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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Hubert, und Dicki hatte sogar gehört, wie sie ihm im Wald das Lied vom Waldvögelein aus Wagners ›Siegfried‹ vorsang.
    »Ich wußte gar nicht, daß ich so voller Kunstverstand stecke«, sagte der alte Patz zu Dr. Lorentzen. »Erst Harfe, jetzt Oper … ich fühle mich sauwohl, Doktor! Wann operieren wir?«
    »Überhaupt nicht«, sagte Lorentzen. »Bei Ihrem labilen Kreislauf werde ich mich hüten, an Ihnen herumzuschnippeln. Behalten Sie Ihre Ohren und Ihre Nase und Ihre Kummerfalten! So sind Sie wenigstens ein richtiger Mann, der im Sturm des Lebens Sieger geblieben ist.«
    »Bravo!« brüllte der alte Patz. »Das ist ein Wort! Soll ich die Opernsängerin heiraten?«
    »Versuchen Sie es. Aber fragen Sie vorher ihren Mann.«
    »Was? Die ist schon?« Der alte Patz langte nach einem Glas Bier. »Davon hat sie mir nichts gesagt.«
    »Das ist auch nicht nötig, wenn man das Waldvögelein singt.«
    Mit Ilse erneut ernste Worte zu sprechen, erübrigte sich. Ganz plötzlich kam diese Wandlung, und sie war typisch für Ilse Patz und ihre Einstellung zum Leben.
    Auf dem Postamt von St. Hubert traf sie Dr. Thorlacht.
    Sie hatte ihn schon öfter von weitem gesehen, wenn sie Freiluftgymnastik gemacht hatte. Seine lange Gestalt in dem weißen Kittel fiel auf. Und sie hatte auch gesehen, wie er manchmal auf dem Balkon des Bibliothekszimmers der Klinik stand und ihr zusah, wie sie im knappen Bikini oder in ihrem schwarzen Trikot, das wie eine zweite Haut über ihrem wunderbaren Körper lag, den keuchenden Damen vorauslief, sprang, mit dem Tamburin klopfte und die Muskeln ihres Körpers spielen ließ. Aber gesprochen hatte sie den jungen Arzt noch nie.
    Nun standen sie sich gegenüber in der kleinen Posthalle und lächelten sich an.
    »Liebesbrief weggebracht?« fragte Dr. Thorlacht keck.
    »Sie auch?« antwortete Ilse und ließ ihre Augen funkeln.
    »Nein. Zahlkarte für die Autosteuer.«
    »Zahlkarte für kosmetische Präparate.«
    »Dann sind wir ja beide Opfer des Geldes.« Dr. Thorlacht lachte jungenhaft. Ein netter, süßer Kerl, dachte Ilse Patz. So unbekümmert männlich. »Mißhandelte sollten zusammenhalten. Eine Tasse Kaffee?«
    »Lieber ein Eis mit viel Schlagsahne.«
    »Und die schlanke Linie?« Dr. Thorlacht ließ seinen Blick über Ilse gleiten. »Ihre herrliche Linie?«
    »Keine Sorge. Das trainiere ich jeden Tag ab.«
    »Ich habe Sie oft bewundert, wie Sie das alles vormachen. Und ohne Ermüdungserscheinungen.«
    »Katzen sind eben zäh.«
    »Und Raubkatzen besonders.«
    »Danke, Doktor.«
    »Wissen Sie, daß ich eine Zeitlang mal den Wunsch hatte, Dompteur zu werden?«
    »Ach nein!«
    »Ja! Und dann Großwildjäger.«
    »Auf wilde dicke Elefanten?«
    »Nein, auf schlanke, zierliche Gazellen …«
    Es war, als würden sie sich schon lange kennen. Sie saßen bis zum Abend im Kur-Café, aßen Eis, tranken Campari mit Sekt und lachten wie gackernde Frühreife. Sie hatten beide ihren freien Nachmittag, und sie hatten beide das Gefühl, daß dieser Nachmittag sehr wichtig für ihr weiteres Leben sei.
    »Was machen Sie, wenn Sie gerade nicht turnen?« fragte Dr. Thorlacht, als er mit Ilses Wagen zurück zur Schönheitsfarm fuhr. Er selbst war mit dem Fahrrad nach St. Hubert gekommen; es lag quer hinten auf dem Kofferraum festgeschnallt und klapperte schrecklich gegen die Karosserie.
    »Ich ärgere meinen Vater, Marianne, meine Umgebung, mich selbst.«
    »Und warum?«
    »Es ist alles so fade, Doktor.«
    »Das sagen Sie? Ein Engel?«
    »Ich bin eher ein Teufel.«
    »Auf jeden Fall ein Biest.« Dr. Thorlacht lehnte sich zurück, seine Haare flogen im Zugwind. Ilse fuhr einmal wieder wie der Satan.
    »Und Sie? Was tun Sie, wenn Sie nicht gerade operieren oder an Raubtiere denken?«
    »Ich denke an Sie.«
    Ilse Patz lachte hell. Das war der Wortkampf, den sie brauchte. Das war das Spiel mit dem Feuer, nach dem sie sich sehnte. Und während sie lachte, zuckte ein Gedanke durch ihren Kopf: Er ist Arzt. Er ist Chirurg. Er ist begabt. O, all ihr Teufel … er kann der Gegenpol zu Lutz Lorentzen werden. Er kann der Mann sein, der in meinen Händen eine Waffe wird.
    Sie warf den Kopf herum, und Thorlacht fühlte ein Jucken unter der Kopfhaut, denn sie ließ den Wagen über die Straße schießen, ohne auf die Fahrbahn zu achten.
    »Und was denken Sie dann?« rief sie gegen den Wind.
    »Daß man beim Autofahren nach vorne guckt!« schrie Thorlacht zurück.
    »Bitte!« Ilse sah auf die Straße. »Und was weiter?«
    »Daß Sie ein

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