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Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Titel: Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Brody
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Seitenstreifen an. Wie hatte ich das all die Jahre übersehen können? Warum hatte ich nie eins und eins zusammengezählt? Dabei war es so offensichtlich!
    »Jen?«, tönte die Stimme meiner Mutter ängstlich aus dem Kopfhörer. »Ist alles in Ordnung?«

    Ich überging die Frage einfach. Ich knabberte an einer ganz anderen Nuss. »Mom?«, sagte ich mit zitternder Stimme.
    »Ja?«
    »Hat Dad Julias Mutter auch betrogen?«
    »Ja«, sagte sie, als wäre das total logisch. »Ich dachte, das wüsstest du.«
    »Nein!«, stieß ich hervor. »Woher denn? Wie soll ich es wissen, wenn es mir niemand erzählt hat?«
    Mom lachte matt über meine verspätete Einsicht. »Was glaubst du wohl, weshalb Julia immer so gemein zu dir war? Mich mochte sie auch nie besonders, bis zur Scheidung jedenfalls.«
    »Das heißt, er hat ihre Mutter … mit dir betrogen ?«, keuchte ich.
    Das nun folgende Schweigen interpretierte ich als ein Ja. Eigentlich war es mir sogar lieber, dass sie schwieg. Ich war sprachlos. Ich hatte das Gefühl, als wäre ein Vorhang gelüftet worden und dahinter ein Raum in unserem Haus zum Vorschein gekommen, von dessen Existenz ich nichts geahnt hatte. Ein Raum voller interessanter Dinge, mit denen man spielen konnte, die man erforschen konnte … und analysieren.
    »Aber wenn du die Frau bist, mit der Dad ihre Mutter hintergangen hat, wie kommt es dann, dass Julia jetzt so auf uns fixiert ist?«
    Mom lachte leise. »Schon mal das Sprichwort Geteiltes Leid ist halbes Leid gehört? Es fing erst an, als dein Vater und ich geschieden waren. Vermutlich hatte sie das Gefühl, dass wir endlich auf derselben Stufe stehen. Tief drin ist sie ein verletztes kleines Mädchen. Ich bin froh, dass ich für sie da sein konnte.«
    »Und du meinst, deshalb ist sie lieber mit dir zusammen als mit Dad?«, fragte ich skeptisch.

    »Schätzchen«, sagte Mom sanft. »Julia hat seit zehn Jahren kein Wort mit Dad gewechselt.«
    »Was?«, presste ich hervor, während zehn Jahre Erinnerungen im Zeitraffer vor meinem inneren Auge vorbeizogen.
    »Ich habe angenommen, du wüsstest das alles. Ich will nicht, dass sich deine Beziehung zu Dad genauso entwickelt.«
    Ich nickte matt und starrte wie in Trance auf das Nummernschild des Wagens vor mir. »Okay, vielleicht ruf ich ihn mal an.«
    Schließlich hatte es in den letzten Tagen so viele Veränderungen gegeben. Was machte da schon eine weitere aus?
    Ich legte auf und steuerte meinen Range Rover wieder auf die Fahrbahn. Allmählich lichtete sich der Dschungel. Jetzt erschien es mir völlig logisch, dass Julia so überfürsorglich über ihre einzige Tochter wachte und versuchte, Hannah vor der Welt zu beschützen, der sie selbst nie zu verzeihen gelernt hatte … genau wie ich.
    Mit einem Mal wurde mir klar, dass Julia und mich viel mehr verband, als ich angenommen hatte. Und doch war ich unendlich froh darüber, dass uns die Entscheidungen, die ich in dieser Woche – und in den vergangenen zwei Minuten – getroffen hatte, so grundsätzlich voneinander unterschieden.
    Die wichtigste all dieser Entscheidungen betraf die Angelegenheit, mit der ich mich als Nächstes auseinandersetzen musste.
    Als ich vor Karen Howards Haus hielt, spürte ich, wie sich die Schmetterlinge in meinem Bauch vermehrten. Das war’s. Mein letzter Auftrag. Die letzte Millionärsvilla, in die ich je einen Fuß setzen würde. Die letzte misstrauische Hausfrau, die ich zu trösten versuchen würde. Und in ein paar Tagen
der letzte treulose Ehemann, dem ich erlauben würde, mich zu küssen.
    Ich fing endlich an, loszulassen. Zu meiner großen Erleichterung – und der meiner Mutter.
    Ich dachte an meine Überzeugung, den Menschen helfen zu können. Das hatte ich auch getan. Ich hatte vielen geholfen. Selbst wenn mir nie die Genugtuung vergönnt gewesen war, hinterher mit Sicherheit sagen zu können: »Es war das Beste für alle Beteiligten«, war ich doch insgeheim davon überzeugt. Denn ich hatte am eigenen Leib erlebt, was geschieht, wenn Untreue unentdeckt bleibt, wie Familien zerbrechen, wenn man die Augen vor den Tatsachen verschließt.
    Ich hatte mir auch sämtliche Konsequenzen dieser Entscheidung bewusst gemacht. Künftig würden wieder mehr Frauen das Schicksal meiner Mutter – und das von Julias Mutter – teilen müssen. Irgendwann kommt eben der Tag, an dem der Superheld eine Auszeit braucht. Wenn er vergeblich auf Verstärkung wartet, wenn er das Gefühl hat, dass seine aus Lügen und Vertuschungsversuchen

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