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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Schleier, der sein Gesicht verdeckte. Der Mann schien lautlos über den Innenhof zu gleiten, aber drei Meter vor Gabriel hielt er inne.
    »Matthew Corrigan hat mir erzählt, er habe zwei Söhne namens Gabriel und Michael.«
    »Und wer sind Sie?«
    Der Geist zögerte, dann hob er den Schleier von seinem Gesicht. Er war ein müde wirkender, alter Mann mit schütterem Haar und sehr blasser Haut. Selbst seine braunen Augen schienen ausgeblichen.
    »Ich bin der Museumsdirektor. Als ich eines Morgens in dieser Stadt aufwachte, fand ich die Museumsschlüssel und die Skizzen einer geplanten Ausstellung in meiner Wohnung. In derselben Mappe lag eine an mich adressierte Rechnung über eine neue Ausstellungsvitrine.« Der Mann schloss die Augen, als zitiere er eine heilige Beschwörungsformel. »Mein Name ist T. R. Kelso. So stand es zumindest auf der Rechnung.«
    »Wie haben Sie überlebt?«
    »Während der ersten Zerstörungswelle habe ich mich hier im Museum versteckt, und seither habe ich verschiedene Regimes kommen und gehen sehen. Bislang hatten wir einen Kaiser, zwei Könige und mehrere Generäle.«

    »Können Sie sich noch an den Patrouillenverwalter erinnern?«
    »Ja, selbstverständlich. Er ist tot.«
    »Seit wann?«
    »Hier gibt es weder Uhren noch Kalender.«
    »Das weiß ich. Aber kommt Ihnen die Zeitspanne lang vor?«
    »Nein, das war erst kürzlich«, sagte Kelso. »Der neue Anführer nennt sich der ›Richter‹, auch wenn es auf dieser Insel kein Gesetz gibt.«
    »Ich bin auf der Suche nach einer Außenseiterin, eine Frau. Sie ist eine außerordentlich gute Kämpferin.«
    »Jeder kennt sie«, sagte Kelso. »Manchmal verlasse ich das Museum und verstecke mich in den Mauern, um die Patrouillen zu belauschen. Die Wölfe fürchten diese Frau. Es kursieren wilde Gerüchte über sie.«
    »Ist sie noch am Leben?«
    Kelso schaute sich im Hof um, als rechne er jeden Augenblick mit einem Überfall. »Es ist zu gefährlich, hier herumzustehen. Kommen Sie mit.«
    Gabriel folgte der Lumpengestalt ins Museum und durch die mutwillig zerstörten Ausstellungsräume. Der Fliesenboden war von Glassplittern und Tonscherben übersät, die unter Gabriels Schuhsohlen knirschten und knackten. Der dunkle Mann bewegte sich lautlos vorwärts. Er wusste, wohin er seinen Fuß setzen durfte und welche Stellen zu meiden waren. Schließlich erreichten sie ein Wandgemälde, das Männer und Frauen in blauen Overalls zeigte, die die Hebel einer riesigen Maschine bedienten. Irgendjemand hatte das Bild mit einer Axt oder einem Messer beschädigt und alle Gesichter zerkratzt. Sie kamen an eine Holztür, an der ein zerschlagenes Schloss hing. Kelso schob sie behutsam auf, und dahinter kam eine Wendeltreppe vom Vorschein. An einem Wandhaken hing eine vertrocknete Leiche.

    »Was ist passiert?«
    »Sie meinen den Toten? Ich habe die Leiche auf der Straße gefunden und hier aufgehängt. Funktioniert besser als jedes Schloss und jede Geheimtür. Die Leute öffnen die Tür, sehen die Leiche und machen sofort kehrt. Man könnte meinen, sie würden die Treppe trotzdem raufsteigen, aber das ist noch nie passiert.«
    Kelso zwängte sich an der Leiche vorbei, und Gabriel folgte ihm. Sie erklommen die steile Wendeltreppe, die in einen Turm mit steinerner Balustrade führte. Der perfekte Ort, um einen Blick über die gesamte Insel zu werfen – von hier sah man eingestürzte Häuser, verwilderte Parks und den dunklen Fluss. Überall in der Stadt brannten Gasflammen, und Rauch hüllte die zerklüfteten Ruinen ein.
    »Anfänglich war das hier tatsächlich ein Museum. Im Erdgeschoss befand sich die historische Ausstellung, im ersten Stock die Kunstgalerie. Wer immer das Gebäude entworfen hat, legte großen Wert auf Details. Die Stücke aus dem Altertum sind natürlich alle verschwunden, aber ich habe die Etiketten der Schaukästen genau studiert. Sie sind sehr genau und beziehen sich beispielsweise auf die Zwölfte Ära oder das Dritte Regime. Früher einmal wurde auf dieser Insel Geschichtsschreibung betrieben, man kannte die eigene Vergangenheit.«
    »Wann existierte das Dritte Regime?«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht gibt es Aufzeichnungen darüber, ein besonderes Buch oder alte Verwaltungsdokumente, aber ich habe nichts davon finden können. Die Inselbewohner verstehen, was mit ›Geschichte‹ gemeint ist, aber an unsere Vergangenheit können wir uns nicht erinnern. In dieser Welt gibt es keine Geschichte.«
    »Wie sah die Kunst im Obergeschoss

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