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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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blieb Verena unbestimmt.
    Stephan unterbrach. »Er will Sie als Richter«, wandte er sich an Frodeleit. »Er privilegiert Sie. Was hat er vor?«
    »Er ist wahnsinnig«, entfuhr es Frodeleit. »Er hat Gerechtigkeit eingefordert. Wenn er sich ernst nimmt, treibt er nicht solche üblen Spiele.«
    »Ich glaube nicht, dass ihn das interessiert«, meinte Marie. »Er will Löffke zur Strecke bringen. Und er will ein Tribunal. Soweit scheint alles klar.«
    »Lass dich nicht missbrauchen!« Verena fasste ihren Mann an den Arm. »Du weißt, was ich meine.«
    »Es geht hier ja nicht um Rechtsstaatlichkeit«, wiegelte Frodeleit ab. »Wir sind in den Händen eines Verbrechers oder eines Verrückten. Vielleicht ist es auch nur ein dummes Spiel. Aber in jedem Fall gelten hier andere Maßstäbe.«
    »Was ist das eigentlich mit dem VROLG?«
    Marie sprach die die Dienstbezeichnung kennzeichnenden Buchstaben wie ein unverdauliches Wort aus.
    »So redet nur, wer keine Ahnung hat«, tadelte Verena. »Weiter oben trennt sich die Spreu vom Weizen. Und wer zum Vorsitz berufen wird, hat sich bewährt. Es geht hier nicht um Geld, Frau Schwarz! Der Vorsitz ist mehr. Der Vorsitz ist eine eigene Welt!«
    »Der Vorsitzende darf den Anwalt darauf hinweisen, dass er mit Langbinder in der Verhandlung zu erscheinen hat«, sprang Stephan Marie bei. »Und er darf, wenn der Senat zum Mittagessen in die Gerichtskantine geht, vor den Beisitzern die Bestellung aufgeben.«
    »Sie haben keinen Respekt, Kollege Knobel, und Sie, Frau Schwarz, offensichtlich auch nicht!«
    Frodeleit lud sich auf. »Glauben Sie mir: Im normalen Leben würden wir uns über diese Fragen vernünftig auseinandersetzen und ich schwöre Ihnen, dass Sie einlenken müssten. Die tägliche Justiz spielt sich in einem Regelwerk ab, das Sie in keinem Gesetz finden, aber gleichwohl Gültigkeit beansprucht.«
    »Aber wir sind hier nicht im normalen Leben. Wir sind 15 Meter unter dem normalen Leben«, entgegnete Stephan. »Sie sagen doch selbst, dass hier andere Maßstäbe gelten.«
    Frodeleit überging Stephans Einwand. »Wenn wir uns hier entzweien, haben Sie nichts verstanden«, sagte er schließlich.
    »Ich bringe Dörthe jetzt ihre Jacke«, entschied Marie und erhob sich. »Sie wird sie brauchen.«
    »Sie sind wohl wahnsinnig!«, schrie Frodeleit.
    »Kommst du mit?« Marie sah auf Stephan und hielt Dörthes Jacke vor der Brust wie einen Schatz.
    Stephan zögerte. Wie oft hatte er Marie recht gegeben, wenn sie, in ihren Ansichten stets konsequenter als er, von ihm einforderte, sich klar zu positionieren. In kleinen Dingen fiel ihm dies leicht.
    »Kommst du jetzt?« Sie hielt ihre Hand ausgestreckt.
    »Ich glaube nicht, dass Bromscheidt das zulassen wird«, antwortete Stephan, ohne aufzublicken.
    »Stephan!« Maries Stimme war fest und fordernd.
    »Sie sind naiv, Frau Schwarz«, fuhr Frodeleit dazwischen. »Sie müssen lernen, Ihre Grenzen zu erkennen! Es ehrt Sie ja, dass Sie der guten Dörthe helfen wollen, aber Sie werden Dörthe nicht nur nicht helfen, sondern uns allen schaden.«
    »Geht es darum, Herr Frodeleit? Ist das Ihr Sinn von Gerechtigkeit?« Marie behielt Frodeleit im Visier.
    »Über Gerechtigkeit ist nicht zu reden, wenn wir in einer Zwangslage sind, in der ehrenvolle Prinzipien mit den Füßen getreten werden. Glauben Sie denn, mir täten die Löffkes nicht leid? Es ist doch keine Frage, dass wir zu ihnen halten. Aber mehr ist im Moment nicht drin. Wir können ihnen nicht helfen. Ich bin mir sicher, dass die beiden fühlen, dass wir bei ihnen sind.«
    »Stephan, kommst du jetzt?« Marie entschloss sich trotz der Belehrung Frodeleits zum Handeln. Ihre Hand blieb ausgestreckt.
    Stephan schaute nach wie vor auf den Boden und bemerkte nur aus den Augenwinkeln, wie Marie ihre Hand langsam sinken ließ.
    »Ihr Freund hat den Ernst der Lage erkannt, Frau Schwarz. Es geht hier nicht um das Wollen, es geht um das Können«, belehrte Frodeleit.
     
    Marie durchquerte die Halle und blieb vor der verschlossenen Tür zum gegenüberliegenden Stollen stehen. Vorsichtig drückte sie den eisernen Griff herunter. Die Tür war verschlossen. Bromscheidt musste sie versperrt haben, als sie gierig die Schlachtplatte verschlungen haben.
    »Frau Schwarz?«, tönte es mit freundlicher Strenge durch die Halle. »Was machen Sie denn da?«
    Es klang, als habe ein Vater sein Kind mit verbotenen Süßigkeiten erwischt.
    »Sie wissen doch, dass Sie das nicht dürfen!«
    Marie blickte in die Ecke, wo sich

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