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Tricks

Tricks

Titel: Tricks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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sie, Juliet, noch immer in Vancouver wohnte. Sie hatte Heather nichts von dem Bruch erzählt. Bestimmt nicht. Wenn Heather davon gewusst hätte, hätte sie nicht so unbefangen mit ihr gesprochen.
    Woher wusste Penelope, dass sie immer noch hier war, oder hatte sie im Telefonbuch nachgeschaut? Und wenn ja, was hatte das zu bedeuten?
    Nichts. Interpretiere nicht irgendetwas hinein.
    Sie ging zu Gary, der sich taktvoll vom Schauplatz des Wiedersehens entfernt hatte.
    Whitehorse, Yellowknife. Es tat wirklich weh, die Namen dieser Orte zu wissen – Orte, zu denen sie hinfliegen konnte. Orte, wo sie durch die Straßen schlendern und Pläne schmieden konnte, um einen Blick zu erhaschen.
    Aber so verrückt war sie nicht. So verrückt durfte sie nicht sein.
    Beim Essen dachte sie, dass die Neuigkeiten, die sie gerade erfahren hatte, es ihr einfacher machten, Gary zu heiraten oder mit ihm zusammenzuziehen – was immer ihm lieber war. Sie musste sich um Penelope keine Sorgen mehr machen, sich für nichts mehr bereithalten. Penelope war kein Phantom, sie war in Sicherheit, so weit man nur in Sicherheit sein konnte, und sie war vermutlich so glücklich, wie man nur sein konnte. Sie hatte sich von Juliet gelöst und höchstwahrscheinlich auch von ihren Erinnerungen an Juliet, und Juliet konnte nichts Besseres tun, als sich ihrerseits lösen.
    Aber Penelope hatte Heather erzählt, dass Juliet in Vancouver wohnte. Hatte sie
Juliet
gesagt? Oder
Mutter. Meine Mutter
.
    Juliet erzählte Gary, dass Heather die Tochter von alten Freunden sei. Sie hatte mit ihm nie über Penelope gesprochen, und er hatte nie zu erkennen gegeben, ob er von Penelopes Existenz wusste. Es war möglich, dass Christa es ihm erzählt hatte und dass er aus der Überzeugung, es gehe ihn nichts an, geschwiegen hatte. Oder dass Christa es ihm gesagt und er es vergessen hatte. Oder dass Christa nichts von Penelope erwähnt hatte, nicht einmal ihren Namen.
    Sollte Juliet mit ihm zusammenleben, dann würde die Tatsache, dass es Penelope gab, nie an den Tag kommen, Penelope würde nicht existieren.
    Penelope existierte ja auch gar nicht. Die Frau, die Heather in Edmonton getroffen hatte, die Mutter, die mit ihren Söhnen nach Edmonton geflogen war, um ihnen Schuluniformen zu besorgen, deren Gesicht und Körper sich so verändert hatten, dass Heather sie nicht erkannte, war niemand, den Juliet kannte.
    Glaubte Juliet das?
    Falls Gary sah, dass sie aufgeregt war, so gab er vor, nichts davon zu bemerken. Aber wahrscheinlich wurde an diesem Abend beiden bewusst, dass sie nie zusammenleben würden. Wenn es für beide möglich gewesen wäre zusammenzuleben, dann hätte Juliet ihm sagen können:
Meine Tochter ist fortgegangen, ohne sich von mir zu verabschieden, und wahrscheinlich wusste sie damals gar nicht, dass sie fortging. Wusste nicht, dass es für immer war. Dann, glaube ich, ist ihr allmählich klar geworden, wie sehr es ihren Wünschen entsprach fortzubleiben. Es ist nichts weiter als eine Möglichkeit, die sie für sich gefunden hat, ihr Leben zu führen.
    Vielleicht schreckt sie der Gedanke ab, mir alles erklären zu müssen. Oder sie hat dafür einfach keine Zeit. Weißt du, wir haben immer die Vorstellung, dass es diesen oder jenen Grund geben muss, und wir bemühen uns immer, die Gründe für alles herauszufinden. Und ich könnte dir viel darüber erzählen, was ich falsch gemacht habe. Aber ich glaube, der Grund kann etwas sein, was sich nicht so leicht ausgraben lässt. Etwas wie Lauterkeit in ihrem Charakter. Ja. Eine Feinheit und Strenge und Lauterkeit, eine eiserne Ehrlichkeit in ihr. Mein Vater sagte immer von jemandem, den er nicht leiden konnte, er habe keine Verwendung für diesen Menschen. Könnten diese Worte nicht einfach das bedeuten, was sie sagen? Penelope hat keine Verwendung für mich.
    Vielleicht kann sie mich nicht ausstehen. Möglich ist es
.
    *
    Juliet hat Freunde. Jetzt nicht mehr so viele – aber Freunde. Larry kommt weiterhin zu Besuch und macht Witze. Sie betreibt weiter ihre Studien. Das Wort
Studien
beschreibt nicht sehr gut, was sie tut –
Recherchen
wäre besser.
    Und da sie zu wenig Geld hat, arbeitet sie einige Stunden wöchentlich in dem Café, wo sie früher so viel Zeit an den Straßentischen verbracht hat. Sie findet, diese Arbeit ist ein guter Ausgleich für ihre Beschäftigung mit den alten Griechen – ein so guter, dass sie glaubt, sie würde nicht damit aufhören, auch wenn sie es sich leisten könnte.
    Sie hofft

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