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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
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nicht.«
    »Wieso nicht?«, gab ich trotzig zurück. »Was ist, wenn ich einfach auch hierbleibe, es so wie du mache.«
    »Weil du anders bist.«
    »Ich will aber nicht anders sein. Warum darf ich nicht wie… Ella oder Zora sein?«
    »Ich habe dir das schon erklärt. Du hast Zukunft, Vergangenheit und Zukunft, du musst nicht so leben wie wir.«
    »Aber warum ist das so? Warum kann ich nicht so sein wie ihr oder ihr wie ich. Warum nicht?«
    »Weil es so ist.«
    »Das ist keine Antwort!«
    »Ist es doch.« Len sah mich hart an. »Und wenn du so werden willst wie wir, dann werde ich nicht mehr da sein. Wenn du glaubst, ich lasse zu, dass du dein Leben auch wegwirfst, dann haue ich ab.«
    »Das tust du nicht!«, schrie ich panisch auf.
    »Doch und dann kannst du mich suchen, wie du willst, dann werde ich nicht mehr zu finden sein.«
    »Dann…«
    »Pass auf, vor zwei Jahren, da war ich in Stuttgart bei so einer Gruppe. Punks, echt hart drauf. Bei denen wohnte auch Hannes, so ein Kleiner. Die haben ihn vor den Bullen versteckt, der durfte bei denen wohnen, musste aber zur Schule gehen. Da waren die voll hinterher. Egal wie viel die am Abend gesoffen haben, Hannes musste morgens zu Schule. Das war der Deal. Der hat seinen Realschulabschluss gemacht, wie sie mir dieses Jahr stolz erzählt haben.«
    »Und weiter?«
    »Hannes ist inzwischen irgendwo auf Tour.«
    »Warum erzählst du mir das?«
    »Er hat seinen Schulabschluss.«
    »Na toll.«
    »Wenn er irgendwann Bock auf eine Zukunft haben sollte, dann kann er.«
    »Du doch auch!«
    »Nein.«
    »Warum denn nicht!« Ohne Vorwarnung für ihn oder mich stürzte ich mich auf ihn und begann, auf ihn einzuschlagen. Mit aller Kraft, ich setzte beide Fäuste ein, ich wollte ihm körperlich wehtun, so wie er mir mit seinem beschissenen Fatalismus wehtat.
    Len hielt auch das aus, regungslos, er wehrte sich nicht, erhob nicht einmal schützend die Arme.
    »Glaubst du, mich kotzt das nicht an?«, sagte er, nachdem ich irgendwann ermattet aufgehört hatte. »Ich hab’s versaut, ich komme da nicht mehr raus, ein Neuanfang ist für mich nicht mehr drin. Irgendwann greifen mich die Bullen ab und dann kommt der Hammer. Ich hab eine Akte, die ist vermutlich so groß.« Er deutete hinüber auf den Stapel mit Jerry-Cotton-Heften neben dem Turm alter Videorekorder. »Für mich heißt es, die letzten Tage zu genießen.«
    »Du hast sie echt nicht mehr alle.« Ich stand auf, wickelte mich im Aufstehen in den Bettbezug und begann, meine Klamotten zusammenzusuchen. Len blieb nackt auf dem Sofa liegen und sah mir schweigend zu.
    Ich bin ins Bad, habe mich dort angezogen. Mein Handy, das im Flur lag, wo ich es gestern irgendwann abgelegt und dann vergessen hatte, sagte mir, dass es kurz nach sieben war. Und es zeigte mir eine Menge Anrufe in Abwesenheit an. Ich sollte wirklich los. Kurz bin ich noch einmal zurück ins Wohnzimmer.
    »Wir haben nur einen Schlüssel, den lass ich dir also da. Vielleicht kannst du beim Schlüsseldienst einen nachmachen lassen. Nur so zur Vorsicht. Falls wir den einen verlieren, haben wir ein Problem. Hast du dafür Geld?«
    Len nickte.
    »Und noch etwas, soll ich dir von Mia ausrichten. Sie sagt, du kannst hier wohnen. Aber nur du, das Angebot mit dieser Wohnung gilt nur für dich.«
    »Hab ich mir schon gedacht.«
    »Also gut, dann bin ich mal weg. Wenn nichts dazwischenkommt, dann bin ich nach der Schule wieder da. Nur, falls das für dich okay ist. Das wäre so gegen halb drei, drei.«
    »Ist okay.«
    »Gut, dann bis später.«
    Ich habe im Rausgehen die Tür etwas zu laut zugeschlagen. Der Rums hallte durchs gesamte Treppenhaus. Aber war auch egal. Früher oder später würden die Nachbarn sowieso mitbekommen, dass nun wieder jemand in der Wohnung wohnte. Len und ich würden uns eine Geschichte ausdenken müssen. Dass er der Neffe von Herrn Schultze war oder ein Bekannter von Mias Vater. Vielleicht hatte Mia ja eine Idee. Und womöglich hatte sie auch eine Idee, wie ich den logischerweise anstehenden Stress mit meinen Eltern klären konnte. Denn dass ich einfach, ohne zu fragen, über Nacht weggeblieben war, das war heftig. Noch dazu, wo meine Eltern ja keinerlei Ahnung hatten, wo ich übernachtet hatte. Alles, was sie sich hatten zusammenreimen können, war, dass ich bei vermutlich bei Len war. Irgendwie taten sie mir fast leid.

Kapitel 13
    E s war fast acht Uhr, als ich unser Haus in Marienfelde erreichte. Meine Hoffnung, dass meine Eltern schon zur Schule waren,

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