Treffpunkt Parzelle 4: Nur die Freundschaft zählt (German Edition)
noch die große Flatter machen«, vollendete der andere, der offensichtlich Devins Bruder war, seinen Satz und flatterte dabei albern mit den Armen. Er grinste lässig. »Willst du mir die junge Dame nicht vorstellen? Erst ausreißen und dann gleich eine aufreißen, was?«
Er lachte über sein kleines Wortspiel, und Karo sah, dass Devin ihm am liebsten an die Kehle gesprungen wäre, so wütend, wie er seinen Bruder anstarrte.
»Musst du nicht dringend zu deiner Probe?«, zischte er sichtlich ärgerlich. »Wir möchten dich ungern aufhalten.«
»Erst, wenn du uns vorgestellt hast, Brüderchen, so viel Zeit muss sein.«
Karo sah, wie Devins Gesichtsfarbe sich langsam in ein zorniges Dunkelrot verfärbte. Bevor es hier noch zum Brudermord kam, schob sie sich, ohne länger zu zögern, zwischen die beiden und streckte dem älteren die Hand entgegen.
»Hi! Ich bin Karo«, stellte sie sich unverwandt vor. »Und du bist sicher das Musikertalent der Familie. Devin hat mir ja schon so viel von dir erzählt«, log sie. »Jede freie Minute übst du mit eurer ziemlich genialen Band. Ich möchte wirklich nicht daran schuld sein, dass du sie noch länger warten lässt.«
Das stopfte ihm das Maul. Verwirrt schüttelte er Karo die Hand. Er wusste nicht recht, was er davon halten sollte.
»Man sieht sich, Karo«, verabschiedete er sich deshalb schnell und sprang in langen Sätzen die Treppe hinunter.
»Oh, jetzt hat er mir gar nicht seinen Namen genannt«, sagte Karo mit gespielter Enttäuschung und sah Devin spöttisch grinsend an.
Devin musste trotz allem Kummer lachen und gab ihr verstohlen einen schnellen Kuss. »Das war Garvin, mein Bruderekel«, erklärte er, und sein Gesicht entspannte sich langsam wieder. »Wusste gar nicht, dass du so schlagfertig sein kannst.«
»Tja, du weißt vieles noch nicht über mich.«
Dann wurde sie wieder ernst.
»Tut mir leid, das mit deiner Oma«, erklärte sie teilnahmsvoll. »Hör mal – du bist echt nicht schuld an ihrem Sturz.«
»Ich weiß, aber ich fühle mich trotzdem so mies.«
»Das kann ich zwar verstehen, aber schließlich ist es nur ein dummer Zufall, dass deine Oma ausgerechnet dann stürzen muss, wenn du es bei deinen Eltern nicht mehr aushältst.«
Sie überlegte einen Moment. »Eigentlich sind deine Eltern jetzt erst recht gezwungen, sich nicht mehr nur mit sich selbst zu beschäftigen. So gesehen war es vielleicht sogar ein Wink des Schicksals.«
»Na klasse! Meine Oma hätte auf diesen Wink sicher gerne verzichtet. Mit zweiundachtzig ist das schließlich kein Pappenstiel. Jetzt kann man nur hoffen, dass alles wieder gut heilt.«
Für Karo völlig unverständlich begann Devin plötzlich zu kichern.
»Ich wollte gerade runter zum Kiosk«, sagte er. »Ich soll den Damen ein Doppelkopfspiel besorgen, weil sie doch jetzt zu viert sind.«
Karo sah ihn fragend an. Aber dann dämmerte es ihr plötzlich.
»Nein! Sag jetzt nicht, sie liegt im selben Zimmer wie Frau Erichsen und Frau Hasenkötter.«
»Doch.« Devin lachte. »Genau das tut sie. Sie wissen noch nicht genau, ob und wie sie das mit dem Kartenspielen hinkriegen sollen, weil meine Oma ja liegen muss. Aber dafür, dass ein Dreibettzimmer notdürftig zu einem Vierbettzimmer umfunktioniert wurde, haben die vier erstaunlich gute Laune.«
Während sich Devin auf den Weg zum Kiosk machte, betrat Karo das Krankenzimmer von Frau Erichsen. Es war tatsächlich ziemlich eng geworden mit dem vierten Bett. Trotzdem war Frau Erichsen heute auffallend guter Dinge.
»Hallo, Karo!«, lachte sie fröhlich. »Wie du siehst, haben wir expandiert. Die Frau Kistenbrügger ist jetzt auch mit von der Partie.« Sie nahm Karos Hand, zog sie näher zu sich heran und raunte ihr leise zu: »Gerade eben haben wir deinen neuen Freund kennengelernt. Netter Junge, muss ich schon sagen. Du hast Geschmack.«
Karo schoss das Blut in den Kopf. Das war nun heute bereits das zweite Mal, dass jemand Devin einen netten Jungen nannte.
»Das Krankenhaus scheint ja ganz schön überbelegt zu sein«, versuchte sie abzulenken.
»Mit Überbelegung hat das nur bedingt zu tun«, erläuterte Frau Erichsen. »Wir sind nämlich alle vier bloß Kassenpatientinnen. Wenn da ein paar Privatpatienten neu eingeliefert werden, die alle auf ihr Einzelzimmer bestehen – tja, da müssen eben woanders Betten zusammengeschoben werden. Zwei- beziehungsweise Dreiklassenmedizin nennt man das wohl.«
»Ist ja gemein!«, entrüstete Karo sich bestürzt.
»Ach, es
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