Treibjagd - Unzensiert im Doppelpack (German Edition)
da ich doch um ihre Hilflosigkeit und Unselbstständigkeit wusste. Anke beruhigte mich und erklärte mir, dass ich Verena nicht für das Erlebte und Erlittene verurteilen dürfe. Sie hätte schließlich keine andere Wahl gehabt und sei dazu gezwungen worden. Von sich aus hätte sie das niemals getan. Ich stimmte ihr zu und nahm mir fest vor, Verena beim Neuanfang tatkräftig zu helfen. Ich sahsie von nun an jedoch mit anderen Augen, denn die imaginären Bilder von ihr in diesem Club gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Wenn man wirkliche und aufrichtige Gefühle besitzt, dann zerreißen solche Bilder die Vorstellung der ursprünglich liebenswürdigen Person. Ich denke, es gibt viele Girls in diesem Gewerbe, die mit sich und ihrem Körper zumindest einigermaßen bewusst umgehen, und nicht mehr oder weniger hatte ich bisher auch von ihr angenommen. Also, ich wollte ihr helfen, ein neues Leben zu beginnen. Allerdings stellte sich dieses als äußerst schwierig heraus. Verena lebte in der Angst, dass ihr Peiniger und seine Sippschaft nach ihr suchen würden. Sie schlief fast gar nicht, und bereits frühmorgens begann sie bei lärmender Discomusik ihre neue Wohnung zu putzen. Jeden Tag putzte sie diese bis zu drei Mal, was mir krankhaft erschien. Da sie keine Drogen mehr nahm, geriet sie schnell auf Entzug und knibbelte sich am ganzen Körper blutig. In den ersten Tagen fuhr ich oft mit ihr und der kleinen Tochter einkaufen. Schließlich fehlte ja noch sehr viel, um den Haushalt zu komplettieren. Auch fuhr ich mit ihr zum Arzt, ins Solarium und abends sogar einmal gemeinsam zum Sport. Als Sorena wieder einmal zu Besuch war, gingen wir zu dritt nach B.-Stadt in eine Disco. Die beiden hatten großen Spaß und ließen es richtig krachen. An diesem Abend „lernte“ Sorena auch meinen ehemaligen Spindnachbar beim SEK B.-Stadt, den schönen Lolli, kennen, der wie ein „Beckham für Arme“ einen kleinen Zopf trug. Den Spitznamen hatte er von mir und meiner damaligen Freundin erhalten, als er einmal ganz in Kojak-Manier mit einem Lutscher in seinem Mund in eben diesen Club hineinstolzierte. Und jetzt schlug er Sorena vor, dass sie ja mit ihm zusammen in seine benachbarte Dienststelle (Polizeiwache Ost, Am Kesselbrink) kommen könne, um dort mit ihm zu übernachten. Er hätte zwar seit acht Jahren eine feste Freundin, aber die würde ja nichts davon erfahren. Die Nummer mit der Dienststelle ist wohl seine Lieblingsmasche, wie mir scheint. Sorena lehnte dankend ab, um in den darauffolgenden Tagen noch zahlreiche Anrufe von ihm zu erhalten. Ich tat alles nur Erdenkliche, um Verena beim Einleben ein bestmöglicher Helfer zu sein. Ich suchte die Grundschule in unserem Ort auf und sprach mit dem Direktor über die Einschulung der kleinen Tochter. Dabeiwies ich mich als Polizeibeamter aus und erklärte ihm die prekäre Situation, dass der ehemalige Lebensgefährte womöglich nach Kind und Mutter suchen würde. Am nächsten Tag begleitete Anke Verena in die Schule, um ihr bei der Anmeldung zu helfen. Weiterhin fuhr ich mit Verena und ihrer Tochter zum Jugendamt Detmold, das uns dann an das zuständige Jugendamt Lippe verwies. Ich fertigte für Verena Briefe an das Jugendamt Hamm und das dortige Jobcenter, um auch dort die zuständigen Stellen von ihrem Umzug zu unterrichten. Kurzum, ich riss mir den Arsch auf und war beinahe täglich mit Erledigungen für unsere beiden neuen Mitbewohnerinnen beschäftigt. Schulbücher mussten bestellt werden, die Ummeldung musste mit einer Auskunftssperre beim Einwohnermeldeamt erfolgen, und vorsorglich fragte ich Katharina, ob sie künftig als Kindermädchen fungieren könne. Verena wollte nämlich, nach einer Pause von wenigen Wochen, endlich wieder Geld verdienen. Da gerade Herbstferien waren und die Kleine für zwei Wochen nicht zur Schule musste, schlug ich vor, mit den beiden für ein paar Tage in Tonis Wohnung nach Marbella zu fliegen. Der Vorschlag stieß auf große Begeisterung und ich buchte den Flug und machte die Wohnung klar. Vorher aber wollte sich Verena noch eines abstoßenden Details an ihrem Körper entledigen, das sie zunehmend quälte: die Tätowierung des Namens ihres ehemaligen Zuhälters. Ich rief Stefan an, der sich kurzfristig bereit erklärte, ihr behilflich zu sein. Stefan realisierte wieder einmal die Vorstellung seiner Kundin in Perfektion und überdeckte den verhassten Namen mit mehreren rosa Rosen. Verena war begeistert und erleichtert, diesen Makel nicht mehr auf
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