Treffpunkt Irgendwo
machst, eventuell kommt ein Auto und du bist platt. Oder deine Firma macht pleite oder dein Land.
J: Hast du eine Freundin?
L: Nicht wirklich.
J: Hättest du gerne eine?
L: (Verlegen) Weiß ich nicht. Vielleicht ist es zu zweit leichter, vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht.
J: Viele von euch haben einen Hund, warum du nicht?
L: Weil ich für niemanden Verantwortung übernehmen will. Weder für ein Tier noch eine Freundin.
J: Gilt das auch für dich selbst?
L: (überlegt eine Weile) Ja.
J: Und glaubst du, das könnte sich ändern?
L: Nein.
J: Angenommen du hättest einen Wunsch frei. Was würdest du dir wünschen?
L: Dass ich wer anders wäre.
J: Wer?
L: Das weiß ich nicht.
Kapitel 10
E rneut schloss ich die Zimmertür hinter mir ab. Das war neu. Bislang hatte ich das nie getan. Selbst wenn Ole früher bei mir war, habe ich das nicht für nötig gehalten. War die Tür zu, so hieß das bei uns bislang, dass derjenige nicht gestört werden wollte. Doch augenblicklich glaubte ich nicht mehr daran, dass sich meine Eltern an diese Absprache halten würden.
Auf dem Schreibtisch lag mein Handy. Ich hatte es am Nachmittag bei meinem hektischen Aufbruch vergessen, was für mich absolut ungewöhnlich war. Keinen Schritt tat ich normalerweise ohne. Selbst innerhalb des Hauses trug ich es gewöhnlich bei mir. Das große glänzende Display blinkte. Acht Anrufe und vier SMS. Ich musste sie nicht erst öffnen, um zu wissen, von wem sie waren.
Zuerst rief ich Mia an.
»Hi!«
»Endlich!« Mia war nach dem zweiten Läuten dran. »Wo bist du?«
»Zu Hause.«
»Soll ich vorbeikommen?«
»Weiß nicht«, antwortete ich ausweichend.
»Okay. Bin unterwegs.«
Bevor ich etwas sagen konnte, hatte sie mich weggedrückt. Ich legte mein Handy auf den Schreibtisch zurück und ließ mich in mein Bett fallen. Ich musste überlegen. Was sollte ich Mia sagen. Alles? Nein, das ging nicht. Ich würde ihr weder von der Schleppscheiße noch von der Baracke am Ostbahnhof erzählen. Am besten einfach nur, dass ich Len kennengelernt hätte, zwischen uns aber gar nichts laufen würde. Was genau ich sagen würde, hing davon ab, was meine Mutter bereits verraten hatte. Andererseits, Mia war meine beste Freundin. Garantiert würde sie mich verstehen. Allerdings würde sie ganz bestimmt sauer sein, weil ich sie so lange angelogen hatte. Ich platzte innerlich fast. Ich musste mit jemandem sprechen. All das loswerden, was mich so verrückt machte.
In meinem Kopf ging es hin und her, und noch bevor ich eine Entscheidung getroffen hatte, klingelte es unten am Hauseingang und Sekunden später bewegte sich die Zimmertürklinke und jemand rumste gegen meine verschlossene Tür.
»Jana, ich bin es!«, rief Mia.
»Komme.« Ich ging zur Tür, schloss auf, ließ meine Freundin herein und schloss hinter ihr wieder ab. Als ich mich umdrehte, saß Mia bereits mit ausgebreiteten Armen im Schneidersitz auf meinem Bett und sagte nur: »Komm!«
Tränen schossen in meine Augen, fast blind stolperte ich zu ihr und fiel in ihre Arme. Es dauerte, bis ich mich so weit beruhigt hatte, dass ich sprechen konnte. Was ich sagte, war weniger ein Bericht, eher ein wirres Gestammel. Ich erzählte ihr von Len, den ich so lieben würde, er mich auch. Er auf der Straße leben würde, aber kein Penner sei. Alles sei so unfair und ich wollte doch einfach nur mit ihm glücklich sein.
Irgendwann verstummte ich. Ich war leer, alles Wichtige war raus.
»Ach, Jana«, flüsterte Mia. »Warum hast du denn nichts gesagt? Warum hast du mich angelogen. Ich bin doch deine Freundin.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe mich geschämt«, antwortete ich leise.
»Wieso das?«
»Weil, weil… Ich hatte Angst, du würdest…« Ich stockte.
»Hey, das ist doch kein Grund, sich zu schämen.« Mia packte mich mit beiden Händen an der Schulter und zwang mich so, sie anzusehen. »Das ist eher total romantisch. Das, das ist der Wahnsinn.«
»Meinst du?«, schniefte ich.
»Klar.« Mia lächelte. »Warum passiert mir nicht so etwas. Ehrlich, wenn du nicht meine beste Freundin wärst, dann… doch, dann wäre ich jetzt eifersüchtig.«
»Eifersüchtig?«, wunderte ich mich. »Mia, das ist, ist…«
»Genau! Das ist großes Kino, Romeo und Julia, echt!«
»Aber es tut nur weh!«
»Eben drum. Liebe, die einen schmerzt, die einen innerlich verzehrt. Liebe, die nicht sein darf, gegen jede Regel, unmöglich. Liebe, die Grenzen überwindet.« Mia seufzte. »So wie in den
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