Treibgut der Strudelsee
Und immer dann, wenn Oblak für kurze Zeit die Oberhand gewann, zuckte es zurück, als fürchte es die Seelen der Untoten.
Doch nicht Oblak war sein Ziel. Das erkannte der Magier, als der Schatten nicht mit dem Untoten verschwand, nachdem Oblak in den Fluten der Ismina-Strömung versank.
Dieser dunkelhaarige Krieger, der nun schwer atmend auf den Planken lag, zog das Böse an. Er musste von Bord. Vor ihm und Oblak waren die Siebenläufer geflohen. Viel früher als er hatten sie das Böse gespürt und den Tod dem vorgezogen, was da kommen würde.
Angst und verzweifelte Hoffnung erfüllten den Magier, als er anklagend auf Mythor deutete. Angst vor dem Schatten und Hoffnung, doch noch das Verderben abwenden zu können, wenn das Schiff endlich rein war.
»Wartet!« rief Rachamon, als die Männer sich auf den Krieger stürzen wollten. »Holt einen Sack aus Leder und steckt ihn hinein! Bindet ihn gut zu, denn er soll Luft haben, um so lange zu leben, dass das Böse ihm folgt, wenn er davongetrieben wird!«
Kaum hatte er ausgesprochen, als das Schiff sich neigte und herumgerissen wurde wie ein Stück Holz in der Strömung. Männer rutschten aus und gingen schreiend über Bord. Die Gasihara wurde hart durchgeschüttelt. Schauriges Geschrei drang von den Ruderbänken herauf, wo die Legionäre längst nicht mehr die Ruder bedienten.
Rachamon wusste, was das bedeutete. Holz knirschte, und weiße Gischt spritzte über das Deck. Hände griffen um sich und suchten verzweifelt nach einem Halt. Immer schneller wurde das Schiff.
Dies war der Sarmara-Strudel, und keine Magie konnte die Lichtfähre noch retten – ausgenommen jene, die Rachamon mehr fürchtete als den Tod.
Von nun an würde die Lichtfähre immer heftiger auf den Mittelpunkt des Strudels zugerissen werden, von Kräften, die nur jenen vergleichbar waren, wie sie die Welt selbst geschaffen hatten.
»Holt den Sack!« schrie der Seemagier. »Worauf wartet ihr?«
*
Steinmann Sadagar krallte sich mit den Fingern in einer Ritze fest, bis das Schiff zur Ruhe kam und in einem Wirbel des Strudels dahinschoß. Eiseskälte griff nach seinem Herzen. Es durfte nicht geschehen!
Die Männer, die Rachamon fortgeschickt hatte, kamen mit einem großen Ledersack zurück. Noch lag Mythor wie benommen auf dem Rücken und schien nicht fassen zu können, was er sah und hörte. Warum sprang er nicht auf und lief davon? Allein der Kampf konnte ihn nicht so geschwächt haben. Aber er war wie gelähmt. Sadagar hatte den furchtbaren Verdacht, dass er sich nicht einmal wehren würde, wenn die Männer nach ihm griffen. Verzweifelt sah der Steinmann sich um. Seine Hand tastete nach der Jacke und fühlte den Gurt mit den Messern darunter. Aber er war einer gegen ein Dutzend! Selbst wenn er zwei, drei der Männer töten konnte, würden die anderen über ihm sein, bevor er die nächste Klinge schleudern konnte. Und als Toter nützte er Mythor nichts.
Er sah den Kapitän zwei, drei Schritte neben sich liegen. Hastig kroch er auf Jejed zu und rüttelte an den Schultern des Moronen. Rachamon schenkte ihm keine Beachtung. Die Seefahrer, die nicht über Bord gegangen waren, näherten sich Mythor wie einem gefährlichen, in die Enge getriebenen Tier.
»Jejed«, flüsterte Sadagar verzweifelt. »Befiehl ihnen, dass sie von ihm lassen sollen! Lass nicht zu, dass sie ihn umbringen!«
Doch die Augen des Kapitäns waren blicklos in die Ferne gerichtet, als sei kein Leben mehr in ihnen. Sadagar drehte ihm den Kopf so, dass er ihn ansehen musste, aber sein Blick ging durch ihn hindurch.
»Nein!« schrie Sadagar, als kräftige Arme sich Mythor entgegenstreckten, Hände sein Wams packten und ihn roh in die Höhe zerrten. Und Mythor ließ alles willenlos mit sich geschehen! »Nein!«
Mit dem Mut der Verzweiflung stürzte sich der Steinmann auf die Seefahrer, verteilte Tritte, rutschte aus und kam wieder auf die Beine. Er griff in den Bart desjenigen, der den Sack aufhielt, und schlug die Faust tief in dessen Magengrube, bis er selbst von einem Schlag getroffen wurde und benommen zurücktaumelte, über ein heimtückisch gestelltes Bein fiel und mit dem Hinterkopf hart auf die Planken schlug.
Was nun weiter geschah, nahm Sadagar nur noch wie durch Nebel wahr, die sich vor seinen Geist geschoben hatten. Mythor ließ sich willenlos in den Sack stecken. Rachamon selbst band ihn zu und zog die Schlinge so fest, dass seine Handknöchel weiß hervortraten.
»Nadomir!« flüsterte Sadagar. Nexapottl!
»In den
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