Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
Familie vernachlässigen, sie vertrug die Wahrheit, auch wenn ihr Vater schuldig war, sie konnte im Leben bestehen, sie hatte alles unter Kontrolle und würde den Fall auf eigene Faust lösen.
*
Als Anna Lange gegangen war, starrte Tony Braun noch einige Zeit aus dem Fenster hinunter auf den Parkplatz. Er hatte kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache. Anna war ziemlich dickköpfig und die Inhaftierung ihres Vaters ging ihr ziemlich nahe. Um sich zu beruhigen, dachte er an Stefan Szabos Einschätzung von Annas Qualitäten: eine Frau, die alles gerne unter Kontrolle hat, die kühl und rational Entscheidungen trifft. Tut mir leid, Anna, dachte er. Ich kann im Augenblick nichts für dich und deinen Vater unternehmen. So gerne ich das auch möchte, das kannst du mir glauben. Trotzdem bist du ungerecht, sinnierte er weiter und stellte sich vor, Anna an einem ruhigen Ort seine Beweggründe klarzumachen und sich zu rechtfertigen. In etwa so: Du schimpfst mich einen Versager, einen Feigling, ohne die Hintergründe zu kennen. Dieses Abenteuer mit Tatjana Drakovic war ein Fehler, natürlich. Das sehe ich auch so. Aber sie hat mich an meiner verwundbaren Stelle erwischt – das Familienthema, du weißt schon. Stopp, dachte er. Anna weiß nichts von meinem Familienthema, sie weiß im Grunde überhaupt nichts von mir. Sie hält mich für einen eiskalten Bullen. Dieses Bild hat sie in ihrem Hirn gespeichert, sie ruft es jedes Mal ab, wenn sie mit mir spricht. Seit heute holt sie ein zweites Bild hervor – das des Feiglings. Zwei Tony Brauns schwirren durch ihren Kopf: der Bulle und der Feigling! Beide sind gleich Scheiße. Und sie könnte Recht haben. Wenn schon! Ich habe alles so satt. Es ist einfach zum Kotzen!
„Chef, ist irgendwas?“, fragte Gruber.
Braun schreckte aus seinen Gedanken. „Nein, ich denke bloß nach. Ihr müsst jetzt eine Zeitlang ohne mich auskommen. Big Boss Wagner hat mich beurlaubt.“
„Diese Frau hat Sie ja ordentlich hereingelegt, Chef“, entrüstete sich Gruber, der anscheinend schon voll informiert war.
„Woher weißt du darüber Bescheid?“, wunderte sich Braun und verdrehte resignierend die Augen zur Decke. „Verstehe, das bleibt wohl das Kantinengespräch für die nächsten Tage!“ Doch das konnte ihm egal sein, denn er würde die nächsten Tage oder vielleicht Wochen kein Präsidium, keine Polizistenwitze, Kantinengespräche, keine nervtötenden Verhöre mehr mitbekommen. Er brauchte sich nicht mehr mit Intrigen, Vertuschungen, Korruption und Karrieregeilheit herumschlagen, er hatte jede Menge Freizeit!
Als er an das Wort Freizeit dachte, durchzuckte es ihn siedendheiß. Freizeit bedeutete auch, Zeit für sich zu haben oder diese mit der Familie zu verbringen – das war der springende Punkt: Tony Braun hatte nicht die leiseste Ahnung, was er mit seiner Freizeit anfangen sollte.
„Ich bin auch in meinem Scheißurlaub jederzeit erreichbar! Macht bloß in der Zwischenzeit keinen Mist!“, verabschiedete er sich dann von Gruber und war wieder ganz der Alte.
*
Anna Lange lief in der Recreation Zone der Agentur auf und ab, versuchte die Informationen zu verarbeiten, irgendwie auf die Reihe zu bekommen. Langsam begann sich ihr analytischer Verstand wieder durchzusetzen.
Verdammt! Ich habe alles unter Kontrolle!, dachte sie und versuchte, die aufkommende Panik zu unterdrücken.
Aber die ganze Angelegenheit Tony Braun zu überlassen und selbst hier in der Agentur zu warten und die Hände in den Schoß zu legen, während ihr Vater im Gefängnis saß – das konnte so nicht sein. Sie musste handeln und selbst etwas über die Hintergründe des Mordes herausfinden!
Früher hatte sie sich nie eingemischt, immer alles logisch überlegt, selbst als ihre Mutter
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