Traveler - das Finale
Computer standen. Ein Bildschirm zeigte den Eingang von Wellspring Manor, dem Landsitz der Bruderschaft, an dem Autos vorbeirollten. Auf dem zweiten war der Eingang des Bürohauses der Evergreen Foundation am Ludgate Circus zu sehen. Der dritte zeigte eine geheime Webseite, die polnische Free Runner programmiert hatten. Die Gruppe hatte sich in Computersysteme eingehackt, die die öffentlichen Überwachungskameras vor den Immobilien der Evergreen Foundation kontrollierten. Der Bildschirm war in sechs Rechtecke unterteilt, auf denen Straßenansichten aus vier verschiedenen Ländern zu sehen waren.
Roland, der stille, junge Mann aus Yorkshire, saß am Tisch und beantwortete E-Mails, während Jugger im Zimmer herumsprang. Er hatte sich anscheinend seit seinem Eintritt in den Widerstand nicht mehr umgezogen, und sein zu kleines
T-Shirt entblößte die untere Hälfte seines schwabbeligen Bauchs.
»Tee?«, fragte er in die Runde. »Wie wäre es mit einer schönen Tasse Tee?«
»Jetzt nicht.« Maya setzte sich aufs Sofa. »Erzählen Sie mir, was Sie über Alice Chen in Erfahrung gebracht haben.«
»Gestern Abend habe ich mit der Nonne gesprochen, die Alice begleitet hat«, sagte Simon. »Anscheinend sind in Crewe ein Mann und eine Frau zugestiegen, die im selben Abteil reserviert hatten. Kurz vor London haben sie der Nonne ein starkes Betäubungsmittel injiziert. Der Mann trug einen Tweedanzug und sprach mit walisischem Akzent. Sie hatten einen großen Rollkoffer dabei.«
Jugger kratzte sich am Bauch. »Nachdem Simon die Personenbeschreibung an uns weitergeleitet hatte, haben wir eine Verkehrskamera der Stadt London angezapft, die gegenüber vom Büro der Evergreen Foundation hängt. Bitte, Roland, zeig Maya, was wir gefunden haben.«
Auf dem Monitor erschienen Schwarz-Weiß-Bilder mit einer Uhrzeit in der rechten unteren Ecke. Die von der Stadtverwaltung betriebene Kamera nahm alle fünf Sekunden ein Bild auf. Die meisten Fotos zeigten die leere Straße und die Eingangstür der Stiftung. Während Roland die Bilder durchsuchte, bemerkte Maya, dass die Free Runner einigen der Stiftungsangestellten Spitznamen gegeben und sie anscheinend ausspioniert hatten. SUSIE SEKRETÄRIN, ANKUNFT 8:20 UHR. FREUNDIN VON GLATZKOPF.
»Diese Aufnahmen entstanden vor zwei Tagen, als die Kleine entführt wurde«, erklärte Roland. »Ich habe mich nur wegen des Koffers an die Leute erinnert.«
Das Bild auf dem Monitor zeigte, wie ein Londoner Taxi vor dem Eingang hielt. Eine Frau mittleren Alters mit Regenhut stand am Bordstein und schaute zu, wie ein Mann einen schwarzen Koffer aus dem Taxi holte.
»Ich erkenne sie wieder«, sagte Maya. »Als ich zum Bahnhof kam, waren sie gerade aus dem Zug gestiegen, zusammen mit den anderen Passagieren.«
Auf den nächsten fünf Bildern wurde der Rollkoffer auf den Gehsteig gehoben und ins Gebäude gezogen.
»Gehen Sie zum dritten Bild zurück«, sagte Maya. »Nein – eins weiter, bitte.«
Auf dem Bildschirm war zu sehen, wie der Mann den Koffer mit beiden Händen aus dem Kofferraum wuchtete.
»Sehen Sie das? Der Koffer ist so schwer, weil Alice da drinnen liegt. Auf die Weise haben sie sie aus dem Zug geholt.«
»Wir sind ziemlich sicher, dass sie noch im Gebäude ist«, sagte Jugger. »Keine der nachfolgenden Aufnahmen zeigt, dass ein Kind oder ein größeres Behältnis abtransportiert wird.«
»Wo ist Nathan Boone?«, fragte Maya.
»Wir haben uns in den Rechner der Sekretärin eingehackt, die für die Evergreen Foundation die Reisen bucht«, erklärte Roland. »Boone ist vor sechs Tagen mit einer Linienmaschine nach Thailand geflogen.«
»Boone wird das Kind verhören wollen«, sagte Maya. »Sie werden Alice am Leben lassen, bis er nach London zurückkommt.«
»Was haben Sie jetzt vor?«, fragte Jugger. »Seit dem Überfall in Berlin hat die Tabula die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Selbst in der Nacht halten sich mindestens vier bewaffnete Wächter im Stiftungsgebäude auf.«
»Alice Chen ist die einzige Augenzeugin des Massakers von New Harmony«, sagte Maya. »Aber es geht um noch mehr. Als wir beim Nachtfalken waren, hat Gabriel gesagt, der Widerstand wolle mehr als die Zerstörung des Systems. Wir glauben daran, dass jedes einzelne Leben einen Wert und einen Sinn hat.«
Jugger nickte. »Klar. So sehe ich das auch.«
»Alice’ Leben hat Wert und Sinn, folglich werden wir es retten. Ich brauche Ihre Hilfe, um in das Stiftungsgebäude einzubrechen.«
»Klingt nach einem
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