Treffpunkt Irgendwo
konnte ich mich verlassen, sie war anders als Louisa. Ich rief von oben »Gute Nacht« hinunter ins Erdgeschoss und bin ins Bett.
Als ich am nächsten Morgen die Küche betrat, saßen meine beiden Eltern schon am Frühstückstisch. Mein Vater las die Zeitung, meine Mutter blätterte in ihrem Kalender herum. Beide bemühten sich sehr offensichtlich, so normal wie immer zu wirken.
»Guten Morgen!«, begrüßte mich meine Mutter. »Gut geschlafen?«
Ich nickte, murmelte ebenfalls »Guten Morgen« und holte das Müsli aus dem Schrank.
»Steht heute was an?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Bist du heute Nachmittag da oder…?«, fragte mein Vater über die Zeitung hinweg.
»Ich bin da.«
»Trefft ihr euch nicht?«
»Nein.«
»Gut, ich muss los.« Mein Vater legte die Zeitung beiseite. »Ich muss in die Schule, Montag geht es wieder los und wir haben ein paar Dinge zu besprechen. »Euch einen guten Tag.« Dann war er draußen.
»Mia war gestern lange da«, setzte meine Mutter an. »Habt ihr miteinander gesprochen?«
»Nein«, gab ich streitlustig zurück. »Wir haben die ganze Zeit schweigend nebeneinandergesessen.«
»Du weißt, wie ich das meine.« Meine Mutter wollte sich offenbar nicht provozieren lassen. »Mia ist ein tolles Mädchen, was für ein Glück, wenn man so eine gute Freundin hat.«
»Klar.«
»Was sagt sie denn…«
»Zu Len?« Ich tat erstaunt. »Was soll sie dazu sagen. Sie kennt ihn nicht. Obwohl nein, damals, als Len mir mein Handy geklaut hat, da hat sie ihn vermutlich kurz gesehen.«
»So meine ich das nicht.« Meine Mutter griff nach ihrer Kaffeetasse. »Und du weißt sehr gut, wie ich das meine. Mach es mir doch bitte nicht so schwer. Du siehst doch, dass ich mich bemühe.«
»Du brauchst dich aber nicht zu bemühen.« Ich wusste nicht, wieso, aber ich konnte auf ihre Annäherungsversuche nicht eingehen. »Weil: alles ist okay. Len und ich verstehen uns prima.«
»Jana, bitte!« Meine Mutter konnte sich nicht länger beherrschen. »Das geht so nicht. Ich… ich bin deine Mutter. Ich habe Anrecht auf einen gewissen Respekt. Und ich verlange doch nur, dass du mir endlich über diesen Len die Wahrheit sagst. Wer ist er, was macht er? Ist er ein Krimineller? Du hast Mia gesagt, die Polizei sei hinter ihm her…«
»Du hast gelauscht!«, japste ich empört auf und meine Stimme überschlug sich beinahe.
»Nein!« Meine Mutter wurde rot. »Du hast nur sehr laut gesprochen. Du weißt doch, wie hellhörig das Haus ist.«
»Ich fasse es nicht!« Ich sprang auf. »Mama, das ist… ist… unmöglich!«
»Janaschatz. Versteh mich doch bitte, ich mach mir nur Sorgen!« Unvermittelt begann sie zu weinen. »Bitte, das habe ich nicht gewollt, das passiert nie wieder…«
Ich sah sie ungerührt an, dann drehte ich mich um und ging langsam die Treppe hinauf.
»Jana, bitte!« Meine Mutter sackte auf ihren Stuhl zurück und vergrub ihr Gesicht in den Händen.
Als ich kurze Zeit später wieder herunterkam, saß sie immer noch so da. Sie hob den Kopf, als sie meine Schritte hörte.
»Wo willst du jetzt hin?«, fragte sie mit brüchiger Stimme.
»Wohin wohl, zu Mia.«
»Und anschließend…«
»Weiß ich noch nicht.«
»Bitte, Jana. Ich bin da.« Meine Mutter sah mich flehend an. »Kommst du nachher heim?«
»Muss ich mir noch überlegen«, sagte ich härter als gewollt. »Vielleicht gehe ich auch erst einmal zu meinem Freund. Da wird man wenigstens nicht belauscht.«
»Ist gut.« Meine Mutter nickte, ging auf meine Unverschämtheit gar nicht ein.
»Ich bin da.«
»Tschüss.«
Ich bin natürlich nicht zu Mia, sondern nach Mitte, obwohl ich tierisch sauer auf Len war. Aber gerade deshalb wollte ich mit ihm sprechen. Ich wollte Klarheit, ich ertrug dieses Herumgeeiere nicht mehr. Ich hatte mich für ihn so weit aus dem Fenster gelehnt, nun war es an Len, aktiv zu werden. So war das kein Zustand. Ich war mir sicher, ich würde dafür sorgen können, dass er seinen Arsch bewegte und endlich sein Leben in Griff bekam. Das hatte ich bei Ole ja auch geschafft.
Doch dass ich ihn wieder einmal nicht finden konnte, machte mich echt sauer. Das war einfach nervig, warum hatte der Kerl nicht einmal ein Handy. Als ich mit einem Cappuccino in der Hand suchend über den Alexanderplatz schlich, klingelte mein Handy. Es war Mia.
»Wo bist du?«
»Wo wohl!«
»Bei Len.«
»Schön wär’s. Ich stehe wieder mal am Alex und der Kerl ist nicht zu finden.«
»Hast du was vor?«
»Nein. Nicht mehr. Ich bin
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