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Trigger - Dorn, W: Trigger

Titel: Trigger - Dorn, W: Trigger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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Sie sind zu schwach, um es zu zerbrechen. Das Gesicht eines Jungen
presst sich gegen das Glas. Sie hört ihn weinen, sieht, dass auch der Mann mit der Fackel weint. Seine Tränen hinterlassen weiße Rinnsale auf der rußigen Haut.
    »Die Wahrheit ist nicht immer, was sie zu sein scheint«, sagt der Mann mit der Fackel, und dann lodern Flammen hinter dem Fenster empor.
    Das Kind kreischt und mit ihm noch ein weiteres. Im Flackerlicht des Feuers sieht sie den langgezogenen Schatten einer erhängten Frau an der Wand des Zimmers tanzen. Für einen kurzen Augenblick erscheint der Kopf eines Mädchens am Fenster. Seine Haare brennen wie der Docht einer menschlichen Kerze. Das Kind brüllt vor Schmerz, schlägt sich mit den Händen auf den lodernden Kopf und verschwindet wieder.
    Sie will den Kindern zu Hilfe eilen, will etwas tun , doch jemand hält sie zurück. Es ist das Mädchen mit dem bunten Sommerkleid, das plötzlich vor ihr steht und sie bei den Armen hält.
    »Was bereits geschehen ist, lässt sich nicht mehr ändern«, sagt das Mädchen und sieht sie traurig an. »Ganz gleich, wie sehr man es auch will.«
    Nun tritt der Mann mit der Fackel neben sie.
    »Das passiert, wenn man den Verstand verliert«, schluchzt er. »Man will es nicht, und es geschieht trotzdem.«
    Sie starrt auf seinen Arm, der die Fackel hält, sieht die blutigen Kratzer in seinem Fleisch. Seine Frau hat sich gegen den Tod gewehrt. Gegen ihren und den ihrer Kinder.
    Der Griff des kleinen Mädchens ist übermenschlich kräftig. Er hält sie wie eiserne Spangen.
    Unfähig, sich zu bewegen, muss sie zusehen, wie der Mann die Fackel an ihren Körper hält. Die Flammen züngeln nach ihr, bis sie zu brennen beginnt.

    Sie steht in einer lodernden Feuerwolke, wartet auf den Schmerz, kann sich nicht bewegen, mit zugewachsenem Mund nicht schreien. Sie …
     
    »Ellen!«
     
    »Wehr dich nicht!«, schreit der Mann sie durch die Flammen an. »Oder der schwarze Hund kommt dich holen!«
    Er hebt die Fackel und …
     
    »Ellen!«
    Sie schnellte hoch, sah das Wasser, geriet kurz in Panik – und erkannte dann, dass sie sich in Marks Badewanne befand.
    Ganz ruhig, du hast nur geträumt.
    Sie klammerte sich an den Wannenrand und atmete mehrmals tief durch. Dann betastete sie ihr Gesicht, als sei ihr Mund noch immer zugewachsen. Um sich das Gegenteil zu beweisen, biss sie sich auf einen Finger, schmeckte Seifenwasser und kicherte nervös. Was für ein irrer Traum.
    Wieder klopfte es gegen die Badtür. Ellen schrak so heftig zusammen, dass Wasser über den Wannenrand schwappte.
    »Ellen? Alles in Ordnung bei dir?«
    Es war Mark.
    Sie legte den Kopf zurück, atmete nochmals tief durch. »Ja, ich bin okay. Ich war nur eingenickt.«
    »Beeil dich, deine Pizza wird kalt. Außerdem haben wir etwas sehr Interessantes gefunden.«

Kapitel 34
    Erst beim Essen merkte Ellen, wie groß ihr Hunger doch war. Himmel, sie hätte ein ganzes Pferd futtern können. Nun gut, vielleicht kein Pferd, aber zumindest die gesamten Köstlichkeiten auf der Karte von A Dong – Running Sushi in beliebiger Reihenfolge. Danach hätte Frau Li sicherlich nie wieder das All you can eat -Schild ausgehängt.
    Mark sah ihr amüsiert zu, wie sie in Rekordzeit ihre Pizza Speziale verdrückte, und gab ihr noch ein Stück von seiner eigenen ab. Obwohl sie sich sonst nicht für Salami begeistern konnte, lehnte sie nicht ab.
    Danach war sie pappsatt, und da sie zwischenzeitlich den viel zu großen Jogginganzug ihres Gastgebers gegen ihre eigenen Sachen hatte eintauschen können, fühlte sie sich deutlich wohler.
    Während sie sich über den Nachtisch hermachten – Donuts mit Schokoglasur und frischer Kaffee -, zeigte ihnen Volker, was er bei seiner Recherche gefunden hatte.
    »Das hört sich an wie eine Geschichte aus Akte X. Passiert ist das alles im August 1989 in einem Waldstück bei Alpirsbach im Schwarzwald. Hier, sieh dir das mal an.«
    Er reichte Ellen den Ausdruck eines Zeitungsartikels. Das Foto neben dem Artikel zeigte ein lachendes Mädchen. Ihr Lachen versprühte trotz der Grobkörnigkeit des Zeitungsfotos etwas derart Lebendiges, dass Ellen zurückschreckte.
    Für einen kurzen Augenblick hatte sie den grotesken Eindruck, diesem lachenden Mädchen leibhaftig gegenüberzustehen.

    Ellen ließ das Foto fallen, als habe sie sich daran die Finger verbrannt. Ein abrupter Schmerz schoss ihr durch den Kopf – wie eine lange, weißglühende Nadel, die ihr durch die Schädeldecke ins Gehirn

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