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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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nur langsam aus ihm heraus.
    »Ihr wolltet mich für tausend Euro kaltmachen?!« Croys Empörung wirkte echt.
    »Ich wäre nicht mal hundert wert«, sagte der Mann.
    Croy steckte ihm eine weitere Zigarette in den Mund und zündete sie an. Kalt sagte er: »Sie sind verhaftet.«
    Er nahm das Diktiergerät und verließ mit schnellen Schritten den Raum.
    Oben erstattete er Becker Bericht und bat ihn, Namen und die Beschreibung von Kovarik und Hilpert zunächst an Kaltenborn und später an die tschechische Polizei weiterzugeben. Er beauftragte Jana Haintlova mit der Abschrift und Weiterleitung des Verhörs, griff nach seinem Gepäck und verließ die Residentur.
    Der Münchner ging ihm nicht aus dem Kopf. Über ihn wollte er mit seinem Vorgesetzten persönlich sprechen.
    Croy machte sich auf den Weg in eine kleine, unauffällige Pension außerhalb des Zentrums. Sie galt als sicher und hatte sich als Polizeiabsteige bewährt. Um kein Risiko einzugehen, wechselte er während des Weges zweimal das Taxi. Eiskristalle glitzerten im Licht der Laternen. Sie knirschten unter seinen Schuhen, als er die letzten 100 Meter zu Fuß zurücklegte. In Gedanken ging er nochmals das Verhör durch. Er war mit dem Ausgang nicht zufrieden.
    Die Vermieterin saß hinter einem billig wirkenden Empfangstisch und schenkte Croy ein Lächeln, das so trocken, müde und verwelkt war, dass es sicherlich sogleich zu Staub zerfiele, wenn man es berührte. Ihr Blick war so schläfrig wie der Ausdruck einer satten Katze. Als sie missmutig in ihrem Anmeldebuch blätterte, sah man die gelblichen Fingerkuppen einer starken Raucherin.
    »Fritz Köhler, Duisburg«, sagte Croy freundlich, bezahlte für zwei Nächte und legte 300 Kronen als Trinkgeld oben drauf.
    Sie griff sich in ihr hochgestecktes schwarzes Haar, rückte es zurecht und kullerte jetzt nicht mehr ganz so müde mit den Augen. Das Herbergsbuch schloss sie ohne einen Eintrag, langte blitzschnell nach dem Geld und sagte mit starkem tschechischem Akzent: »Danke, Herrrr Köhlerrr.«
    Es war ein karges Zimmer mit einer Doppelbettliege, zwei Stühlen aus Eichenholz, einer Kofferablage mit Regalen und einem runden Tisch mit einer Vase, in der eine klägliche Plastikrose steckte. Der Boden war mit Linoleum ausgelegt, das an den Ecken schwarz angelaufen war.
    Croy öffnete die Fenster und atmete die Luft aus Schnee und Holzbrand ein. Während er das heiße Wasser der Dusche genoss, fragte er sich, warum das Attentatsmotiv so einfach war. Oder verbarg sich hinter der politischen Vergangenheit Rumpfs noch sehr viel mehr? Und wo hielt sich der angebliche Attentäter jetzt auf? Wie hieß er gleich? Hilpert? Ein Ex-Stasi-Agent, hatte sein Gefangener gesagt. Kannten er und Michael Storm sich? Wusste Storm von Hilperts Aktivitäten? Machten sie vielleicht sogar gemeinsame Sache? Ihm fiel auf, wie wenig er Storm traute. Und wie sehr er im Grunde Stasi-Agenten verachtete, die sich auch früh in sein Leben eingeschlichen hatten.
     
    Er kam aus der Dusche mit einer gerunzelten Stirn. Offene Fragen machten ihn unzufrieden und verspannt. Er legte sich nieder, konnte aber nicht schlafen. Für solche Situationen hatte Croy eine Taktik entwickelt, die ihm meistens half: Er dachte an Menschen, die er lange nicht gesehen hatte, die er aber mochte, und stellte sich vor, was sie jetzt wohl gerade taten. Heute war es Shirley, eine Amerikanerin, in die er sich als 16-jähriger Schüler im damaligen Ostberlin verliebt hatte …
    Shirley war kleiner als er, mit langen braunen Haaren, grünen Augen, einer kleinen Nase mit Sommersprossen und einem kraftvoll geschwungenen Mund. Sie trug meistens weit geschnittene, geblümte Kleider mit langen Knopfverschlüssen. An ihren Händen glänzten zwei goldene Ringe mit braunen Steinen. Sie war zwei Jahre älter und als Gaststudentin für zwei Semester an der Freien Universität Westberlin in den Fächern Geschichte und Germanistik eingeschrieben. Neugierig auf das Berlin hinter der Mauer, nahm sie den Zwangsumtausch in Kauf, suchte Gespräche in Cafés, auf den Straßen oder ging in die wenigen Tanzclubs im Ostteil Berlins. Im Café der Lindenoper, in den späten Achtzigerjahren eine der beliebtesten Ostberliner Diskotheken, schnipste er, Croy, ihr versehentlich einen glühenden Zigarettenstummel gegen die Beine. Sie schrie auf, er sprang hinzu und kühlte ihre Brandblase mit einer kalten Flasche Wasser. Sie kamen ins Gespräch; sie war begierig darauf, mehr über das Leben in einer

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