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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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Schöpfer, Vishnu als Bewahrer und Shiva als Zerstörer. Und in der griechischen Mythologie teilt sich die Dreiheit der Götter Zeus, Poseidon und Hades die Herrschaft über Menschen und Götter …«
    Kaltenborn, der bis eben noch interessiert zugehört hatte, setzte sich mit einem Ruck auf.
    »Und was soll uns dieser Exkurs sagen, Markus?«
    »Dass wir es bei dem Trias-Vertrag und seinen Initiatoren mit Menschen zu tun haben, die genau wissen, was sie tun. Nehmen wir mal folgendes Szenario an: Russland kann seine über Jahre aufgelaufenen Verbindlichkeiten trotz Rohstoffreichtums nicht mehr zahlen. Die Amerikaner und die Deutschen, die jetzt schon die größten Exportpartner sind, stellen Russland ein Ultimatum. Doch Moskau ist quasi pleite. Also bleibt den Russen gar nichts übrig, als diesen Vertrag zu wollen. Die Deutschen wiederum, die zu 96 Prozent von ausländischen Rohstoffen abhängig sind, haben Russland damit in der Hand. Eine zwar ungleiche Partnerschaft, doch sie würde funktionieren. Dabei wird ein schmählich verlorener Feldzug von einst quasi umgedreht: Die Deutschen erobern ohne Krieg nach mehr als sechs Jahrzehnten auf elegante Weise das halbe Sibirien …«
    »… und erhalten damit auch ihre alte Stärke und ihr Selbstbewusstsein zurück«, ergänzte der Marokkaner. Er sah anerkennend auf den jungen Ermittler.
    »Klingt sehr weit hergeholt.« Kaltenborn wirkte hilflos.
    »Warum?«, fragte sein Gast. »Es mag hart klingen, aber de facto verhält es sich so.«
    »Und was ist mit Amerika?«, warf Kaltenborn ein.
    »Ein starkes Land braucht Konkurrenten nicht zu fürchten«, antwortete Saanigri. »China würde alles geben, um Amerika als erste Wirtschaftsmacht in der Welt abzulösen. Nehmen Sie Russland: Durch die Erlöse des Vertrages wird der Kapitalismus nach und nach erblühen. Endlich werden 280 Millionen Russen zu echten Verbrauchern und garantieren Milliarden an Umsätzen. Trias ist der Schlüssel zu einer gigantischen Gelddruckmaschine.«
    Kaltenborn schluckte.
    Croy hatte verstanden. »Die Frage ist doch, ob Stefan Rumpf mit diesem Vertrag in Zusammenhang zu bringen ist oder nicht. Wenn es wirklich bereits militante Gegner von Trias gibt, könnte er ihr Opfer gewesen sein. Ergo auch sein Amtskollege in Moskau …«
    »Schicken wir doch Beobachter zu der Prager Veranstaltung«, sagte Kaltenborn wie abwesend. »Dann wissen wir genau, was Spread nach Tschechien treibt.«
    Der Marokkaner mahlte mit den Zähnen.
    »Ich schlage vor, zwei V-Leute als Übersetzer und Croy als Beobachter einzuschleusen«, fuhr Kaltenborn fort. Der Marokkaner nickte, drückte seine Zigarette aus, klappte die Mappe zu und nahm sich Hut und Mantel. Er verstaute das Geldpäckchen in einer Innentasche.
    »Es hat mich sehr gefreut«, sagte er, die Türklinke in der Hand.
    Beide hörten, wie er sich im Sekretariat den schnellsten Weg nach Frankfurt am Main beschreiben ließ.
    »Wenn dies alles so stimmt«, sagte Kaltenborn zu Croy, »waren wir bei unseren Ermittlungen auf dem falschen Dampfer. Der Marokkaner ist sein Geld wert.« Croy nickte matt. Er hatte das Gefühl, dass sich eine riesige Spirale immer weiter aufdrehte.
    Gleichzeitig stiegen Zweifel in ihm auf. Er war etwas verwundert, wie offen Kaltenborn und Saanigri miteinander geredet hatten, und hielt ein gesünderes Misstrauen für angebrachter. Croys Hang dazu, nicht immer sofort zu glauben, was andere als offenkundige Tatsache hinnahmen, trat im Verlauf seiner Ermittlungen immer offener zu Tage. Tief im Innern fühlte er sich von Falschspielern umgeben. Nicht einmal Gabriela Malichova hatte ihm wirkliches Vertrauen eingeflößt. Und Michael Storm? Was trieb er in diesem Augenblick?
    »Vielleicht ist Spread ja tatsächlich eine Art Schlüssel zu dem ganzen Schlamassel«, sagte er wie zu sich selbst. »Wir sollten ihn uns mal näher ansehen.« Kaltenborn brummte seine Zustimmung. Im Beisein Croys ließ er sich von ihrer gemeinsamen Sekretärin Witha ins Bundeskanzleramt verbinden und drängte auf ein persönliches Gespräch mit der Regierungschefin am kommenden Tag. Als Nächstes sprach er mit Washington und bat um Amtshilfe bei seinem Gegenüber im FBI-Hauptquartier. Deutschen Ermittlern Auskünfte über amerikanische Staatsbürger zu geben, war seit dem Anschlag auf das World Trade Center keine Selbstverständlichkeit mehr. Zu tief saß auch bei den Amerikanern das Misstrauen, die Deutschen könnten auf Grund ihres Rechtssystems mutmaßliche Terroristen an der

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