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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
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überhand? Natürlich war das unmöglich, das war mir klar, für uns gab es keine Perspektive. Und dann wiederum hörte ich Len sagen: »Ach, was soll’s.«
    Es würde nicht klappen, konnte nicht klappen, aber hatte ich denn eine Alternative?
    Und so machte ich mich wenige Tage später erneut auf in Richtung Berlin-Mitte. Diesmal jedoch mit Herzklopfen und Bedenken, Angst und Vorfreude.
    Ich hatte lange überlegt, was ich anziehen sollte. Nach einigem Hin und Her entschied ich mich für Jeans, meinen dunkelgrünen Lieblingspullover und die schwarze taillierte Winterjacke. Es war ein grauer Tag, wenn ich mich hell und bunt gekleidet hätte, so wäre ich mir vorgekommen wie ein Berlintourist. Und ich wollte großstädtisch rüberkommen, nicht wie ein Mädchen aus der Provinz wirken.
    In der Gasse zwischen Kaufhaus und S-Bahn war niemand, wie ich enttäuscht feststellen musste. Auf und rund um den Alexanderplatz war noch nicht mal jemand zu sehen, den ich eventuell hätte fragen können. Mir fiel ein, dass Len mir was von einer Wohnung bei seinem Kumpel Kai erzählt hatte. Doch was brachte mir das. Ich wusste weder, wo die war, noch wie der Typ mit Nachnamen hieß.
    Ich bin drei Stunden durch Mitte gelaufen, nichts. Weder Len war zu finden noch sonst jemand, den ich aus seinem Umfeld kannte.
    Es war einfach zum Abkotzen. Total frustriert bin ich schließlich heim. Mir war einfach nur noch kalt. Zurück im Reihenhaus meiner Eltern habe ich mir ein heißes Bad eingelassen und in der Wanne sicher eine halbe Stunde lang geheult. Völlig fertig bin ich dann in mein Bett gekrochen, und als mich am Abend meine Mutter zum Abendessen wecken wollte, hatte ich Fieber.
    Drei Tage lag ich im Bett, es ging mir wirklich nicht gut. Die ganze Zeit so Temperatur um neununddreißig Grad. Gegen Abend teilweise auch über vierzig. Ich fühlte mich schwach, leer, aber am schlimmsten waren die Fieberträume. In jedem einzelnen kam Len vor. Und ich natürlich. Ein Traum blieb mir in Erinnerung. Len und ich waren in einem Tunnel verschüttet. Die Luft wurde immer knapper, Ratten waren zu unseren Füßen und wir konnten nur abwechselnd schlafen, da uns sonst die Ratten angefressen hätten. Gegen Ende des Traums kam dann ein Löwe in den Schacht. Er hatte sich einen Weg zu uns gegraben und wir dachten, er würde uns fressen. Doch es war ein guter Löwe, er war gekommen, um uns zu befreien. Er hat die Ratten verjagt. Wir sind auf seinen Rücken geklettert, ich habe mich in diese weiche, feste Mähne gekrallt und der Löwe brachte uns hinaus. Auf seinem Rücken sind wir auf einen Berg geritten, bis hoch auf den Gipfel. Alles fühlte sich frei und sicher an, der Löwe beschützte uns – dann bin ich aufgewacht.
    Kaum war mein Fieber weg und ich wieder gesund, habe ich weiter nach Len gesucht. Auf dem Alex und in der näheren Umgebung drum herum, jeden Tag bin ich nach Mitte reingefahren. Jeden Nachmittag mit einer anderen Ausrede meinen Eltern, meinen Freundinnen gegenüber. Mal musste ich ein Geschenk kaufen, mal war ich mit welchen aus meinem Basketballteam verabredet. Und dass ich da nicht mehr auftauchte, entschuldigte ich damit, dass ich so viel für die Schule machen müsste.
    Doch was eine echte Freundin wie Mia ist, die lässt sich nicht so leicht belügen.
    »Jana, wir müssen reden!« Sie passte mich am Ausgang ab, es war Mittwoch und ich hatte mich eigentlich direkt von der Schule aus nach Mitte aufmachen wollen.
    »Geht schlecht«, versuchte ich, mich herauszuwinden. »Ich muss heim, meine Mutter will mit mir Hosen kaufen. Sie sagt…«
    »Für wie bescheuert hältst du mich eigentlich.« Mia sah mich wütend an. »Deine Mutter arbeitet mittwochs immer lang. Wie gesagt, wir müssen reden. Entweder hier oder wo es dir sonst passt.«
    »Okay, gehen wir rüber zu Sonja«, knickte ich ein. An der Ecke zur Marienfelder Straße hatte vor anderthalb Jahren ein Bistro aufgemacht, das fast ausschließlich von den Schülern unserer Schule lebte. Die Besitzerin hieß Sonja und war echt nett. Wen sie kannte, der durfte auch mal, ohne was zu bestellen, an den kleinen Tischen sitzen. Doch war das bei den Leuten, die zu meinem Freundeskreis zählten, eher seltener der Fall. Die meisten waren zwar nicht direkt wohlhabend wie Mia und Louisa, doch wie auch bei mir zu Hause war Geld einfach kein Thema.
    »Also, was ist los mit dir!«, legte Mia los, kaum dass wir Platz genommen hatten und noch bevor wir bestellt hatten.
    »Weiß nicht.«
    »Jana, ich

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