Treffpunkt Parzelle 4: Nur die Freundschaft zählt (German Edition)
Krankenhaus das Zimmer von Frau Erichsen betrat, merkte sie sofort, dass irgendetwas anders war als bei ihren vorherigen Besuchen. Hatten sich die drei Damen gestritten, oder ging es ihnen gesundheitlich heute schlechter? Frau Hasenkötter schien vor sich hin zu dämmern, und die rundliche Dame im geblümten Nachthemd las zwar in einer Zeitschrift, starrte aber zwischendurch immer wieder seufzend aus dem Fenster. Auch Frau Erichsen begrüßte Karo nicht so überschwänglich wie sonst.
»Frau Erichsen?«, fragte Karo behutsam. »Geht es Ihnen gut?«
»Bis gestern ja«, antwortete sie etwas bitter, lächelte sie dann aber doch an und sagte: »Schön, dass du da bist, Karoline.«
»Was war denn gestern?«, erkundigte sich Karo vorsichtig.
»Gestern?«, seufzte sie. »Gestern war mein Herr Sohn bei mir. Robert, der ältere, der Herr Makler. Und auf den Besuch hätte ich gut und gerne verzichten können. Hat sich ja bislang auch nicht bei mir blicken lassen.«
Sie seufzte wieder, und ein Ausdruck von Enttäuschung, aber auch Trotz und vielleicht sogar Verachtung lag auf ihrem Gesicht.
»Aber wenn der Geld wittert oder Geschäfte machen kann, dann ist er sofort zur Stelle. Das hat er von seinem Vater. Der hat ebenfalls viel zu viel ans Geld gedacht.«
»Na ja, so ganz unwichtig ist es ja auch nicht«, murmelte Karo leise mehr zu sich selbst.
»Ich weiß, Kindchen.« Frau Erichsen hatte es trotzdem gehört und tätschelte Karo die Hand. »Dein Vater könnte ein paar gute Geschäftsabschlüsse dringend brauchen, nicht wahr? Aber meinem Sohn, dem Robert, dem fehlt es an nichts, und trotzdem träumt er von nichts anderem als davon, sein Geld zu vermehren.«
Sie zögerte einen Moment.
»Er war hier, weil er den Schrebergarten verkaufen will.«
Karo durchfuhr es wie ein Blitz. Das konnte doch nicht wahr sein. Ihre Parzelle 4 !
»Aber warum denn?«
»Tja, warum?« Frau Erichsen räusperte sich. »Gestern gab’s noch andere Neuigkeiten. Ich soll jetzt doch an der Hüfte operiert werden, und zwar schon nächsten Mittwoch. Die Aussichten, danach wieder schmerzfrei laufen zu können, sind natürlich sehr verlockend. Bei meiner Cousine damals war die Operation ja auch durchaus erfolgreich … Aber keiner kann dir was versprechen. Und vielleicht, wenn’s gut läuft, kommt die andere Seite dann auch noch dran. Verstehst du, die ganze Angelegenheit ist sehr langwierig, und ob ich dann je wieder richtig laufen, geschweige denn im Garten werde arbeiten können, das steht noch in den Sternen, Liebes. Meine Knochen sind alt und verbraucht.«
Langsam begriff Karo. Was sollte die Gute mit einem Garten, um den sie sich selbst nicht mehr kümmern konnte?
»Weißt du, meine Jungs haben sich nie sonderlich für den Garten interessiert. Um Partys darin zu feiern, war er gerade gut genug, aber an der Arbeit – kein Interesse. Dazu muss man eben auch Lust haben. Robert sieht nicht ein, dass wir den Garten noch länger behalten sollen. Er spricht schon vom Seniorenheim, in das ich bald kommen werde. Die hätten dort schließlich auch einen Garten, in dem ich dann gemütlich auf der Bank sitzen könnte, während die Gärtner die ganze Arbeit für mich erledigen.«
»Aber wir könnten doch die Arbeit im Garten übernehmen!«, rief Karo verzweifelt. Sie zog ihr T-Shirt straff und hielt es Frau Erichsen hin, damit sie es besser sehen konnte. »Wir sind jetzt eine Bande. Parzelle 4 . Wir mähen den Rasen, gießen die Blumen, zupfen Unkraut und … Dem Buschschlüter haben wir sogar die Maulwürfe vertrieben.«
Frau Erichsen sah das T-Shirt bewundernd an, und Tränen traten ihr in die Augen.
»Ach Kindchen, wenn du meine Enkelin wärst, dann wäre vielleicht alles anders. Aber nicht mal zum Kindermachen scheinen meine Söhne Zeit zu haben.«
»Was ist denn mit ihrem anderen Sohn? Denkt der auch nur ans Geld?«
»Der Arne?« Sie schüttelte den Kopf und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Der kann das Geld doch nicht zusammenhalten. Er zieht schon seit ein paar Jahren in der Weltgeschichte umher und macht mal dies und mal das. Seit der Beerdigung meines Mannes hab ich ihn nicht mehr gesehen. Die letzte Karte kam von den Malediven. Aber der Robert meint, er sei wohl seit Kurzem wieder in Deutschland.«
»Wir könnten Ihrem Sohn doch anbieten, den Garten so lange zu pflegen. Und wenn Sie wieder gesund sind, dann setzen Sie sich gemütlich in den Liegestuhl, und wir versorgen Sie.«
»Ja, Karo, das wär ’ne feine Sache. Aber so
Weitere Kostenlose Bücher