Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
zu Stadt flog, um irgendeinem untreuen Unhold das Handwerk zu legen. Mein geheimes zweites Ich hatte ja sogar einen Namen. Jetzt musste ich nur noch lernen, durch Wände zu sehen... und im Verkehrschaos von Los Angeles nicht die Nerven zu verlieren.
Ich lehnte den Kopf an die Nackenstütze und rieb mir mit dem Handrücken die Stirn. Ich war müde – ich hatte einen langen Tag hinter mir. »Kurze« Tage gab es bei mir eigentlich nicht. Ich war fast durch die Bank erschöpft, aber es lag mir fern, mich zu beschweren.
Schließlich hatte ich mir meinen Job selbst ausgesucht.
Und Superman beschwert sich schließlich auch nicht, wenn er mal wieder Überstunden machen muss.
4
Fantasie in Dunkelblau
Achtzehn Uhr. Das Studio war proppenvoll. Horden von Menschen versuchten, die im Laufe des Tages begangenen kulinarischen Ausrutscher abzuarbeiten. Die älteren Herren waren hier, um ihre Schwimmreifen zu verkleinern, die jüngeren, um den Umfang ihrer Oberarme zu vergrößern. Und die vierzigjährigen Hausfrauen, die sich mit Hilfe sündteurer Operationen ihre Schönheit erhielten, versuchten mit ihren knackigen zwanzigjährigen Konkurrentinnen mitzuhalten, die es meisterhaft verstanden, sich auf dem Ellipsentrainer nur so weit anzustrengen, dass ein schimmernder Schweißfilm ihre gebräunten Bauchmuskeln überzog, nicht aber ihr natürlich aussehendes Make-up dahinschmolz.
Ich schob meinen iPod in die Halterung und befestigte selbige am Hosenbund meiner Shorts, dann drückte ich die Garderobentür auf. In die Musik vertieft marschierte ich mit gesenktem Kopf an der langen Warteschlange vor den Cross-Trainern vorbei zu den Laufbändern. Das ging ja hier zu wie auf dem Jahrmarkt!
Mein wöchentliches Fitnessprogramm besteht aus zweimal dreißig Minuten Cardio-Training und zwei Stunden Pilates in einem Studio in Santa Monica. Heute hatte ich bloß
knappe zwanzig Minuten Zeit, wenn ich zu meinem nächsten Termin nicht zu spät kommen wollte.
Während ich mich aufwärmte, fühlte ich Blicke auf mir ruhen. Nach außen hin sah ich aus wie jede andere Fitnessclubbesucherin zwischen zwanzig und dreißig, die sich schlank hungert, um sich einen reichen Ehemann angeln zu können – und in fünf Jahren einen noch reicheren.
Aber ich bin nicht wie sie. Ganz im Gegenteil.
Zwar bin ich genauso gut in Form, und auch meine olivfarbene Haut schimmert, wenn ich anfange, zu schwitzen. Aber unsere Motive unterscheiden sich wie Tag und Nacht.
Ja, ich trainierte, um mit meinem Körper die Aufmerksamkeit der Männer auf mich zu ziehen.
Aber nicht, um heiratswillige reiche Männer aufzugabeln, sondern um sie beim Seitensprung zu ertappen.
Ich musste aussehen wie all diese anderen Frauen hier, denn genau diese Frauen sind es, mit denen reiche Männer ihre Gattinnen betrügen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.
Ich suchte auf dem iPod einen schnellen Rock-Song, erhöhte die Geschwindigkeit meines Laufbandes und trabte los. Nach zwei Minuten spürte ich, wie sich die ersten Schweißperlen auf meiner Stirn bildeten.
Es war ein herrliches Gefühl, im Takt der Musik dahinzugaloppieren. So befreiend. Ein richtiger Energieschub für den Körper. Nachdem ich zwanzig Minuten ordentlich Gas gegeben hatte, drückte ich den Cool-Down -Knopf, um das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit zu drosseln. Ich trocknete mir mit dem Handtuch das Gesicht ab und rückte meinen Pferdeschwanz zurecht.
Dabei streifte mein Blick den jungen Mann auf dem Laufband neben mir.
Er war Mitte zwanzig und nicht unattraktiv – hellbraunes Haar, sanfte Augen, durchtrainierter Körper.
Als sich unsere Blicke trafen, lächelte er.
Ich lächelte höflich zurück und wollte mich eben wieder abwenden, da bemerkte ich, dass er die Lippen bewegte. Ich vernahm allerdings nur die unverständlichen Punk-Rock-Texte, die noch immer aus den Ohrstöpseln meines iPod dröhnten.
Einen kurzen Moment zog ich in Erwägung, ihn zu ignorieren. Schließlich trug ich unter anderem aus exakt diesem Grund meine Kopfhörer – als Schutz vor Sportstudio-Smalltalk. Andererseits würde es wohl ziemlich unhöflich wirken, wenn ich so tat, als hätte ich nicht bemerkt, dass er versuchte, mich anzusprechen.
Also zog ich den Stöpsel aus dem rechten Ohr. »Wie bitte?«
Er lachte leise. »Ach, ich sagte nur gerade, ich habe noch nie jemanden mit solcher Begeisterung laufen sehen. Man könnte fast meinen, du wärst vor dem Teufel persönlich davongerannt.«
Ich lachte und strich mir eine feuchte
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