Tricontium (German Edition)
Vorfahren«, sagte er anklagend, indem er auf das Silberkreuz deutete, das wieder sichtbar geworden war, als Ardeija nach einem mittlerweile fauchenden Gjuki gegriffen hatte, um ihn zu beruhigen. »Wenn er nicht mithelfen will, wird es schwierig.« Seinem Tonfall nach zu urteilen hatte sich die Bezahlung, die er fordern würde, soeben verdoppelt.
»Es wird im Gegenteil höchst einfach«, verkündete Wulfila beherzt, indem er, Wulfin fest an der Hand, näher an Ardeija heranrückte, als sei er bereit, sich Malegis nötigenfalls in den Weg zu stellen. »Ardeija wünscht Eure Hilfe nicht und er ist bei klarem Bewusstsein; folglich werdet Ihr ihn in Frieden lassen.«
»Er weiß ja nicht, was er redet«, hielt Theodulf dagegen. »Und du wirst dich ohnehin heraushalten. – Wie steht es, Herr Malegis? Könnt Ihr unter diesen Bedingungen etwas ausrichten?«
»Wenn Ihr es auch nur versucht, seid Ihr nicht mehr als ein Folterknecht Theodulfs!«, beharrte Wulfila. Wie zur Bekräftigung zischte Gjuki und schlug abermals mit dem Schwanz. Ardeija wünschte, beide wären vernünftig genug gewesen, sich ruhig zu verhalten. Wenn er sich selbst nicht einmal vor dem unerwünschten Besuch des Zauberers schützen konnte, würde er weder seinen Freund noch den kleinen Drachen vor den möglichen Folgen dieses Streits bewahren können. Er kam noch nicht einmal dazu, etwas zu sagen, denn Malegis hatte sich dem unerwarteten Gegner bereits zugewandt.
»Ihr gebraucht harte Worte für etwas, von dem Ihr wenig versteht«, sagte er, und die Talismane in seinem Haar schlugen gegeneinander, als er leicht den Kopf schüttelte. »Ich will Eurem Freund dort keinen Schaden zufügen.«
Theodulf war näher gekommen und hatte es nur knapp vermieden, dabei über die Kette zu stolpern. »Beachtet den dort nicht weiter. Der ist nichts als ein kleiner Dieb, der sich nicht einzumischen hat. Ich werde ihn entfernen lassen, wenn Ihr es wünscht.«
Die funkelnden Augen des Magus waren unverwandt auf Wulfila gerichtet geblieben. »Ein Dieb? Nein; dieser hier gewiss nicht«, sagte er nach einer Weile, als habe er eine stumme Prüfung vorgenommen und sei endlich zu einem Schluss gelangt.
»Gewiss nicht?«, wiederholte Theodulf verwirrt. »Was soll das heißen? Der Mann hat erwiesenermaßen gestohlen, etwas von geringem Wert zwar, doch er hat gestohlen, und gebrandmarkt ist er überdies.«
Malegis sah ihn beinahe mitleidig an. »Er mag gestohlen haben, ja, doch ist er nicht recht eigentlich ein Dieb. Einer der stiehlt, kann ein Dieb sein – oder schlicht jemand der stiehlt.«
Die Erklärung schien Theodulf nicht viel weiterzuhelfen. »Ihr trefft allzu feine Unterscheidungen«, erwiderte er verstimmt. »Geht besser ans Werk, bevor Ihr Euch noch weiter in Spitzfindigkeiten verliert.«
»Ihr solltet Spitzfindigkeiten nicht gering schätzen, Herr Theodulf«, entgegnete der Zauberer gelassen. »Doch vielleicht ist das ein Vorrecht Eures Standes.«
Ardeija wäre gern zurückgewichen, als Malegis nun näher herantrat und sich vor ihm auf den Boden kauerte; der Geruch seltsamer Kräuter, der von ihm ausging, war angenehmer, aber nur wenig beruhigender, als Höllengestank es gewesen wäre. Gjuki hatte sich auf die Hinterbeine aufgerichtet und bleckte die Zähne. Im Grunde wäre es dem aufdringlichen Magus zu gönnen gewesen, das Schicksal des Medicus zu teilen oder es gar noch schlimmer zu treffen, doch Ardeija war besorgt um seinen Drachen.
»Ihr müsst vorsichtig sein«, sagte er deshalb widerwillig an den Zauberer gewandt, »er kann beißen, und es ist schon vorgekommen, dass er Feuer gespien hat. Nicht viel, aber genug, um einen langen Bart zu versengen.«
Malegis wirkte unbeeindruckt. »Dann beruhigt Euch«, entgegnete er mit einem leichten Schulterzucken. »Er fürchtet nicht mich, sondern spürt Eure Furcht. Doch ich will Euch nichts Böses, auch wenn Ihr seinerzeit Eurerseits nicht pfleglich mit mir umgegangen seid. Seht – Euer Arm ist mit Verbänden und Salben allein nicht zu retten, das ist schon ohne nähere Untersuchung leicht zu erkennen. Und wenn erst alles verdorben ist, kann auch ich nichts mehr tun. Einen Zauber zu wirken ist eines – aber Wunder kann ich nicht tun.«
»Was ist ein Zauber, wenn nicht ein Wunder?«, fragte Theodulf bissig, als müsse er seinem Ärger darüber, von Malegis vorhin eine derart geringschätzige Antwort erhalten zu haben, nun Luft machen.
Der Zauberer ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Menschenwerk«, sagte
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