Traveler - das Finale
wenige Schritte neben ihm. Hollis packte mit seiner Linken Senzos Schulter und rammte ihm das Messer von unten tief in den Bauch. Während Senzo schrie und rückwärtstaumelte, riss Hollis die Klinge wieder heraus.
Neben dem Rattansessel stand ein Japaner mit breitem Gesicht und zurückgegeltem Haar. Um den Schall zu dämpfen, hatte er seine Waffe in ein Hotelhandtuch gewickelt. Der Mann hob den Arm, aber schon war Hollis bei ihm, packte
sein Handgelenk und verdrehte es. Der Mann schrie vor Schmerz auf und ließ die Pistole fallen, und Hollis rammte ihm im selben Moment die Klinge zwischen die Schulterblätter. Das Keramikmesser stieß auf einen Wirbel und zerbrach. Hollis ließ den Griff los, schlang seinen Arm um den Hals des Mannes und zog ein Knie an. Während Kotanis Mörder vornüberkippte, riss Hollis seinen Kopf mit einem Ruck nach hinten und brach ihm damit das Genick.
Hollis stand auf und starrte auf die Leiche hinunter. Überall im Raum hingen Spiegel, damit die Paare sich beim Sex beobachten konnten. Hollis sah seine weit aufgerissenen Augen und wie sein Brustkorb sich panisch hob und senkte. Im Spiegel sahen die toten Männer substanzlos aus, wie Kleiderhaufen, die jemand zu Boden hatte fallen lassen.
Mitten auf dem Bett lagen die japanischen Notenbündel und eine geladene Neun-Millimeter-Pistole. Hollis stopfte alles in seine Canvastasche, bevor er sich noch einmal dem Mann im Anzug zuwandte, ihn auf den Rücken rollte, sein Hemd aufriss und sah, dass sich über Brust und Bauch des Toten ein riesiges Drachen-Tattoo zog. Yakuza. Ein Söldner der Tabula.
Akihido Kotani lag neben dem Bett. Als er ihn betrachtete, verstand Hollis, dass die Prophezeiung der Itako sich erfüllt hatte. Sein Mut hatte dem Buchhändler den Tod gebracht. Hollis verließ das Hotelzimmer und sprintete durch den Korridor bis zum Notausgang. An der Wand hingen zwei Überwachungskameras. Die Tabula und die Polizei von Tokio würden innerhalb weniger Stunden die Fahndung nach dem Dreifachmörder einleiten, dem schwarzen Mann, dem Gaijin , dem Fremden, der sich nirgendwo verstecken konnte.
VIERZEHN
A ls Gabriel die Barrieren zum ersten Mal überwand, hatte er schreckliche Angst gespürt. Nach einer Reihe von Ausflügen hatte er jedoch gelernt, die Bewegungen seines Lichts zu steuern. Obwohl diese Erfahrung mit seinem physischen Körper nichts zu tun hatte, erinnerte der Vorgang ihn an Skydiving oder Bodysurfing – Sportarten, bei denen schon die geringste Gewichtsverlagerung dramatische Richtungsänderungen nach sich ziehen konnte. Als Gabriel transzendierte, erspürte sein Bewusstsein die Richtung und lenkte das Licht in die Erste Sphäre. Die Ankunft war immer unvorhersehbar. Man ließ die Barrieren hinter sich, und plötzlich war man einfach da. Es war, als lege man sich in einem Bett schlafen und wache in einem anderen wieder auf.
Er öffnete die Augen, richtete sich mühsam auf und sah, dass er sich in einem schmalen, länglichen Raum mit einem einzigen Fenster befand. Draußen auf der Straße blühte eine Gasflamme wie eine helle, orangefarbige Blume aus einem Riss im Asphalt auf. Gabriel stand in einem Laden, der früher Kühlschränke, Waschmaschinen und Kochplatten im Angebot gehabt hatte. Die Geräte hatten nichts mit den modernen Apparaten mit Edelstahlfront zu tun, die es in New York und London zu kaufen gab; die Waschmaschinen bestanden aus über einer offenen Wanne rotierenden Quirlen, die Kühlschränke waren weiße Metallkisten mit aufmontierten Kühlspiralen. Die veraltete Technik ließ die ausgestellten Stücke wie gedrungene Götzenstatuen aussehen, die
vormals angebetet und dann in den Ruinen vergessen worden waren.
Gabriel drehte sich noch einmal um und entdeckte einen wabernden, schwarzen Fleck an der Wand hinter einem umgekippten Herd. Auch wenn nur der Traveler den Einstiegspunkt sehen konnte, wäre es Maya möglich, ihn zu benutzen, um zu einem bestimmten Ort in der Vierten Sphäre zurückzukehren – zur Geheimkammer in der Kapelle des Katharinenklosters. Gabriel schob einige der verlassenen Maschinen aus dem Weg, um die Stelle zu markieren, dann trat er ans zerbrochene Fenster. Das Geschäft für Haushaltsgeräte lag in einer von weiteren geplünderten Läden gesäumten Allee. Auf dem Gehsteig vor dem Schaufenster stand ein angekokeltes Sofa inmitten von großen Betonbrocken. Die Bäume waren zu schwarzen Stümpfen mit blattlosen Ästen abgebrannt, die sich über der Gasflamme in den Himmel
Weitere Kostenlose Bücher