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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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Recht verstoßen hatten oder in sonst irgendeiner Hinsicht erkennbar verwerflich gewesen waren. So war es lange sein einziges Verbrechen gewesen, dem Gefolge des selbst unbehelligt gebliebenen Bernward angehört zu haben, bis man sich dann darauf besonnen hatte, dass zu dem Wust von unbewiesenen und vielleicht auch unbeweisbaren Anklagepunkten auch noch die Sache mit den Fischteichen gehörte, und dieser eine Vorwurf war stichhaltig gewesen.
    »Wenn Ihr mir jetzt erzählt, dass er Fische gestohlen hat, lache ich«, warf Herrad an dieser Stelle ein, als sie den Waldrand schon beinahe wieder erreicht hatten.
    Obwohl sie so gnädig war, keine deutlichere Anspielung auf Hühner und Kürbisse folgen zu lassen, besaß Wulfila den Anstand, schuldbewusst dreinzusehen. »Das hat er getan, ja – aber ich bin bereit, zu beschwören, dass er keine Wahl hatte und eigentlich nur Schlimmeres verhindert hat.«
    Der Fischdiebstahl, der Wulf zum Verhängnis geworden war, stellte zwar die späteren Untaten seines Sohnes in den Schatten, doch hatte er sich mitten im Krieg zugetragen und war, wenn man Wulfila glauben konnte, eher aus einer Notlage als aus wahrhaft bösem Willen geboren gewesen, denn mit fünfzig hungrigen Kriegern im Rücken war es durchaus eine bedeutende Frage, wie man mit einer sturen Alten umgehen sollte, die auf eine zweifelhafte Neutralität pochte und sich weigerte, Bernwards Leute gegen angemessene Entschädigung auf ihrem Land lagern zu lassen oder auch nur mit Vorräten zu versehen.
    »Sie war eine dürre Vogelscheuche mit einem fliederfarbenen Schleier, so viel Gold um den Hals, dass es ihr nicht schlecht gegangen sein kann, und einem übellaunigen kleinen Hund. Und damit habe ich noch nicht gesagt, wie sehr sie nach einem aufdringlichen Salböl aus dem Osten stank … Gut, sie war eine alte Frau, und sie ging am Stock, aber davon darf man sich nicht täuschen lassen – ich habe selten jemanden derart widerlich keifen hören, und sie glaubte anscheinend, ihr gehöre die Welt, obwohl sie nur ein kleines Landgut hatte, und zwei Krieger gegen das halbe Hundert, das mein Vater aufbieten konnte. Er hätte ihr das Haus stürmen lassen können, wenn er es nur gewollt hätte, und dazu hätte es ausgereicht, wenn er gar nichts getan hätte. Auf einen Befehl haben die nicht mehr gewartet, eigentlich nur noch darauf, dass er zur Seite gehen und den Weg zum Tor, in dem sie mit ihren beiden Helden stand, freigeben würde. Aber das hat er nicht fertiggebracht, denn sie war eben alt und krank, und deshalb hat er seinen Kriegern gesagt, sie sollten die Fischteiche vor der Hofmauer ablassen und nehmen, was sie finden könnten. Ich glaube nicht, dass die Alte begriffen hat, dass er ihr damit ihren übrigen Besitz und vielleicht das Leben gerettet hat. Sie hat nur um die verlorenen Fische geklagt, und vor Gericht hat es sich natürlich nicht gut gemacht. Der böse Krieger, der rücksichtslos einer kranken, alten Frau die Fische stiehlt … Das konnte nicht gut ausgehen.«
    Gut ausgegangen war es auch nicht, doch selbst Wulfs Feinde hatten zugegeben, dass es ein mit Ehren verlorener Kampf gewesen war.
    Allerdings hatte es ihm nicht viel genützt, dass er sich wacker geschlagen hatte. Man hatte befunden, dass die gestohlenen Fische nur durch zwölf Jahre in Mons Arbuini aufgewogen werden konnten, was nichts anderes hieß, als dass man es nicht begrüßt hätte, ihn lebend aus den Steinbrüchen zurückkehren zu sehen. Damit hätte die Geschichte des unbequemen Corvisianus beendet sein können, denn Mons Arbuini war kein Ort, an dem man eine solche Zeitspanne unbeschadet überstand, und das Urteil dieses außerordentlichen Gerichts war nicht anzufechten gewesen.
    Das alles war ein gutes halbes Jahr nach Bocernae geschehen; ein Jahr nach der Schlacht war dann das Niedergerichtsgebäude von Salvinae bis auf die Grundmauern abgebrannt.
    »Es ist aber zweifelsfrei erwiesen, dass ein Händler aus der Stadt das Feuer gelegt hat, in der Hoffnung, dort verwahrte alte Urkunden zu zerstören, um in einem Erbstreit den besseren Stand zu haben, er hat gestanden!«, versicherte Wulfila. »Nicht, dass Ihr glaubt, ich wäre dafür verantwortlich.«
    Herrad schüttelte den Kopf. »Ich halte Euch nicht für einen Brandstifter, und selbst wenn ich glaubte, dass Ihr so etwas fertigbringen würdet, hättet Ihr doch keinen Grund gehabt, das Niedergericht von Salvinae niederzubrennen.«
    »Einen Grund vielleicht nicht, aber ich hatte am Ende wohl

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