Tricontium (German Edition)
unternehmungslustigen Häuptling der Saxones. Das Geld ist in Aquae.«
Diese Aussage und insbesondere die Sicherheit, mit der sie getroffen wurde, waren bemerkenswert genug, doch Herrad behielt ihre Gedanken vorerst für sich.
»Schön«, sagte sie nur und bemühte sich nicht länger, ihre Missbilligung zu verbergen. »Darf ich fragen, warum Ihr überhaupt für mich kochen wollt, wenn Ihr Zugang zu einem Schatz habt und Euch offensichtlich nur dann, wenn es Euch gut genug geht, scheut, darauf zurückzugreifen?«
Sie war zu hart gewesen; die Hoffnung und der Anflug von Vertrauen in den drei Gesichtern verschwanden mit einem Schlag, und wenn sie auch keine Richterin mehr war, wurde sie doch wieder angesehen, als sei sie nichts anderes.
»Ihr wollt nicht hören, dass wir den Rückgriff auf den sogenannten Schatz gern vermieden hätten«, entgegnete Wulf, und es war weniger Rechtfertigung als Anklage, so hart und kalt wie ihre eigenen Worte. »Aber vielleicht habt Ihr eine Vorstellung, wie viel leichter es ist, unauffällig Geld auszugeben, wenn man einen guten Mantel hat und einen Platz, an den man gehört.«
Herrad schwieg, doch sie dachte an Tricontium, an Wulfilas zerschlagenen Rücken, an Hühner und Kürbisse und die Versuchung, die das Gold des toten Markgrafen darstellte, das ohnehin für den König beschlagnahmt werden musste, wenn das Versteck je bekannt wurde.
»Nehmt den Schlüssel noch einmal zurück«, sagte sie schließlich, »und nehmt vierundzwanzig Solidi aus der Kriegskasse, nicht weniger und nicht mehr, wenn Ihr nicht schon gestern Abend daran wart. Da Otachars Besitz dem König verfallen ist, werden wir dann hingehen und dem Vogt melden, dass wir rein zufällig auf die Truhe gestoßen sind und sie für die Otachars halten, irgendeine Geschichte wird mir schon noch einfallen, um zu erklären, wie das gekommen ist … Aber die vierundzwanzig könnt Ihr meinetwegen haben. Wenn Ihr schon Padiacum überlistet, dann auch ganz.« Rein gewohnheitsgemäß hätte sie beinahe hinzugefügt: »Das ist mein Urteil im Namen des Königs.«
Wulf betrachtete sie misstrauisch. »Wenn Ihr prüfen wollt, was Ihr von uns zu halten habt …«
Herrad war fast enttäuscht, für ihren Vorschlag nicht mit Freude und Erleichterung belohnt worden zu sein; sogar Wulfins Pferdchen schien sie zweifelnd anzusehen. »Meint Ihr nicht, dass ich das geschickter anstellen würde? Ich habe das, was ich gesagt habe, ernst gemeint. Seht, mir hat der Widerspruch zwischen diesem Schatz, der gewissermaßen zu Eurer freien Verfügung steht, und Eurer Bereitwilligkeit, Euch mit meiner Küche und mir herumzuärgern, nicht gefallen. Doch man würde Euch wohl in der Tat seltsam ansehen, wenn Ihr auch nur mit einer großen Münze beim Geldwechsler erscheinen würdet. Und was das Übrige betrifft … Ich will ehrlich sein. Ich neige weder von Natur aus noch meinen Erfahrungen nach dazu, sehr an das Gute im Menschen zu glauben, und so habe ich wohl zu schlecht von Euch gedacht.«
»Aber wir haben Euch doch nichts getan!« Wulfins ehrliches Entsetzen über ihre böse Annahme wäre schlimm genug gewesen, doch die Tatsache, dass er unbestreitbar Recht hatte, traf Herrad weit mehr.
Wulfin hatte ihr wahrhaftig nicht das Geringste getan, sondern die beschwerliche Reise ohne die Klagen, die angesichts seines Alters verzeihlich gewesen wären, ertragen; sein Großvater hatte ihr einen widerspenstigen Zauberer zum Reden gebracht und ihr Otachars Schlüssel gegeben, während Wulfila sich für sie auf die Suche nach Wigbold gemacht und sie, als sie mit Ebbo hatte sprechen wollen, begleitet hatte, gar nicht zu reden davon, dass er überhaupt bereit gewesen war, ihr Ardeijas Nachricht zu bringen. Einen anderen Vorwurf als den, dass sie die waren, die sie nun einmal waren, konnte sie ihnen nicht machen.
»Nein, und ich war dumm«, sagte sie deshalb, obgleich ein Klopfen an der Küchentür sie einer Antwort hätte entheben können. »Aber man zieht oft ungerechte Schlüsse. Wenn einen ein Hund gebissen hat, geht man davon aus, dass alle anderen Hunde genau das Gleiche vorhaben könnten. – Ja?«
Die Magd, die sie mit der Nachricht von Ardeijas Gefangennahme zu dessen Mutter gesandt hatte, trat, das Umschlagtuch noch um die Schultern, ins Zimmer und streckte ihr ein unversiegeltes, sauber gefaltetes Briefchen hin. »Frau Asri war sehr kurz angebunden, und wenn es ihr etwas ausmacht, dass ihr Sohn gefangen ist, dann hat man es ihr nicht angemerkt. Sie
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