Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Treibgut

Treibgut

Titel: Treibgut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
Vom Netzwerk:
hatten, sich auf einen teuflischen Pakt einzulassen, musste das Ganze von langer Hand geplant gewesen sein.
    Als Arzt, noch dazu als Gynäkologe, schlussfolgerte Henning, dürfte es für ihn nicht schwierig gewesen sein, ein zahlungskräftiges Ehepaar mit bislang unerfülltem Kinderwunsch zu finden. Natürlich war das Spekulation. Aber er liebte Spekulationen. Schließlich verdankte er ihnen einige seiner größten Erfolge. Sicher, auch einige seiner schlimmsten Blamagen. Wobei die Erfolge schwerer wogen.
    Selbstverständlich gab es noch andere Möglichkeiten. Bilder von Pädophilen, die ihre perversen Neigungen an ihren wehrlosen Opfern auszuleben pflegten, schoben sich ihm vor Augen. Die Vorstellung war so grauenvoll, dass er sie augenblicklich in die hinterste Schublade seines Gehirns verbannte. Was blieb, war die Ungewissheit.
    Und mit ihr die niederschmetternde Erkenntnis, dass er bislang keinen Schritt weitergekommen war. Sicher, es gab ein paar überlegenswerte Ansätze. Diese DVD zum Beispiel.
    Auch wenn noch lange nicht bewiesen war, dass es sich bei dem Kind tatsächlich um Lea handelte.
    Was, wenn sie sich irrten? Schlimmer noch, wenn sie einem Hirngespinst hinterherjagten? Stand nicht schon in der Bibel geschrieben, wer Wind sät, wird Sturm ernten?
    Die sich daraus ergebenden Konsequenzen ließen Henning zu der momentan wahrscheinlichsten Variante und damit zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen zurückkehren.
    Auch wenn es bislang keinerlei Beweise dafür gab, konnte er spüren, wie es bei dem Gedanken an Kinderhandel in seinen Fingerspitzen zu kribbeln begann. Was, wenn das Ganze über ein kriminelles Netzwerk abgelaufen war? Über eine Organisation, die über das nötige Geld und die damit verbundenen Kontakte verfügte? Konnte es sein, dass Danko Dierks Opfer seines eigenen Leichtsinns geworden war? Dass ihn seine Spielsucht die Grenze dessen, was mit dem Gewissen vereinbar war, überschreiten ließ und ihn damit zum willfährigen Handlanger eines skrupellos agierenden Verbrecherrings gemacht hatte?
    Noch während sich Henning vorzustellen versuchte, wie viel Geld und welches Maß an Verzweiflung erforderlich waren, um sich auf einen solch teuflischen Pakt einzulassen, beschlich ihn das untrügliche Gefühl, etwas übersehen zu haben. Was, wenn er sich auf dem Holzweg befand? Wenn es um etwas völlig anderes ging? Erpressung zum Beispiel. Irgendetwas, das Danko Dierks so unter Druck setzte, dass er Lea verriet. Ein Verrat, der in Hennings Augen in keinem Verhältnis zum Nutzen, geschweige denn zu dem damit verbundenen Risiko stand.
    Warum hätte er Elena heiraten sollen? Warum sich so lange in Geduld üben? Für Henning ergab das alles keinerlei Sinn. Außer es war von Anfang an um Lea gegangen. Was, wenn sie der Schlüssel zu allem war?
    Würde man sich dann nicht fragen müssen, wer ein besonderes Interesse an ihr gehabt haben könnte? Was war naheliegender, als dabei an Rufus Kirchner zu denken? Leas leiblichen Vater. Doch der war tot. Wobei …
    Der Gedanke war zu abwegig, um ihn in Betracht zu ziehen. Und doch ließ er ihn nicht mehr los.

19
     
     
    Nach einer Nacht voller unruhigen Träume rief Henning am nächsten Morgen bei Martina Funke an, um sich zu erkundigen, ob sie ihm für seine Nachforschungen Bilder von Rufus Kirchner und Astrid Schulz zur Verfügung stellen könnte. Nachdem er ihr das Versprechen abgenommen hatte, nachzuschauen und sich dann bei ihm zu melden, galt sein nächster Anruf seinem Freund Erich Kröger.
    Statt Erich meldete sich dessen Schwester. »Sie haben Glück, dass Sie überhaupt jemanden erreicht haben. Ich bin bloß auf einen Sprung vorbeigekommen, um die Blumen zu gießen und frische Wäsche für meinen Bruder zu holen. Erich ist vor zwei Tagen in die Klinik eingeliefert worden. Er wird an der Hüfte operiert. Ich kann ihm aber gerne etwas von Ihnen ausrichten«, erbot sie sich.
    Henning ließ Grüße und gute Besserung an seinen Freund ausrichten und legte auf. Nachdenklich starrte er ins Leere. Nun war guter Rat teuer.
     
    »Vielleicht solltest du es mal mit einem Privatdetektiv versuchen«, schlug Leona vor, als er ihr beim Abendessen von seinen erfolglosen Bemühungen berichtete.
    Henning musterte sie. »Kann es sein, dass du dabei an jemanden ganz Bestimmtes denkst?«
    Ein Nicken bestätigte seine Vermutung. »Er heißt Bruno Engel. Ein absoluter Fachmann, der aufs Beste mit allen möglichen bürokratischen Archiven vertraut ist und selbst die

Weitere Kostenlose Bücher