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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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angenommen hat … dann allerdings kann man mich entmündigen.«
    Eine Stunde später, nachdem Patz sein Bier getrunken hatte, klopfte Lorentzen an die Tür Ilses. Zunächst rührte sich nichts, dann antwortete Ilses helle, herrische Stimme.
    »Wer ist da?«
    »Lutz …«
    »Was willst du?«
    »Ich möchte dich bitten, die Tür aufzuschließen. Du bekommst Besuch.«
    »Wenn du es bist … komm herein.« Sie schob das Bett etwas zur Seite, schloß die Tür auf und sah durch einen Spalt auf den Flur. Hinter Lorentzen stand der alte Patz. Die Tür schlug wieder zu.
    »Geht weg!« rief Ilse. Sie rannte zum Fenster, hockte sich auf den Stuhl und begann zu weinen.
    Der alte Patz drückte die Klinke herunter. Die Tür war nicht mehr abgeschlossen.
    Er trat ein und schob sie leise hinter sich zu.
    In Hamburg war Prof. Heberach, der Alte vom Giftberg, wie er jetzt genannt wurde, nachdem er sich ein Jagdhaus auf einem Hügel im Harz gekauft hatte, nicht untätig geblieben. Die Erfolge seines verhaßten ehemaligen Schwiegersohnes und der unverschuldete Todesfall in der ›Almfried-Klinik‹ gaben ihm keine Ruhe mehr. Als er nun auch noch durch einen Patienten hörte, daß Dr. Lorentzen wahrscheinlich die eine Besitzerin der Schönheitsfarm, Marianne Steegert, heiraten wollte, kannte sein Zorn keine Grenzen mehr.
    Er fuhr zum Friedhof und setzte sich an das Grab seiner Tochter. »Er verrät dich«, sagte er mit zitternder Stimme. »Mein Püppchen, er heiratet eine andere. Er hat dich schon vergessen. Aber dein Vater vergißt dich nie! Und ich werde diesen Schuft vernichten, wie die Sünder des Alten Testaments vernichtet wurden – wenn es sein muß mit Feuer und Schwert.«
    Feuer und Schwert waren in der modernen Welt Rede und Geschriebenes. Nichts kann einen Mediziner mehr in Mißkredit bringen, als wenn anerkannte Wissenschaftler sich massiv gegen ihn stellen. Die jüngsten Ereignisse auf dem Gebiet der Krebsforschung haben es gezeigt: Wer der so stolzen Schulmedizin auf die Füße tritt mit neuen Ideen, die noch in keinem Lehrbuch stehen, der wird mit allen Mitteln niedergeknüppelt. Auf die Kranken kommt es da gar nicht an … sterben müssen wir alle. Das ist die fatalistische Auffassung vieler Ärzte.
    Prof. Heberach ließ mehrere Breitseiten gegen Dr. Lorentzen los.
    Er sprach auf einigen Kongressen. Er sprach sogar bei einem Blitzbesuch auf einer Tagung deutscher Chirurgen in München. Es war ein großer Auftritt, als Heberach unter Füßegetrampel den Saal betrat, ans Rednerpult ging, sein Manuskript hinlegte und mit heller Greisenstimme begann:
    »Das chirurgische Experiment – Fortschrittsstreben oder Versuchung begrenzter Möglichkeiten!«
    Heberach nannte keine Namen, aber er schilderte alles so plastisch und mit so deutlichen Hinweisen, daß jeder wußte: Hier wird Dr. Lorentzen mit seiner ›Almfried-Klinik‹ begraben. Ein Begräbnis Erster Klasse, mit Pauken und Trompeten.
    Der Schluß seiner Rede war eine Aufforderung: Versagen hier die Kontrollorgane des Staates? Wo bleibt die Ärztekammer? Ist es nicht sittenwidrig, wenn ein Arzt unter Ausnutzung seines akademischen Titels, der allen Patienten Vertrauen einflößt, dieses Vertrauen mißbraucht, um sich mit billigen chirurgischen Tricks maßlos zu bereichern? Oder sogar eine gesunde Frau ins Grab zu bringen?
    Im Saal sah man betretene Gesichter, als Heberach aufhörte. Keiner klatschte.
    »Der Himmel verhüte«, flüsterte ein Arzt seinem Nebenmann zu, »daß man Heberach einmal eine Blutprobe abnimmt. Er muß ja nur aus Gift und Galle bestehen.«
    Aber der Vortrag zeigte Wirkungen.
    Prof. Sahrein, der damals bei der Obduktion von Frau Alberts dabeigewesen war, brachte Heberach mit den Herren der Ärztekammer zusammen. Man trank einige Flaschen feine Spätlese, erinnerte sich an seine Burschenschaft in Erlangen oder Heidelberg, erzählte Jugenderinnerungen mit Haustöchtern und kam in die fröhlichste Stimmung. Ein schöner, runder Alt-Herren-Tisch.
    Am nächsten Tag beschloß die Ärztekammer, eine Kommission zur ›Almfried-Klinik‹ zu schicken zwecks Nachprüfung, ob der Klinikbetrieb den Anforderungen einer chirurgischen Anstalt entspräche.
    Prof. Heberach fuhr zufrieden zurück nach Hamburg.
    Die Bombe war gelegt. Sie würde zwar ein Blindgänger werden, aber die Zeitungen berichteten darüber. Und wo man Dreck hinwirft, wird immer etwas Dreck hängenbleiben.
    Schmutz aber auf dem Namen eines Arztes ist wie eine Bakterie: Er frißt sich ein.
    Man ging

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