Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
auseinandernehmen – den Anrufbeantworter, das Telefon, meinen brandneuen Computer.« Er lachte leise bei der Erinnerung, dann fügte er hinzu: »Sie ist sehr clever.«
»Und im Umgang mit Männern, ist sie da auch so selbstbewusst?«
Diese Frage war ihm sichtlich unangenehm. Vermutlich hatte er sich aus dem Liebesleben seiner Tochter bislang tunlichst
herausgehalten. So verlegen hatten ihn seine Angestellten bestimmt noch nicht gesehen.
»Eher nicht... Jedenfalls habe ich nicht den Eindruck. Sie hat meist eine gewisse Zurückhaltung an den Tag gelegt... wenn es darum ging, sich mit Männern zu treffen oder zu unterhalten. Dabei könnte man annehmen, jemand, der in einer derart von Männern dominierten Branche tätig ist, müsste an den Umgang mit dem anderen Geschlecht gewöhnt sein. Im Grunde kann ich diesbezüglich nur Vermutungen anstellen; sie hat mit mir kaum über diese Dinge gesprochen.«
Ich nickte. »Gut. Dann beginne ich also mit einer ›zufälligen‹ Begegnung am Pokertisch, gefolgt von einer zweiten in irgendeinem Club oder wo auch immer Parker mit seinen Kumpels später feiert. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass Männer, wenn sie fremdgehen, das normalerweise mit einer Frau tun, die das genaue Gegenteil ihrer Ehefrau oder Freundin ist. Die Kirschen aus Nachbars Garten schmecken ja bekanntlich immer besser. Ich werde deshalb als selbstbewusste Frau auftreten, die gerne flirtet und obendrein eine begnadete Pokerspielerin ist.«
Mr. Ireland hob eine Augenbraue. »Spielen Sie denn gut Poker?«
Ich lächelte zuversichtlich. »Noch nicht, aber bald.«
Er lehnte sich lachend zurück, erheitert von meinem Optimismus, ohne auch nur eine Sekunde daran zu zweifeln.
Das ist einer der großen Vorzüge meiner Arbeit: Man hat die Gelegenheit, ständig neue Dinge zu lernen – und wird auch noch dafür bezahlt. Solche Jobs sind rar.
»Normalerweise beginnen diese Junggesellenpartys schon am Freitagabend, und am Samstag geht es dann so richtig zur Sache... wenn der Alkohol in Strömen fließt... da passieren die ›Fehltritte‹. Ich werde mir Parker daher am Samstag vorknöpfen.«
Roger kratzte sich am Kopf. Kamen ihm jetzt etwa doch Bedenken? Nun war es an mir, ihn in seiner Entscheidung zu bestärken.
»Es war gut, dass Sie mich angerufen haben«, versicherte ich ihm. »Es ist immer klüger, den Treuetest vor der Heirat durchzuführen. Auf diese Weise hätten sich viele meiner Klienten eine Menge Kummer erspart.«
Ich wünschte tatsächlich, meine Aufträge würden sich auf Junggesellenpartys und misstrauische Verlobte beschränken. Da gab es noch nicht so viele Komplikationen. Kein Gerangel um Kinder und Häuser, keine rechtlich bindenden Verpflichtungen. Wenn doch nur alle so weit vorausdenken und mich vor der Hochzeit engagieren würden... Denn wie heißt es so schön: Vorsicht ist besser – und im Scheidungsfall meist weitaus billiger – als Nachsicht.
»Sie haben recht. Entschuldigen Sie. Das ist alles nicht so einfach für mich. Ich möchte nicht, dass Lauren verletzt wird.«
»Das kann ich sehr gut nachvollziehen«, sagte ich mitfühlend. »Und es wird hoffentlich nicht so weit kommen.«
Es war im Grunde eine Win-Win-Situation. Das ist es immer. Bleibt die Testperson standhaft, kann ich von Herzen gratulieren. Aber auch wenn nicht, hat die Sache durchaus ihr Gutes, nur dauert es meist eine Weile, bis der Nutzen erkannt wird.
Sogar ich hatte etwas davon: Wenn Parker Colman kommendes Wochenende nicht bestand, dann würde es ein scheinheiliges Ehegelübde weniger geben, um das ich mich in Zukunft kümmern musste.
»Wie viele Ihrer Kandidaten scheitern denn an diesem … Test?«, erkundigte sich Roger vorsichtig, als wüsste er nicht recht, ob er die Antwort wirklich hören wollte.
»Ungefähr die Hälfte«, schwindelte ich ohne zu zögern.
Das tue ich immer, wenn mir diese Frage gestellt wird. Ich halte es nicht für sinnvoll, sie wahrheitsgemäß zu beantworten, denn die echte Quote würde meine Auftraggeberinnen nur in die Verzweiflung treiben. Das Warten auf das Resultat war auch so schon schwer genug zu ertragen. Fünfzig zu fünfzig, das war eine glaubwürdige Aussage, die den Klienten ihre Hoffnung ließ – und falls das Testobjekt doch versagte, klang das Ergebnis trotzdem einigermaßen plausibel.
»Na, das geht ja noch«, sagte Roger Ireland denn auch prompt. »Ich hatte gedacht, es wäre schlimmer.« Er lachte leise. »Ich bin wohl ein rechter Zyniker.«
Ich hielt mich
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