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Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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sanften, empfindsamen Augen an. Gänsehaut ließ ihren ganzen Körper erschaudern. »Nein, das ist undenkbar. Sie müssen …«, ihre Stimme versagte, »Sie müssen endlich etwas tun!«
    »Lassen Sie uns jetzt erst einmal eine Vermisstenanzeige aufnehmen.«
    Anna lieferte dem Beamten eine exakte Beschreibung der Kleidung, die Manuel am Morgen getragen hatte: das Shirt mit dem Bart-Simpson-Aufdruck, seine Daunenjacke, der hellblaue Rucksack – sie vergaß auch den Button nicht, den er so heiß und innig liebte. Außerdem gab sie Funkels ein Foto, das sie in weiser Voraussicht mitgenommen hatte. »Was werden Sie jetzt unternehmen?«
    »Die Personenbeschreibung wird an alle Kollegen weitergegeben, die in der Stadt auf Streife sind. Sie werden dann nach Ihrem Sohn Ausschau halten.«
    Es mochte gut und gerne ein Vierteljahrhundert her sein, dass Anna zum letzten Mal auf einem Polizeirevier gewesen war. Während ihres Studiums war sie mit einigen Freundinnen beim Kiffen erwischt worden. Schon damals hatte die Wache keinen vertrauenswürdigen Eindruck erweckt, und bis heute schien sich nicht viel daran geändert zu haben: Die Möbel waren noch immer altersschwach, die Atmosphäre muffig und die Beamten träge. »Das ist alles?«
    »Mehr kann ich im Augenblick nicht für Sie tun. Allerdings sollten Sie selber versuchen herauszufinden, wohin Manuel verschwunden sein könnte. Schauen Sie zum Beispiel im Kinderzimmer nach. Hat er irgendwo einen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort hinterlassen? Oder eine Nachricht? Wenn Manuel einen Computer besitzt, vielleicht finden Sie dort einen Hinweis. Zum Beispiel eine E-Mail von einem Freund, von dem er Ihnen nichts erzählt hat.« Der Polizeiobermeister heftete Manuels Foto an ein Clipboard. »Rufen Sie außerdem alle Bekannten und Verwandten an und fragen, ob Manuel sich inzwischen bei ihnen hat blicken lassen. Und bitte, seien Sie dabei eindringlich. Lassen Sie sich nicht mit einer schnellen Antwort abspeisen. Möglicherweise hat er darum gebeten, dass man Ihnen seinen Aufenthaltsort nicht verrät.« Er blickte abwechselnd Anna und Alan an. »Wenn Sie bis morgen früh nichts von ihm gehört haben, dann melden Sie sich wieder.«
    »Erst morgen früh?« Ihre Stimme klang schrill und hysterisch. »Aber draußen ist es kalt. Es ist Winter. Wir sollten …«
    Funkels schenkte ihr ein seltenes Lächeln. »Zuallererst sollten Sie sich beruhigen. In neunundneunzig Prozent aller Fälle tauchen verschwundene Kinder bald wieder auf, und es gibt für alles eine vernünftige Erklärung.«
    »Und wenn Manuel zu dem restlichen einen Prozent gehört?«
    »Davon lassen Sie uns im Moment mal nicht ausgehen.«
    Die Vorstellung, Manuel könnte sich auf und davon gemacht haben, war für Anna beängstigend – und abwegig. Ihr Sohn haute nicht einfach so ab. Er war viel zu jung. Er würde sich nicht allein in die U-Bahn setzen und auch nicht ohne Begleitung durch die Stadt stromern. Aber konnte sie das wirklich mit aller Bestimmtheit sagen? Was wusste sie denn wirklich von dem Innenleben ihres Sohnes?
    Am Ende war der Gedanke, dass er nur das Weite gesucht hatte, weil er seiner Mutter einen Schrecken einjagen und auf seine Einsamkeit aufmerksam machen wollte, noch der erträglichste.
Zu Hause bin ich auch alleine.
Denn wenn er nicht ausgerissen war …
Nein
,
daran darfst du nicht mal denken.
Verbissen versuchte sie, sich an der Aussage von Polizeiobermeister Funkels festzuhalten:
Es gibt für alles eine vernünftige Erklärung.
Bestimmt hatte Manuel einfach nur die Zeit vertrödelt.
Ja
,
das passt zu ihm.
Oder er hatte sich verlaufen. Auch so etwas passierte schnell bei Kindern. Vielleicht hatte er auch einen Unfall gehabt und lag irgendwo im Krankenhaus? Gerade bei diesem Wetter, dem Schnee, dem Glatteis.
    Alan hielt vor ihrem Haus in der Kopenhagener Straße. »Wir müssen bei den Krankenhäusern vorbeischauen. Vielleicht ist ihm ja etwas passiert? Lass uns fahren«, sagte Anna.
    »Nein«, widersprach Alan. »Was, wenn Manuel in der Zwischenzeit nach Hause kommt und niemand da ist?«
    Annas Mann, ihr Exmann,
saß mit unerschütterlicher Ruhe neben ihr im Auto. Er war etwas kleiner als Thorsten, ihr verstorbener Gatte. Mit schneeweißen, ebenmäßigen Zähnen, vollem schwarzem Haar, sorgfältig getrimmtem Bart und seiner drahtigen Statur war er eine attraktive Erscheinung, um die Anna viele alleinstehende Frauen beneidet hatten. Aber Aussehen alleine war eben nicht alles, was sich auch bei ihm

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