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Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files

Titel: Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Brody
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Unterschied mehr machen. Doch es verhielt sich genau umgekehrt – wenn ich auch nur eine einzige zusätzliche Einzelheit über die gescheiterte Ehe meiner Eltern verarbeiten musste, würde mir das den Rest geben. Der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
    Aber egal, wie es dazu kam – Mom fand heraus, dass er eine Geliebte hatte, und sie verließ ihn.
    Es wäre die Untertreibung des Jahrhunderts zu sagen, dass ich erleichtert war. Ungefähr so, als würde man nach Tagen mitten in der Wüste sagen: »Ich habe Durst.« Es lässt sich nicht mit Worten ausdrücken, wie erleichtert ich war.
    Eines Tages hatte sie vor der Tür des winzigen Einzimmerapartments gestanden, in dem ich damals wohnte, und hatte geschluchzt: »Setz dich, Jennifer. Ich muss mit dir reden.«
    Ich war alarmiert, denn sie kam selten allein zu Besuch.
    »Dein Vater und ich sind zu dem Schluss gekommen, dass unsere Ehe nicht mehr funktioniert. Wir finden, es ist das Beste, wenn wir uns scheiden lassen«, eröffnete sie mir.
    Meine Tränen waren echt, auch wenn es sich nicht, wie meine Mutter annahm, um die Tränen eines Kindes handelte, dessen Familie soeben zerbrochen war. Es waren Tränen der Freude und vor allem Tränen der Erleichterung über meine
Befreiung, nach den langen Jahren der Gefangenschaft in einem zerfallenden Zuhause.
    »Warum?«, fragte ich neugierig, erwartungsvoll. Obwohl – oder besser, weil – ich die Antwort bereits kannte.
    Sie zog die Nase hoch, legte mir die Hand auf die Wange. Ich sah, wie sie mit sich rang, versuchte, stark zu bleiben für ihre Tochter, die unmöglich die Komplikationen einer wegen Ehebruchs gescheiterten Beziehung nachvollziehen konnte. »Ich will ganz ehrlich zu dir sein, Jen. Dein Vater war mir untreu.« Sie schluckte schwer, versuchte, ihren Mut und ihre Fassung wiederzufinden. »Und zwar schon eine ganze Weile. Er hat es mir gestanden, als ich ihn deswegen zur Rede gestellt habe.«
    Jetzt musste ich schlucken, ehe ich hervorwürgte: »Wie lange denn?« Wiederum obwohl ich ziemlich sicher war, dass ich die Antwort kannte. Aber ich musste wissen, was sie wusste. Musste herausfinden, wie ehrlich er gewesen war.
    »Über zehn Jahre«, sagte sie leise und senkte den Kopf.
    Erneut flossen Tränen. Mom umarmte mich, drückte mich an sich, streichelte mir das Haar wie einem Kleinkind. Genauso fühlte ich mich seltsamerweise auch. Es war genau die Art von Trost, die ich brauchte... wenn auch dreizehn Jahre zu spät.
    Ich wusste, jetzt war meine Chance gekommen. Die Chance, ihr alles zu erzählen. Ein einfaches »Ich weiß« würde ausreichen, um meine Welt zu ändern. Mein Leben könnte von vorn beginnen. Ich könnte sogar versuchen, ein wenig von der Kindheit nachzuholen, die ich an so viele schlaflose Nächte und unbarmherzige Ängste verloren hatte. Ich machte den Mund auf, im Begriff, die Worte auszusprechen, die mir Heilung bringen würden.
    Doch meine Mutter kam mir zuvor. »Ich wünschte nur, ich hätte es schon eher gewusst.«

    »Was?« Ich riss in Panik die Augen auf; konnte den Sinn ihrer Worte nicht einmal ansatzweise erfassen. Damals, mit zwölf, war es mir als das einzig Sinnvolle erschienen, sie vor der schmerzlichen Wahrheit zu beschützen. »Manches bleibt besser ungesagt«, hatte mir mein Vater eingeschärft. Diese Logik hatte ich als Erwachsene ungefragt übernommen. Ich hatte mir nie gestattet, meine Entscheidung zu überdenken.
    Sie ergriff nachsichtig lächelnd meine Hand. »Dann hätte ich einen Schlussstrich gezogen und nicht so viele Jahre an einen Mann verschwendet, der mich hintergeht.«
    Und das waren die magischen Worte.
    Nicht nur, weil sie mir absolut einleuchtend erschienen, sondern weil sie das genaue Gegenteil dessen waren, was mich so lange in die Irre geführt hatte. Und weil sie mir so einleuchtend erschienen, musste ich die Tresortür wieder schließen. Wie sollte ich meiner Mutter beibringen, dass ich verantwortlich war für ihr verpasstes Glück? Meine unreife, naive Entscheidung hatte sie im wahrsten Sinne des Wortes Jahre ihres Lebens gekostet.
    Die ganze Zeit über hatte ich angenommen, ich würde sie beschützen, dabei war es mein Vater , den ich damit schützte. Ausgerechnet der Mensch, den ich verabscheute, verachtete, hatte von meinem Schweigen profitiert.
    Man kann beim besten Willen nicht von mir erwarten, dass ich ihm das verzeihe.
    Also behielt ich das Geheimnis weiter für mich... bis zum heutigen Tag.
    Danach habe ich jeden Kontakt zu

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