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Treffpunkt Irgendwo

Titel: Treffpunkt Irgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fuchs
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in den Waggon. Es piepste, die Türen gingen zu. Die S-Bahn fuhr an. Ich winkte Len zum Abschied, er winkte nicht zurück.

Kapitel 18
    A m nächsten Tag fasste ich einen Entschluss. Nachdem ich aus der Schule zurück war, bin ich zum Schreibtisch meiner Mutter gegangen und habe die Kontokarte aus der Schublade genommen. Das Konto hatte damals noch mein Opa für mich angelegt, sein Zuschuss für ein späteres Studium. Opa hatte nur sieben Jahre einzahlen können, dann war er gestorben. Achttausend Euro waren dennoch drauf. Die wollte ich Len geben. Wo auch immer er hingehen würde, er würde Geld brauchen.
    Doch als ich die Kontokarte in den Geldautomaten schob und die Geheimnummer eingab – meine Mutter konnte sich Zahlen nie merken, daher legte sie immer einen Zettel mit der Nummer zu den Chipkarten –, gab mir der Automat nur dreitausend Euro. Auf Nachfrage am Schalter hin erklärte mir eine Angestellte, da gäbe es Kündigungsfristen. Also mussten dreitausend reichen. Mit dem Geld bin ich zum Bahnhof Südkreuz und habe ein Zugticket gekauft. Eine einfache Fahrt für eine Person nach Paris. Gültig ab sofort, ohne Zugbindung, kein Sonderpreis. Ich hätte auch Basel oder Amsterdam nehmen können. Doch warum nicht Paris. Der Mann hinter dem Schalter wollte mir unbedingt einen Billigticket aufschwätzen, 50 % Ersparnis. Doch das wollte ich nicht. Wenn Len aufbrechen würde, dann brauchte er ein Ticket, mit dem er in jeden Zug steigen und schnellstmöglich wegkommen konnte.
    In meinem Zimmer verstaute ich Geld und Ticket im Schreibtisch.
    Mehr konnte ich nicht tun, nun hieß es wieder warten, entweder würde Len kommen oder es wäre eh alles egal.
    Es dauerte fast eine Woche, bis Len endlich kam. Zweimal war ich schon fast aus dem Haus, um mich auf dem Weg zu ihm zu machen, doch dann sagte ich mir, entweder er ist so weit, dann wird er kommen, oder er ist noch nicht so weit, dann bringt es auch nichts, wenn ich zu ihm komme.
    Meine Eltern waren schon los zu ihren Schulen, da klingelte es an der Tür. Ich dachte erst, es sei meine Mutter, die mal wieder gerade noch rechtzeitig gemerkt hatte, dass sie ihren Schlüssel vergessen hatte.
    Doch vor der Tür stand Len. Er hielt seine blaue Reisetasche in der Hand. Also war es so weit.
    »Komm rein!«, forderte ich ihn auf.
    Er drückte sich wortlos an mir vorbei und kaum hatte ich die Tür hinter uns geschlossen, begann Len zu schluchzen.
    »Was ist denn?«, fragte ich erschrocken und nahm ihn in den Arm.
    »Ella ist verhaftet!«
    »Nein!«, entfuhr es mir.
    »Doch, sie haben sie gestern erwischt.«
    »Wie denn, erzähl!«, stammelte ich. »Komm, ich mache uns einen Kaffee.«
    Ich habe ihn in die Küche geführt und auf den Stuhl meines Vaters geschoben.
    »Ich war nicht dabei«, sprudelte es aus Len heraus. »Ella ist mit Zora rüber zum Gesundbrunnen, was zu rauchen organisieren. Und dann kam nur Zora zurück. Die Bullen haben sie am Parkeingang abgegriffen, wäre kein Problem gewesen, die beiden hatten nicht viel dabei, im Regelfall kassieren die das Piece ein, nehmen die Personalien auf und fertig. Doch plötzlich hat der eine Ella Handschellen angelegt. Zora sagte, Ella hätte geschrien und sich heftig gewehrt. Es liegt ein Haftbefehl vor, haben die Bullen Zora noch erklärt. Und dann haben sie sie ins Auto und weg waren sie.« Er sah mich mit verquollenen roten Augen an. »Ella, die haben Ella!«
    »Wie schrecklich!« Ich stand neben der Kaffeemaschine und war wie erstarrt.
    »Die haben Ella«, wiederholte Len, so als ob er sich selbst daran erinnern müsste.
    »Und weiter?«, murmelte ich auffordernd.
    »Zora ist mit Carrie gleich zum Bunker, um uns zu warnen. Wir haben alles liegen lassen und sind einfach nur weg. Jeder für sich. Ich habe die Nacht im Obdachlosenasyl verbracht. Mit fünf Pennern in einem Zimmer. Aber da bist du verhältnismäßig sicher. Dann, gleich um sechs bin ich los zum Alex an mein Schließfach. Um die Zeit fällt man da nicht auf.«
    »Du willst jetzt also weg.«
    »Was heißt wollen, ich hoffe bloß, ich schaffe es noch.«
    »Wieso erst jetzt!« Ich hatte mich wieder im Griff und begann, den Filter der Kaffeemaschine zu füllen. »Hast du nicht mit diesem Streetworker gesprochen?«
    »Der war nicht da«, wich mir Len aus. »Und ich… Ich wollte noch den Sommer mitnehmen.«
    »Tja, dumm gelaufen.« Ich schluckte. »Tut mir leid, war nicht so gemeint.«
    »Ich weiß nicht, ob Ella das durchsteht.«
    »Daran kannst du nichts mehr ändern«,

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