Treibgut der Strudelsee
dessen war Mythor sicher, auf seine Rückkehr warten würden. Ansonsten besaß Mythor nur noch das, was er am Leibe trug, wozu er auch Fronjas Bildnis zählte, das sich ihm nur noch im Spiegel zeigte. Aber es war da, es verband ihn mit ihr. Niemand konnte ihm dies wieder nehmen.
Glaubte Luxon denn tatsächlich noch immer daran, auserwählt zu sein, nachdem er, Mythor, nun endgültig durch die Großen als Sohn des Kometen anerkannt worden war? Teilte er schon den Wahn des Shallad Hadamur, die Inkarnation des Lichtboten zu sein?
Mythor unterdrückte einen Fluch und biss sich auf die Lippen. Er sollte es aufgeben, nach Luxons Motiven zu forschen. Jedesmal, wenn er geglaubt hatte, den Glücksritter durchschaut zu haben, erlebte er eine Enttäuschung. Natürlich war Luxon auf Macht aus, aber gab es eine größere weltliche Macht, als sie im Amt des Shallads vereinigt war? Luxon dürfte es nicht schwerfallen, genügend Männer zusammen zu treiben, um mit ihnen den Kampf um den Thron aufzunehmen. Was also wollte er noch? Warum gab er sich nicht endlich zufrieden?
Nein! dachte Mythor. Ein Mann wie Luxon würde nie zufrieden sein, ganz egal, was er erreicht hatte. Es trieb ihn weiter. Und er ging über Leichen. Mythor schauderte, als er daran dachte, dass der Rivale ihn zum zweitenmal Drudins Todesreitern zugetrieben hatte. Wäre der Stumme Große Vierfaust nicht Zeuge seiner Gefangennahme gewesen, Mythor hätte sich über kurz oder lang in Gianton wiedergefunden. So aber konnte Vierfaust im letzten Moment die echten Fänger auf den Plan rufen und die finsteren Pläne der Dämonischen durchkreuzen.
Dafür befand er sich jetzt mit fünfhundert Leidensgenossen auf dem Weg nach Süden.
Nur der Gedanke daran, so zur Ewigen Stadt zu gelangen, dem letzten der sieben Fixpunkte des Lichtboten, ließ Mythor immer wieder stillhalten und jede Demütigung über sich ergehen. Wenn der Weg dorthin tatsächlich nur über die Strudelsee führte, war er auf der Gasihara, die wie alle Lichtfähren nach einer der vielen Töchter des Shallad Hadamur benannt war, vermutlich sicherer als auf einem kleineren Schiff.
Rachamon, der Seemagier, musste sein Handwerk, Wind und Wetter günstig zu beeinflussen, schon verstehen, wenn Jejed sich mit ihm einließ. Der Kapitän mied ihn wegen seiner unerträglichen Überheblichkeit, wo und wann er nur konnte.
Das täuschte nicht darüber hinweg, dass die beiden mit Hilfe der zwanzigköpfigen Mannschaft ein Schreckensregiment an Bord des Schiffes führten.
Mythor zog kräftig am Ruder und merkte, dass der Knabe an seiner Seite wieder mitzog. Der Seefahrer war weitergegangen, nachdem er ihn eine Weile lang spöttisch gemustert hatte.
»Lass gut sein, Farin!« flüsterte der Sohn des Kometen.
»Es geht schon!«
Der Weißhaarige lachte unterdrückt. Schwarze Augen sahen Mythor unter buschigen Brauen an. »Er ist stur wie ein Yarl, Mythor. Er wird schon noch merken, was er davon hat.«
»Ja«, murmelte Mythor. »Wenn sie ihn fortholen.«
»Für einige ist die Arbeit auf Deck nicht mal die schlimmste«, sagte der Alte, der über die Kräfte eines Kriegers verfügte. »Der Wahrsager ist doch dein Freund, oder? Ihm scheint es dort zu gefallen.«
»Sie ist menschenunwürdig«, brummte Mythor.
Doch selbst den Tätigkeiten, die dort auszuführen waren, schien der Steinmann noch ihre guten Seiten abgewinnen zu können. Mythor drehte den Kopf so, dass er zum Deck hinaufsehen konnte. Manchmal erschien Sadagar dort an den Begrenzungsseilen und machte sinnlose Gesten, neuerdings in Begleitung eines noch seltsameren Kauzes, dessen Namen Mythor nicht kannte. In der Regel zerrten die Aufseher sie schnell wieder zu ihren Plätzen zurück. Einige von ihnen mochte der Steinmann mit seinen Kunststückchen beeindrucken, Jejed und den Magier bestimmt nicht.
Völlig unzumutbare Zustände herrschten an Bord des Schiffes, das für sich in Anspruch nahm, ein Werkzeug des Lichtes zu sein. Die Legionäre waren entweder an die Ruder gefesselt oder wie Tiere unter Deck zusammengepfercht, wo sie darauf warteten, die Rudernden beim dreifachen Schlagen des Gongs abzulösen. Wer nicht kräftig genug dazu war, musste auf Knien das Deck säubern oder noch niedrigere Tätigkeiten ausüben, sich von Jejeds Leuten treten und verhöhnen lassen.
Farin gehörte ganz gewiss nicht zu den Kräftigen, wie außer ihm Dutzende von Knaben, die sich Beine und Gesäß auf den harten, roh gezimmerten Bänken wund scheuerten oder die Hände blutig
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