Tricontium (German Edition)
einen geschätzten Gast Eures Fürsten zu verlieren, aus politischen Rücksichten, die Ihr nicht ganz einsehen wollt. Ihr verliert überzeugend – so überzeugend, dass Ihr die Leute ›Er wird wohl langsam alt!‹ flüstern hört, als Ihr Euch vom Kampfplatz schleicht. So kommt Ihr in schwärzester Laune in die Waffenkammer hinunter, schält Euch aus Eurer Rüstung und müsst bemerken, dass sich auch noch ein Kind dorthin verirrt hat, das nicht unter die Krieger und genau genommen noch nicht einmal in den Hauptturm gehört. Irgendjemand muss es wohl zurück zu seiner Mutter bringen und außer Euch ist niemand da. Ihr wollt Euch gerade in Euer Schicksal ergeben, da Euer Tag ohnehin nicht schlimmer werden kann – da fragt Euch dieses Kind: ›Warum habt Ihr ihn gewinnen lassen?‹ Und Ihr erkennt, dass die besten Augen und der klügste Kopf auf der ganzen verdammten Burg verkommen werden, weil niemand auch nur daran denken würde, in dem vaterlosen Kind einer Weberin einen künftigen Schwertmeister zu sehen.« Sein Blick war zu Rambert hinübergegangen, den Asri geschickt ins Gespräch gezogen und mit etwas Honig für seinen Tee zusätzlich abgelenkt hatte. »Einen besseren Schüler habe ich nie gehabt. Keinen, der so liebenswert gewesen wäre und zugleich klug genug, auch zu begreifen, was man erklärt, ohne dass man es dreimal sagen muss. Nur etwas zu wild entschlossen und zu ungestüm. Wahrscheinlich wart Ihr so, in dem Alter.«
»Schlimmer, unbesehen«, hörte Ardeija sich sagen, noch bevor er sein Erstaunen darüber, dass Theodulf ihn recht klarsichtig eingeschätzt hatte, verwinden konnte. »Also sollen wir ihn dabehalten, ja? An meiner Mutter wird es nicht scheitern. Sie mag ihn, das sieht man.«
»Und sie macht sich so wenig Gedanken wie Ihr.« Vermutlich zählte Theodulf Asri und Ardeija nicht zu den Leuten, die schnell verstanden, was man ihnen erklärte oder was sie ohne Erklärung hätten wissen sollen. »Abgesehen davon, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht weiß, wie ich ein Kind durchbringen soll, habe ich auch keine rechtliche Handhabe, Rambert hierzubehalten.«
»Solange ihn keiner findet, wird auch keiner fragen.« Ardeija war nicht mehr wach genug, sich mit diesen ärgerlichen Bedenken ernsthaft auseinanderzusetzen. »Und in drei, vier Jahren kann er ohnehin Waffen tragen und ist alt genug, selbst zu entscheiden, wo er wohnen will oder nicht.«
»Wenn Ihr glaubt, dass Asgrim ›drei, vier Jahre‹ abwarten und nichts in der Sache unternehmen wird, seid Ihr noch dümmer, als ich dachte.«
»Was wollt Ihr tun? Ihm den Jungen mit schönem Gruß zurückschicken?«
»Natürlich nicht. Aber ich werde auch nicht abwarten, bis er an unsere Tür klopft, um sich zu beschweren. Bei Halli wäre Rambert vorerst besser aufgehoben.«
»Ihr seid aber hier und Rambert wollte zu Euch«, sagte Ardeija und wandte sich ab.
Am folgenden Morgen war er dann durchaus bereit, sich einzugestehen, dass alles nicht so einfach war, wie er am gestrigen Abend behauptet hatte. Allerdings fühlte er sich noch nicht imstande, eingehend darüber nachzudenken, zumal seine Mutter eine eindeutige Meinung vertrat, was Rambert betraf.
»Solange Theodulf bleibt, bleibt auch der Junge hier«, erklärte sie mit gesenkter Stimme, während sie den Teekessel mit Wasser füllte. »Er ist Gold wert.«
»Er hilft sehr bereitwillig, ja«, stimmte Ardeija zu und sah zu Rambert hinüber, der in der Ecke beim Bett geduldig damit befasst war, Theodulf einen Zopf zu flechten, wenngleich Gjuki ihm mehr als einmal in die Quere kam. Zwar hatte der Drache bisher kaum jemals mehr als ein beiläufiges Interesse an Theodulf gezeigt, doch offenes Haar, das, eben erst getrocknet, im Augenblick nicht sehr nach Theodulf, sondern mehr nach Asris Rosenseife duftete, war ein zu schönes Spielzeug, als dass er es hätte übersehen können.
Asri schüttelte den Kopf und beugte sich vor, um den Kessel übers Feuer zu hängen. »Das meine ich nicht. Er sichert vor allem den Frieden im Haus. Solange er hier sein darf, wird Theodulf schon aus Dankbarkeit den Mund halten und brav und fügsam sein. – Aber dein Drache ist im Weg. Du könntest ihnen helfen.«
»Du auch.«
Asri erwiderte nichts darauf, doch sie schien es mit einem Mal eilig zu haben, auf den Hof zu kommen, um den Holzkorb aufzufüllen. Ardeija folgte ihr hinaus in den klaren Morgen, zu dem offenen Schuppen, in dem die Scheite lagerten. Der nächtliche Sturm hatte die Regenwolken
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