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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Nachricht aus großer Höhe herab wie eine Reklametafel an einer Häuserwand, aber in den meisten Fällen sah Gabriel nicht mehr als einen roten Pfeil auf der Motorhaube eines zerstörten Lieferwagens oder an einer Tür, die nur noch in einer Angel hing.
    Während er sich der Stadtmitte näherte, entdeckte er immer
öfter Fußabdrücke in dem Ruß, der die Gehsteige überzog. In einer Straße sah Gabriel einen Toten auf dem Rücken liegen. Die Leiche musste schon eine ganze Weile dort liegen, denn sie war so vertrocknet wie eine Mumie. Der Tote schien die Zerstörung ringsum mit verschrumpelten Lippen und gelben Zähnen zu belächeln.
    Die roten Pfeile wurden jetzt kleiner, so als habe der Spurenleger die drohende Gefahr gespürt und versucht, möglichst unauffällig vorzugehen. Weil Gabriel an der nächsten Straßenecke kein Zeichen entdecken konnte, lief er noch einmal zurück und fand einen Pfeil, der auf das gegenüberliegende Haus zeigte. Das imposante Gebäude, an dessen Enden zwei Türme aufragten, sah wie eine ausgebombte Kirche aus. Der Eingang lag unter einem Torbogen, und ähnliche Bögen schmückten die Fenster. In die Marmorplatte über der Tür stand etwas eingraviert: MUSEUM FÜR KUNST UND ALTERTUM.
    Obwohl er sich einer möglichen Falle bewusst war, betrat Michael die Eingangshalle des Museums, über der sich zwei Deckenbögen wölbten. Früher einmal hatte es hier einen Schalter, eine Garderobe und Drehkreuze gegeben, aber alles war zerstört worden. Auf die Drehkreuze hatte irgendjemand offenbar einen besonderen Hass verspürt, denn er hatte sich die Mühe gemacht, die Messingstreben über einem Feuer zu erhitzen und umzubiegen, so dass sie sich jetzt in die Höhe reckten wie riesige Pinzetten.
    Als Gefangener hatte er vom Stadtmuseum gehört, aber man hatte ihm die Ruine nicht gezeigt. Er wandte sich nach rechts und betrat einen Ausstellungsraum voller eingeschlagener Glasvitrinen. An einer hing noch ein Messingschildchen: Zeremonieller Trinkbecher, zweite Ära.
    Keine Flammen brannten, die das Innere des Museums erhellt hätten, aber durch die nach hinten gelegenen Fenster blickte man auf einen Hof, auf dessen Mitte ein Brunnen stand. Gabriel kletterte durch den Fensterrahmen und näherte
sich dem Brunnen. Früher hatten Seeungeheuer aus weit aufgerissenen Mäulern Wasser in das Becken gespien, aber inzwischen war der grüne Marmor von schwarzem Ruß und feinen Ascheflocken bedeckt.
    »Wer sind Sie?«, fragte eine Männerstimme. »Ich habe Sie noch nie gesehen.«
    Gabriel fuhr herum und suchte nach dem Sprecher. In der Nähe des Brunnens hielt sich aber außer ihm niemand auf, und die eingeschlagenen Fenster sahen aus wie Bilderrahmen mit Ausschnitten einer tiefen Nacht. Was soll ich jetzt tun?, dachte er. Weglaufen? Um auf die Straße zu kommen, würde er wieder durchs Museum und an den Drehkreuzen vorbeilaufen müssen.
    »Vergeuden Sie nicht Ihre Zeit damit, mich zu suchen.« Der Sprecher war auf seine Unsichtbarkeit offenbar mächtig stolz. »Ich kenne dieses Gebäude bis in den letzten Winkel. Dies ist mein Reich. Nicht Ihres. Was wollen Sie hier?«
    »Ich war noch nie in diesem Museum. Ich wollte sehen, wie es von innen aussieht.«
    »Hier gibt es nichts zu sehen als die übliche Zerstörung. Verschwinden Sie.«
    Gabriel rührte sich nicht.
    »Verschwinden Sie «, wiederholte die Stimme.
    »Irgendjemand hat Zeichen an die Wand gemalt. Sie haben mich hergeführt.«
    »Die Zeichen gehen Sie nichts an.«
    »Ich bin der Traveler.«
    »Lügen Sie mich nicht an.« Die Stimme klang jetzt barsch und verächtlich. »Ich weiß, wie der Traveler aussieht. Er kam vor langer Zeit auf diese Insel, aber dann verschwand er wieder.«
    »Ich heiße Gabriel Corrigan.«
    Lange passierte nichts, aber dann fragte die Stimme in vorsichtigem Tonfall: »Ist das wirklich Ihr Name?«

    Einmal hatte Gabriel das Foto eines Militärscharfschützen gesehen, der einen Tarnanzug getragen hatte, eine wilde Ansammlung von dunkelgrünem Stoff, der die Umrisse des Trägers verschwimmen ließ und es ihm erlaubte, mit der Umgebung zu verschmelzen. Die dunkle Gestalt, die sich im Türrahmen zeigte, hatte sich eine ähnliche Verkleidung zugelegt, um sich in den dunklen Gängen des verlassenen Museums unsichtbar zu machen. Graue und schwarze Stoffreste waren in willkürlicher Anordnung zu einem Kittel und einer Hose aneinandergenäht. Seine Schuhe hatte der Mann mit Lumpen umwickelt. Von seiner Hutkrempe hing ein dünner, schwarzer

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