Tricks
verheiratet?«
Juliet hatte ihnen von Erics Frau erzählt, von seiner Fürsorge in den acht Jahren, die sie nach ihrem Autounfall noch gelebt hatte.
»Ann? Ja. Ich weiß nicht genau. Aber doch. Ich glaube schon. Ja.«
Sara rief zu den Vordersitzen: »Wäre es nicht schön, für ein Eis anzuhalten?«
»Wir haben welches zu Hause im Kühlschrank«, rief Sam zurück. Und fügte, nur für Juliets Ohren bestimmt, leise, erschreckend hinzu: »Führ sie irgendwohin aus, und sie zieht eine Schau ab.«
Die Fenster waren noch heruntergekurbelt, der warme Wind blies durchs Auto. Es war Hochsommer – eine Jahreszeit, die nach Juliets bisherigen Erfahrungen nie bis zur Westküste vordrang. Die Laubbäume ballten sich an den fernen Enden der Felder zusammen und bildeten blauschwarze Schattenhöhlen, und die Kornfelder und Wiesen vor ihnen waren unter dem harten Sonnenlicht golden und grün. Kräftige junge Pflanzen, Weizen und Gerste und Mais und Bohnen – fast taten sie den Augen weh.
Sara sagte: »Um was dreht es sich in dieser Konferenz? Auf den Vordersitzen? Wir hören hier hinten nichts, durch den Wind.«
Sam sagte: »Nichts Besonderes. Hab Juliet nur gefragt, ob ihr Partner immer noch bei der Fischerei ist.«
Eric verdiente seinen Lebensunterhalt als Krabbenfischer, und das schon seit langer Zeit. Er hatte mal Medizin studiert. Doch dieses Studium hatte er abbrechen müssen, weil er bei einer Freundin (nicht seiner eigenen) eine Abtreibung vorgenommen hatte. Alles war gut gegangen, aber die Geschichte war irgendwie herausgekommen. Juliet hatte daran gedacht, ihren liberal gesinnten Eltern davon zu erzählen. Vielleicht, weil sie ihn als gebildeten Mann hinstellen wollte, der nicht einfach nur ein Fischer war. Aber warum sollte das von Bedeutung sein, besonders jetzt, wo Sam Gemüsehändler werden wollte? Außerdem war auf ihre liberale Gesinnung womöglich nicht so viel Verlass, wie sie gedacht hatte.
*
Es gab mehr zu verkaufen als nur frisches Gemüse und Beeren. Marmelade, Saft in Flaschen und Relish wurden in der Küche hergestellt. Am ersten Morgen von Juliets Besuch entstand gerade Himbeermarmelade. Irene waltete am Herd, ihre Bluse war nass vor Schweiß oder vom Dampf und klebte zwischen den Schulterblättern an ihrer Haut. Hin und wieder warf sie rasch einen Blick auf den Fernseher, der über den hinteren Flur zur Küchentür gerollt worden war, sodass man sich daran vorbeizwängen musste, um in die Küche zu gelangen. Eine Vormittagssendung für Kinder lief, und auf dem Bildschirm war ein Zeichentrickfilm über den dümmlichen Elch Bullwinkle zu sehen. Ab und zu lachte Irene laut über die Kapriolen der Zeichentrickfiguren, und Juliet lachte ein wenig mit, um kameradschaftlich zu sein. Irene nahm davon keine Notiz.
Einiges musste beiseitegeräumt werden, damit Juliet für Penelopes Frühstück ein Ei kochen und zerdrücken und für sich selbst Kaffee und Toast bereiten konnte. »Ist das genug Platz?«, fragte Irene, in ihrer Stimme schwang Zweifel mit, als sei Juliet ein Eindringling, dessen Ansprüche sich nicht voraussehen ließen.
Von Nahem war zu sehen, dass auf Irenes Unterarmen zahlreiche feine schwarze Härchen wuchsen. Einige wuchsen auch auf ihren Wangen, direkt vor ihren Ohren.
Auf ihre verstohlene Art beobachtete sie alles, was Juliet tat, sah zu, wie sie an den Herdknöpfen herumdrehte (weil sie sich anfangs nicht erinnern konnte, zu welchen Flammen sie gehörten), sah zu, wie sie das Ei aus dem Kochtopf nahm und pellte (wobei die Schale sich nicht leicht wie sonst in großen Stücken entfernen ließ, sondern nur widerwillig in kleinen Splittern), und sah dann zu, wie sie sich eine Untertasse aussuchte, um das Ei darauf zu zerdrücken.
»Die darf sie aber nicht auf den Boden fallen lassen.« Das bezog sich auf die Porzellanuntertasse. »Haben Sie denn kein Plastiktellerchen für sie?«
»Ich werde aufpassen«, sagte Juliet.
Es stellte sich heraus, dass Irene auch Mutter war. Sie hatte einen dreijährigen Jungen und eine nicht ganz zwei Jahre alte Tochter. Sie hießen Trevor und Tracey. Deren Vater war im vergangenen Sommer bei einem Unfall auf der Hühnerfarm, bei der er arbeitete, ums Leben gekommen. Irene selbst war drei Jahre jünger als Juliet – zweiundzwanzig. Die Informationen über ihre Kinder und ihren Mann erhielt Juliet als Antwort auf ihre Fragen, und das Alter ließ sich aus dem errechnen, was sie als Nächstes äußerte.
Als Juliet sagte: »Oh, tut mir leid«, auf den
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