche. Es war offenbar eine Art überstürzte Flucht gewesen, die auf Gefahren hinwies. Da man ihr die Tasche mitgab, schien jemand der Ansicht gewesen zu sein, der Inhalt müsse gerettet werden. Joanna öffnete jetzt die Silberschnallen und nahm einen Stapel Papiere heraus.
    Lady Emily hatte von ihrer Tante Millicent nur erfahren, daß ein englischer Kapitän sie in Singapur von einem Schiff der Handelsmarine übernommen hatte. Lady Emily wußte von der langen Reise nichts mehr. Ihre früheste Erinnerung war, daß sie in Tante Millicents Garten spielte. Sie wußte nichts von der Tasche, bis Millicent sie ihr am Tag ihrer Hochzeit übergab. Emily schien sich sofort an die Tasche zu erinnern, das heißt an ihre Bedeutung. Der Anblick erfüllte sie mit entsetzlicher Angst. Sie nahm die Tasche als junge Braut mit nach Indien, verwahrte sie jedoch ungeöffnet an einem sicheren Ort.
    Joanna blickte staunend auf die etwa hundert Seiten vor ihr auf dem Tisch. Sie waren eng beschrieben, aber in einer Schrift, die sie noch nie gesehen hatte. Es war kein Englisch, noch nicht einmal ein richtiges Alphabet, sondern Zeile um Zeile geheimnisvoller Symbole …
    Was stand auf diesen Blättern, fragte sie sich, und warum hatte man sie einem kleinen Mädchen anvertraut, das seinen Eltern weggenommen wurde? Noch wichtiger war die Frage: Was hatten sie mit Australien zu tun und mit der Reise, zu der Lady Emily sich getrieben gefühlt hatte? Verbarg sich in diesen seltsamen Symbolen auch eine Erklärung ihrer Ängste, ihrer Träume von wilden Hunden, von einer Riesenschlange, der Vergangenheit und der Zukunft?
    Joanna betrachtete langsam Seite für Seite, aber sie entdeckte nichts als die seltsame Handschrift und die rätselhaften Symbole. Was es auch sein mochte, es mußte sich um eine Art Kode handeln. Aber wessen Kode, was für ein Kode und warum diese Vorsicht? Joanna war zu müde, darüber nachzudenken.
    Sie löschte die Lampe und legte sich in das Bett, aber sehr behutsam, um Adam nicht zu wecken. Als sie den Kopf auf das Kissen drückte, weckte ein vertrauter Geruch sofort die Erinnerung an Hugh Westbrook, und sie wußte, es war sein Geruch auf dem Kissen – ein starker Geruch nach Rasierseife und etwas schwächer nach Seife zum Waschen. Darunter

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