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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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ich Sie als Richter will!«
    »Ein Stichwort!«, bettelte Frodeleit.
    Bromscheidt schwieg einen Augenblick.
    »Ohne Ihre Hilfe wird es nicht gehen«, setzte Frodeleit mit mildem Druck nach.
    »Parteiverrat«, schallte es endlich zurück. Dann verloren sich Bromscheidts Schritte im Nichts.
    Stephan blickte in den pechschwarzen Stollen. Wie konnte sich Bromscheidt ohne Licht so sicher darin bewegen? Er starrte ins Schwarze, dann hob er die Kleidungsstücke auf. Stephan sah auf die verschlossene Tür zu dem Stollen, in dem sich Dörthe und Hubert Löffke befanden.
    »Nicht dahin!«, warnte Frodeleit. »Sie haben gehört, was Herr Bromscheidt gesagt hat. Kommen Sie! Wir gehen wieder in unser Refugium zurück.«
    Refugium. Stephan staunte über Frodeleits Bezeichnung.
    »Was heißt Parteiverrat genau?«, wollte Marie wissen, als sie wieder an dem Holztisch saßen.
    »Es ist ein schwerwiegender Vorwurf«, erklärte Frodeleit. »Parteiverrat liegt vor, wenn ein Anwalt in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand dient, gewissermaßen also beide Seiten vertritt und damit zwangsläufig die eine Partei gegen die andere verrät.«
    »Also ist Bromscheidt ein früherer Mandant von Löffke«, folgerte sie.
    »Aber er behauptet, Bromscheidt nicht zu kennen«, gab Stephan zu bedenken. »Halten Sie es für möglich, dass er seine Partei verrät, Herr Frodeleit?«
    »Sie stellen Fragen, Herr Knobel!« Frodeleit sah Stephan verständnislos an. »Sie arbeiten doch mit ihm zusammen! Sie kennen ihn aus dem Kanzleialltag heraus, nicht ich!«
    »Aber Sie sind sein Freund«, hielt Stephan dagegen.
    »Man schaut den Leuten nur vor den Kopf«, wusste Verena. »Hubert erzählt viel und blumig, das wissen wir alle. Aber er würde sicher niemals gestehen, dass er eine Partei verraten hat.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so etwas tut«, meinte Stephan. »Er hat seine Macken, er hat sie sogar reichlich, aber er verhält sich nicht ungesetzlich.«
    »Er prahlt damit, dass er jeden einzelnen Mandanten wie eine Kuh melkt, damit seine Umsätze wachsen«, ergänzte Verena.
    »Auch das wird er so nicht sagen«, vermutete Marie.
    »Tut er auch nicht«, erwiderte Verena. »Ich weiß es von Dörthe. Sie hat genug unter ihm zu leiden. Was meinen Sie denn, was sie erzählt, wenn ich mich mit ihr treffe?«
    Frau Frodeleit hielt inne und wartete auf die mit dieser Aussage in den Mund gelegte Nachfrage.
    »Was erzählt sie denn?«, fragte Marie gehorsam.
    »Dass er Gebühren produziert. Er lutscht jeden Fall aus, wie er sich ausdrückt. Hubert ist doch ganz versessen darauf, jeden Tag die meisten Posteingänge und an jedem Monatsende die höchsten Umsätze zu erzielen.«
    »Das stimmt«, bekräftigte Stephan.
    »Es kommt nicht von ungefähr, dass Dörthe in den letzten Jahren so zugelegt hat«, fuhr Verena fort. »Sie trainiert schon mindestens ein Jahr BOP.«
    »BOP?«, wiederholte Stephan fragend.
    »Brust, Oberschenkel, Po. Dörthe ist ziemlich aus den Fugen geraten.«
    »Ich glaube, du redest jetzt dumm«, unterbrach Frodeleit seine Frau.
    »Mir tut es jedenfalls leid, dass sie jetzt für ihn büßen muss«, hielt sie dagegen.
    »Wir haben ihr nichts von dem Essen aufbewahrt«, erinnerte Marie.
    »Was auch nicht verwerflich ist«, konterte Frodeleit. »Oder wie stellen Sie sich Ihre Mildtätigkeit vor? Hätten Sie den Schneid gehabt, vorhin mit ein paar Mettwürstchen und Brötchen in den anderen Stollen zu gehen, Frau Schwarz? Hatten Sie den Mut, gegen Bromscheidts Anweisungen zu handeln?«
    »Wir haben es nicht einmal versucht«, sagte Marie leise.
    »Sie haben den Funkenregen an der Lichtschranke gesehen, Frau Schwarz! Sie haben Bromscheidts gute Seiten vor einigen Stunden erlebt: der joviale Erzähler, der integrierende Moderator, sensibel und differenziert. Aber Sie haben auch den anderen Bromscheidt erlebt: kalt, berechnend und zynisch im Arrangement seiner technischen Spielereien. Jetzt sagen Sie mir bitte, dass Sie den Schneid haben, sich diesem Menschen zu widersetzen und etwas zu tun, was er strengstens verboten hat. – Nun, Frau Schwarz?«
    Marie schwieg. Ihr stiegen die Tränen in die Augen.
    »Ich denke die ganze Zeit fest an Dörthe«, bekannte Verena. »Es weiß ja keiner, was sie alles aus der Ehe erzählt hat. Immer, wenn wir uns treffen und ein, zwei Sekt getrunken haben, löst sie sich. Sie hat es nicht einfach.«
    »Ach ja? Und was rätst du ihr?«, fragte Frodeleit irritiert.
    »Sie ist halt eine Frau«,

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