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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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seine Hand mit warmen, sanften Fingern, was ihm eigenartig erschien, da doch Gespenster dem Vernehmen nach nicht warm und lebendig sein sollten.
    »Du bist tot«, erinnerte er sie und sah befriedigt zu, wie viele kleine Lachfältchen um ihre Augen erschienen.
    »Ja«, gab sie zu und streichelte ihm mit der freien Hand über die Stirn. »Du aber nicht.«
    Wulf wusste nicht, ob das in Mons Arbuini gut oder schlecht war; vielleicht wäre es ganz schön gewesen, diesen schmerzenden Körper zu verlassen und mit Signe mitzugehen. »Kommst du, um mich zu holen?«
    »Nein«, sagte Signe. »Noch lange nicht. Nimm dich gefälligst zusammen und sei tapfer. Du bist gar nicht krank genug, um zu sterben, das kannst du mir glauben. Ich habe schließlich Erfahrung damit.«
    »Ich finde, ich bin schon sehr lange tapfer genug gewesen.«
    »Du bist viel zu selten geduldig.«
    Damit hatte sie Recht.
    »Das ist nicht wahr«, sagte Wulf dennoch gekränkt. »Ich habe sehr geduldig darüber nachgedacht, wie man von hier fliehen könnte, während drei andere Leute, die weit weniger geduldig waren, es einfach versucht haben, ohne nachzudenken, und nicht weit gekommen sind. Weißt du einen sicheren Weg?«
    »Abwarten«, entgegnete Signe. »In deinem Zustand würdest du ohnehin nicht weit kommen, höchstens bis zum Zollturm an der Straße, und die Leute dort würden dich doch nur hierher zurückschicken.«
    »Aber es gibt einen Weg?«
    »Keinen, der jetzt gangbar wäre; es hat stark geschneit. Und überhaupt solltest du schlafen und dich erholen.«
    Auch damit hatte sie Recht, aber Wulf ahnte, dass dieser Besuch sich nicht wiederholen würde, und er wollte ihre Gesellschaft auskosten, so lange er nur konnte.
    »Bleib noch«, bat er deshalb, und Signe blieb und hielt ihn, bis er vergaß, dass er sie hatte drängen wollen, ihm etwas über den angeblich nicht gangbaren Weg zu erzählen, und doch wieder einschlief.
    Als er erwachte, war heller Morgen und er hatte kein Fieber mehr. Das war überraschend; noch erstaunlicher fand er es allerdings, dass Gero an seinem Bett stand und ihn mit einer gewissen Besorgnis betrachtete. Durch ein halbgeöffnetes Fenster drang kalte Luft, doch die gewohnten Geräusche auf dem Hof wirkten eigenartig gedämpft. Es musste geschneit haben, ganz wie Signe gesagt hatte, und die Stille dehnte sich kühl und beruhigend, bis Gero schließlich zögernd sprach. »Du bist wach, ja?«
    »Ja«, sagte Wulf mit trockenen Lippen und erkannte, dass er tatsächlich wach genug war, nicht sogleich wieder die Augen schließen zu wollen.
    Gero schüttelte den Kopf. »Dieser Arzt ist auch nichts wert. Er hat gesagt, ich sollte schon einmal einen Platz drüben im Lagerschuppen freiräumen lassen, um dich gut aufbewahren zu können, bis es genug taut, um ein Grab auszuheben. Nun wird wohl nichts daraus?«
    »An mir liegt es nicht; ich habe mein Bestes getan.«
    »Ja, und es hätte dir Bastard einer lüsternen Nonne wohl noch gefallen, in den Armen eines reuigen Freundes zu sterben, wie?«
    »Du hast nur einen Arm, in dem ich sterben könnte.«
    »Gut, gut!« Gero lachte und klopfte ihm auf die Schulter. »Dir geht es wirklich besser; bald wirst du dich erholt haben.«
    Die Einschätzung sollte sich als zutreffend erweisen. Wulf kam fast schneller wieder auf die Beine, als es ihm lieb war, doch als es ihm wieder so gut ging, dass es wirklich nicht länger zu rechtfertigen war, ihn zu schonen, war Gero in sich gegangen.
    »Für die Arbeit im Steinbruch bist du noch viel zu krank«, erklärte er und ließ Wulf gar nicht zu Wort kommen, als er widersprechen wollte, »und das wird auch so bleiben. Aber es fehlt ein Helfer in der Küche und mein Schreiber braucht vielleicht auch dann und wann Unterstützung. Du wirst dich schon nützlich genug machen.«
    Aus der halben Vergünstigung wurde zuweilen eine ganze, denn Gero beschloss regelmäßig, gerade dann jemanden zu brauchen, der seine Papiere ordnen oder Federn für ihn spitzen konnte, wenn er seinen Schreiber mit irgendeinem Auftrag über Land gesandt hatte.
    »Ich habe unrecht an dir gehandelt und tue es noch«, sagte er beim ersten Mal. »Aber ich kann dich auch nicht einfach laufen lassen.«
    »Das weiß ich«, antwortete Wulf, und sie redeten nicht mehr darüber.
    Auch andere Dinge, die zu besprechen unangenehm gewesen wäre, blieben unerwähnt, und Wulf stellte von sich aus kaum eine Frage. Nur nach den drei Priestern, an die er sich vage zu erinnern meinte, erkundigte er sich nach

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