Trickser: Sammelband: Der Iril-Konflikt - Zwischen allen Fronten (German Edition)
Cygon-Trichter durch die der Konvoi in den Hyperraum wechselte. Mit funkelnden Segeln fuhren sie die letzte Etappe Richtung Baikasch.
***
Lenkas Diner war eine Institution für alle, die sich in der Roten Allee auskannten. Obwohl die Allee tief im Gebiet der Aristos lag, war das Diner neutral. Hier waren Gäste aller Banden und Welten willkommen, und sie alle hielten sich an die einzige Regel: keine Geschäfte! Das war auch nicht weiter schwer, denn im Lenkas gab es das beste Hühnchen, das kälteste Bier, die leckersten Nudeln, das saftigtste Rebsteak, perfekt goldbraun frittierte Kartoffelscheiben, den süßsauersten Süßsauertofu und den feinsten Whiskey. Hier wurde gegessen und getrunken, alles andere wäre reine Zeitverschwendung gewesen. Natürlich entsprach die Aufmachung des Diners nicht einmal dem niedrigsten Standard eines genormten Restaurants: Die Tische waren klein und unter ihren Füßen lagen Pappdeckel, um sie am Wackeln zu hindern. Das Deckenholz war von Generationen Rauchern dunkel gefärbt und hatte ein unbenennbares Odeur angenommen, das noch Tage in der Kleidung blieb, wenn man sie nicht intensiv lüftete.
Blaine DeVere betrat das Diner. Die Nacht war schon fortgeschritten und er fühlte sich niedergeschlagen. Den Flug auf seinem Flitzer hierher hatte er kaum registriert. Seit dem Gespräch mit Alina nahm er seine Umgebung nur unbewusst wahr, doch ein vorsichtiger Teil seiner selbst – gewachsen in den Jahren als Betrüger – beobachtete aus einer kleinen Ecke in Blaines Bewusstsein alles um ihn herum. So auch die Gäste in Lenkas Diner.
Zwei Huren machten Pause; die eine war eine blonde Merdianerin, die Grünhaarige stammte von Axia. Die beiden waren einen langen zweiten Blick wert. Die Blonde trug ein Netzoberteil, das mehr zeigte als verbarg, und sie hatte etwas zu zeigen. Das Hemd der Axianerin bestand nur aus zusammengestickten Stoffstreifen. Beide beugten sich tief über ihre Schüsseln mit dampfender Suppe, die sie ab und zu an die Lippen führten und tranken. Sie erwiderten Blaines Blicke, schätzten ihn schnell ab und lächelten einnehmend.
Am Tisch daneben unterhielten sich vier Aristos, eine Nostokerin, eine Sadohnerin und zwei Menschenmänner. Sie alle trugen die typischen weiten Röcke und Wickelhemden. Über die Schultern ragten die Kolben der Magger-Gewehre, die sie in Holstern auf dem Rücken trugen.
Im hinteren Bereich saß eine Gruppe Halbstarker mit Jacken aus Kunstleder und Denimhosen, auf denen sie mit Stiften Sprüche und Symbole geschrieben hatten, die wohl cool oder schockierend sein sollten.
Keiner der übrigen Gäste störte sich daran, nicht einmal die Touristen, die über einem Datenblock gebeugt waren, auf dem sie wohl einen Stadtplan studierten – für eine Stadt, die seit Generationen nicht mehr kartographiert worden war und sich jeden Tag wandelte. Niemand machte sich die Mühe, ihnen zu sagen, wie nutzlos ihre Bemühungen waren.
Blaines Blick glitt die Theke entlang und blieb an einer Eianerin hängen, die eine fast fertig gegessene Portion Curryhühnchen vor sich stehen hatte. Sie drehte sich nicht zu ihm um, tat so, als würde sie ihn nicht bemerken und redete mit der Besitzerin des Restaurants. Lenka war eine Veres, ein Bärenwesen mit champagnerfarbenem Pelz, Kugelbauch und runden Ohren. Auf stämmigen Beinen tanzte sie auf einem Fleck, lachte über etwas, das die Eianerin sagte und blickte dann herüber zur Tür. «Hallo, Blaine», grüßte sie ihn. «Wie immer?»
«Wie immer», gab Blaine zurück und setzte sich an die Ecke der Theke, neben seine Schwester. Die Geschwister sagten kein Wort und sahen sich auch nicht an. Scyna war klug genug, um sich jeglichen Ratschlag oder Besserwisserei im Moment zu verkneifen. Blaine sah in den Raum und nahm ihn nicht wahr, er lauschte in sich hinein. Auf die Enttäuschung, wieder von Alina abgewiesen worden zu sein, und die Zweifel an sich selbst. Das Gefühl, allein zu sein und dem einzigen Menschen nicht nahe sein zu können, der es wirklich wert war. Sich der Stimmung ergebend, saß er da und sinnierte über das ihm zugewiesene Schicksal.
Irgendwann tauchte ein Teller vor ihm auf, gleich darauf ein Humpen kühles eianisches Ingwerbier. War das Lokal auch eng und ungepflegt, Teller und Humpen waren sauber. Scyna hatte Lenka einmal gefragt, warum es kein Besteck gab und man alles mit den Händen essen musste. Daraufhin hatte Lenka nur aufgezählt, wieviel unterschiedliches Besteck notwendig war, um
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